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Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 11:50
von slashCAM
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Wes Andersons Stil näher betrachtet

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 14:57
von edi_the eagle
Wes Anderson ist Gott

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 15:41
von Axel
edi_the eagle hat geschrieben:Wes Anderson ist Gott
Ich kenne jetzt die Tenenbaums, Tiefseetaucher, Mr.Fox und Budapest Hotel. Irgendwie runde, skurille Sachen. Aber leider ohne zur Identifikation einladende Figuren. Alles ist von Anfang an zu bizarr, zu absurd, als dass es mich einbinden könnte. Anderson sollte nur Kurzfilme machen. Übrigens auch gute Beispiele für alberne Extrem-Weitwinkel.

Es gibt verwirrenderweise neben dem There Will Be Blood-Anderson, dem Resident-Evil-Anderson und dem Tenenbaum-Anderson noch einen weiteren markanten Regisseur (fast) des gleichen Namens: Roy Andersson.

Von ihm stammt der Wes-Anderson-Film "Das jüngste Gewitter".



Ähnlich überdrehter Kram ohne dramaturgisches Fundament. Inspirierend ist aber das wunderschöne, kurze Video über die Sets:


Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 16:13
von wontuwontu
Axel hat geschrieben: Ich kenne jetzt die Tenenbaums, Tiefseetaucher, Mr.Fox und Budapest Hotel.
Dann solltest du schleunigst Moonrise Kingdom sehen...

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 17:36
von handiro
Danke für den youtube link zu den Sets Axel! molto divertente :-)

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 18:33
von Jensli
Axel hat geschrieben:
edi_the eagle hat geschrieben:Wes Anderson ist Gott
Irgendwie runde, skurille Sachen. Aber leider ohne zur Identifikation einladende Figuren. Alles ist von Anfang an zu bizarr, zu absurd, als dass es mich einbinden könnte.
Genauso geht es mir auch. Emotional sind diese Filme nicht einladend, aber das Auge schwelgt trotzdem.

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 18:45
von jogol
Das jüngste Gewitter gefällt mir. Bin immer noch am lachen.
Danke für den Tip!

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: So 13 Apr, 2014 18:49
von TillApia
Axel hat geschrieben: Ich kenne jetzt die Tenenbaums, Tiefseetaucher, Mr.Fox und Budapest Hotel. Irgendwie runde, skurille Sachen. Aber leider ohne zur Identifikation einladende Figuren. Alles ist von Anfang an zu bizarr, zu absurd, als dass es mich einbinden könnte. Anderson sollte nur Kurzfilme machen.
Dann war er wieder erfolgreich, der Anderssonsche Verfremdungseffekt ;-)

Für mich braucht Andersson keine Identifikationsfigur: sein Werk ist vielleicht der (visuellen) Posie näher als der Prosaerzählung.

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: Mo 14 Apr, 2014 09:37
von schesch
ich finde eher die setdesigns, die story, das script und die darsteller für seinen erfolg relevant - alles bewegt sich letztlich auch in bekannten humorgeladenen gefielden. bei der kameraarbeit und beim licht sehe ich nichts was nicht allgemein bekannt bzw. auch ständig praktiziert würde... aber klar die leute sind gut und wissen wie man kommerziell erfolgreich ist mit einer ästhetik jenseits von us-serien.

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: Mo 14 Apr, 2014 10:03
von TillApia
Und die Dialoge nicht vergessen!

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: Mo 14 Apr, 2014 20:55
von edi_the eagle
Axel & Co: öffnet euer visuelles Herz! Das ist alles nur ein wunderbares Spiel. Diese imaginären Welten sind für viele Menschen viel realer als Eure "Realität". Mir sind die Figuren in diesen Filmen sehr nahe. Ich glaube aber, dass nur Menschen mit einer melancholischen Gelassenheit und viel Phantasie diese Filme geniessen können.

Re: Wes Andersons Stil näher betrachtet

Verfasst: Di 15 Apr, 2014 10:10
von Axel
Axel hat geschrieben: Ich kenne jetzt die Tenenbaums, Tiefseetaucher, Mr.Fox und Budapest Hotel
wontuwontu hat geschrieben:Dann solltest du schleunigst Moonrise Kingdom sehen...
Ich mochte den Trailer nicht, darum habe ich drauf verzichtet.
Axel hat geschrieben:Ich kenne jetzt die Tenenbaums, Tiefseetaucher, Mr.Fox und Budapest Hotel. Irgendwie runde, skurille Sachen. Aber leider ohne zur Identifikation einladende Figuren. Alles ist von Anfang an zu bizarr, zu absurd, als dass es mich einbinden könnte. Anderson sollte nur Kurzfilme machen.
TillApia hat geschrieben:Dann war er wieder erfolgreich, der Anderssonsche Verfremdungseffekt ;-)

Für mich braucht Andersson keine Identifikationsfigur: sein Werk ist vielleicht der (visuellen) Posie näher als der Prosaerzählung.
Der Begriff Verfremdungseffekt beschwört bestimmt Brechts Theater-Theorie:
Wikipedia hat geschrieben:Der Verfremdungseffekt besteht im Kern darin, dem Betrachter vertraute Dinge in einem neuen Licht erscheinen zu lassen und so die Widersprüche der Realität sichtbar zu machen.
Irgendjemand schrieb, Anderson stilisiere sich sein ureigenes Universum, quasi Andersonworld analog zu Disneyworld. Es gibt keinen dialektischen Bezug zur Realität, keinen Aha-Effekt, und wenn es ihn doch gibt, übersehe ich ihn.

Einem Künstler vorzuwerfen, sein Werk sei nicht "überprüfbar", ist natürlich bescheuert. Es gibt auch Lynchworld, Kubrickworld, Coenworld, Hitchcockworld und sogar Bayworld. Deswegen ist es wohl keine Frage, ob Anderson irgendeine Abbildungsgenauigkeit erreicht, sondern, inwieweit der einzelne Betrachter damit etwas anfangen kann.
edi_the eagle hat geschrieben:Axel & Co: öffnet euer visuelles Herz! Das ist alles nur ein wunderbares Spiel. Diese imaginären Welten sind für viele Menschen viel realer als Eure "Realität". Mir sind die Figuren in diesen Filmen sehr nahe. Ich glaube aber, dass nur Menschen mit einer melancholischen Gelassenheit und viel Phantasie diese Filme geniessen können.
"Melancholische Gelassenheit" beschreibt Andersonland? Okay, hingenommen. Ob jemand damit also etwas anfangen kann, hängt damit zusammen, auf welchen Kammerton sein "visuelles Herz" gestimmt ist.

Für jeden Kinoliebhaber ist die Realität ohnehin ein armseliges Konstrukt, und nie wurde das schöner formuliert als durch den Baron Münchhausen in Terry Gilliams Film. Der ("Realpolitiker") Horatio Jackson weist Münchhausen auf die militärische Realität hin. Der antwortet: "Eure Realität, Sir, ist nichts als Quatsch und blöder Kokolores, und ich bin stolz, nichts damit zu tun zu haben!"

Es ist (für mich) unmöglich, aus einem klassischen Fellini zu kommen und nicht die Menschen in "der Realität" freundlicher und liebenswürdiger zu sehen.

Es ist (für mich) unmöglich, aus einem klassischen Lynch zu kommen und nicht hinter "der Realität" Abgründe wahrzunehmen.

Es ist (für mich) unmöglich, aus einem klassischen Gilliam zu kommen und nicht "die Realität" als nur von Paranoikern geglaubte Verschwörung (mit meinem visuellen Herz) zu sehen.

Diese drei Beispiele haben etwas gemeinsam, nämlich, dass alle diese Regisseure eine pointierte Weltsicht haben, die Bilder sind mit Bedeutung bis zum Platzen gefüllt, in unterschiedlichen Gemengen aus poetischer Verzückung, satirischer bis karikaturhafter Verfremdung und ungehemmter Phantasie. Sie besitzen außerdem Bezüge zu anderen "Welten" (so genannte Intertextualität, das Beispiel 12 Monkeys wurde hier schon öfter durchgekaut). Ich stelle die These auf, dass ein Werk, um transzendent wirken zu können, sich der eigenen Wirkungsabsicht im Hinblick auf die Wahl der (Stil-) Mittel bewusst sein muss.

Anderson verwendete große Mühe darauf, unterschiedliche Kostüme, unterschiedliche Farben und sogar unterschiedliche Bildformate für die Epochen (und Orte?!?), in denen Budapest Hotel spielt, zu verwenden. Konsequent ist er dabei nicht, denn sein Kamerastil ist überall der gleiche. Für mich steckt in einer Folge von Jim Knopf aus der Puppenkiste mehr Phantasie als in diesem absurden Film.