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Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 17:37
von pillepalle
cantsin hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 17:34 ...und dann noch zusätzlich mit einer (Leica?-) Rangefinder-Fotokamera am Leib...
Ja, Nolan wollte das der einen Film und auch Fotos von der Veranstaltung macht :)

VG

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 17:42
von MK
Darth Schneider hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 17:28 Sehr praktisch diese IMAX Kameras, da ist oben drauf locker genug Platz für die Kaffee Tasse und ein Aschenbecher..;)))
Fraaaaaaaank :D

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 17:57
von markusG
Frank Glencairn hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 15:19 Und ja - Ausnahmen von der Regel gibt es natürlich immer.
Aber normal ist es schon eher anders rum.
Ist das so? Scott hat Blade Runner jedenfalls von den ursprünglichen Weichspülungen der Studio-Wünsche wegbewegt (heißt ja auch Directors Cut, in dem Fall bei Blade Runner mit Revision, daher Final Cut):
However, the tone of Blade Runner’s Final Cut and Director’s Cut remains pretty similar. In contrast, the Theatrical Cut is a much lighter and more straightforward movie, while the Broadcast Cut is even less ambiguous and lighter again. Ironically, the Broadcast Cut’s attempts to make Blade Runner’s story easier to understand and more family-friendly make it arguably the least popular version of Scott’s movie. The ambiguous, strange story of Dick’s novel does not translate well to a streamlined movie adaptation. This makes the longer, later versions of Blade Runner closer to the tone of the writer’s work than the Theatrical Cut, proving that Scott’s many revisions were worth the effort.
Davon mal abgesehen: wieso sollte ein Regiesseur was dagegen haben, sein Werk noch weiter "auszumelken"? VaD dann in Kombination mit dem Abstreifen alter Limitationen? Und in der Special Edition von Star Wars 4-6 hat George Lucas ja auch einiges nach seinem Sinn "gerade gebogen" (plus natürlich die ILM-Promo, ok).

Sprich: die finanziellen Interessen der Studios kommen idR zu Beginn der Auswertung zu tragen (mit dem Potential die Vision des Regiesseurs/Autors zu zersemmeln). Aber vlt hast du ja Beispiele parat wo es anders herum gelaufen ist ¯\_(ツ)_/¯

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 20:04
von Frank Glencairn
markusG hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 17:57 Aber vlt hast du ja Beispiele parat wo es anders herum gelaufen ist ¯\_(ツ)_/¯
https://screenrant.com/10-movies-ruined ... -meddling/

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 21:05
von markusG
Frank Glencairn hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 20:04
markusG hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 17:57 Aber vlt hast du ja Beispiele parat wo es anders herum gelaufen ist ¯\_(ツ)_/¯
https://screenrant.com/10-movies-ruined ... -meddling/
Ich meinte eigentlich anders herum - wo das Studio nachträglich rumgepfuscht hat, um Filme noch mit geänderten Fassungen nachträglich auszuschlachten / zu melken (oder ich hab dich einfach falsch verstanden), denn:
A number of Hollywood films have suffered from studio meddling behind the scenes during production.
Es heißt wohl nicht umsonst directors cut...

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 21:31
von iasi
markusG hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 21:05
Ich meinte eigentlich anders herum - wo das Studio nachträglich rumgepfuscht hat, um Filme noch mit geänderten Fassungen nachträglich auszuschlachten / zu melken (oder ich hab dich einfach falsch verstanden), denn:
A number of Hollywood films have suffered from studio meddling behind the scenes during production.
Es heißt wohl nicht umsonst directors cut...
Wenn du nur 3 statt 4 Vorstellungen in einem Kinosaal pro Tag zeigen kannst, weil der Film sehr lang ist, verdienst du 1/4 weniger.
Die Kopiekosten zu Filmzeiten waren auch nicht unerheblich.
Und immer wieder hört man heute in Kritiken, der Film sei zu lang geworden und eine Kürzung hätte ihm gut getan.
Auch zu Oppenheimer vernimmt man so etwas.

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Di 25 Jul, 2023 22:28
von markusG
iasi hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 21:31 Wenn du nur 3 statt 4 Vorstellungen in einem Kinosaal pro Tag zeigen kannst, weil der Film sehr lang ist, verdienst du 1/4 weniger.
Was auch dagegen spräche, dass bei nem directors cut das Studio federführend ist... Denn die sind ja in der Regel (teils deutlich) länger...

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 07:05
von iasi
markusG hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 22:28
iasi hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 21:31 Wenn du nur 3 statt 4 Vorstellungen in einem Kinosaal pro Tag zeigen kannst, weil der Film sehr lang ist, verdienst du 1/4 weniger.
Was auch dagegen spräche, dass bei nem directors cut das Studio federführend ist... Denn die sind ja in der Regel (teils deutlich) länger...
Der directors cut ist eine erneute Verwertungsschiene - die dann eine ganze weitere Verwertungskette eröffnet.
Die 4k-Schiene ist ja auch sehr beliebt: Wiederaufführung der restaurierten Fassung.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 07:16
von 7River
Ich bin jedenfalls gespannt auf den Film. Man hat ja schon so einiges gehört…


Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 08:40
von Frank Glencairn
Apropos atomare Explosionen und Film ...


Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 09:02
von MK
7River hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 07:16
Der erinnert mich jedes Mal an Daniel Beuthner, nur für Film statt Zigarren und Alkoholika, und 150 Kilo leichter.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 10:17
von Skeptiker
7River hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 07:16 Ich bin jedenfalls gespannt auf den Film. Man hat ja schon so einiges gehört…
-> obiger Link auf Wolfgang M. Schmitt's Filmanalyse
Danke an 7River für den interessanten Link - ich werde mir den Film auch ansehen.
Und könnte diesen Satz eigentlich auch in Axel's Co-Thread "Oppenheimer - inhaltlich und spirituell" schreiben, denn das ist hier eher meine Perspektive (ergänzt um die physikalische). Aber auch die filmische Umsetzung durch Nolan ist sicher interessant.

Bin gespannt, was mich erwartet.

Das Thema im grösseren Rahmen interesssiert mich (als Nicht-Physiker) schon lange: Die Entdeckung und Entwicklung der 2 grossen, physikalischen Theorien zu Beginn des 20. Jahrhunderts im deutschen Sprachraum, Quantentheorie (Max Planck ab 1900) und Relativitätstheorie (Albert Einstein ab 1905).
Rund 40 Jahre zuvor waren bereits Maxwell's 4 Gleichungen zur Elekrodynamik in England (Schottland?) erschienen, und Einsteins 30 Seiten umfassende, ursprüngliche Arbeit 1905 zur (speziellen) Relativitätstheorie hiess "Zur Elektrodynamik bewegter Körper", und die "Atomenergie"-Gleichung E-mc^2 (mit c = Lichtgeschwindigkeit) folgte dann ebenfalls 1905 in einem 3-seitigen Nachtrag dazu ("Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?").

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 10:51
von markusG
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 07:05
markusG hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 22:28
Was auch dagegen spräche, dass bei nem directors cut das Studio federführend ist... Denn die sind ja in der Regel (teils deutlich) länger...
Der directors cut ist eine erneute Verwertungsschiene - die dann eine ganze weitere Verwertungskette eröffnet.
Die 4k-Schiene ist ja auch sehr beliebt: Wiederaufführung der restaurierten Fassung.
Nochmals - es ging um folgende Aussage:
Frank Glencairn hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 13:23
7River hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 11:34
Solche [Directors Cut*] und andere Filmfassungen haben, meiner Meinung nach, nur was mit Kommerz zu tun.
Ja natürlich haben sie das, was denn sonst - ist ja schließlich ein Business und nicht die Caritas.

Viel mehr haben sie allerdings mit Leuten zu tun, die glauben sowas besser zu wissen als Regisseur und Autor.
Die Filmgeschichte ist voll von Beispielen wo irgendwelche Produzenten besserwisserisch dazwischengefunkt haben, und damit den Film für alle ruiniert.
(*ging um den Directors Cut von Alien 2)

Und Beispiele, wo die Studios in den Directors Cut reingepfuscht haben konnten nicht benannt werden, da der Einfluss bei der Erstauswertung bzw. der Produktion stattfand, und nicht danach. Vielleicht ist es einfach eine andere Lesart von Franks Post ¯\_(ツ)_/¯

Das einzige, wo es nachträglich sicher nicht im Interesse des Regiesseurs zurechtgestutzt wird, um zB auch andere Altersgrenzen abzudecken, sind imho Fassungen für's Fernsehen.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 12:08
von Frank Glencairn
Da haben wir aneinander vorbei geredet.

Mein ursprünglicher Punkt war der hier:
Ich weiß nicht ob jemand den Film "Fragile" kennt.

Eigentlich ein extrem gut gemachter Gruselfilm, der leider im letzten Drittel allein daran scheitert, daß der "Geist der Krankenschwester " gezeigt wird. Danach war Schluß mit gruslig, und der komplette (bis dahin eigentlich wirklich gute) Film fiel hinten runter.

Das war für mich damals so der Moment an dem ich kapiert hab wie und warum das funktioniert (oder nicht funktioniert), und vor allem wie man es nicht macht, um den Film nicht zu ruinieren.

Ich bin ziemlich sicher daß sowas oft auch ursprünglich gar nicht vorgesehen ist, aber die Studio Executives dann intervenieren und darauf bestehen.
Also daß Produzenten/Studios - weil sie denken sie wissen es besser als Regisseur und Autor - irgendwas per Ordre de Mufti in nen Film rein pressen, (wie in diesem Fall den lausig gemachten Geist) und damit einen eigentlich guten Film ruinieren.

Auf nachträgliche längere/kürzere Fassungen/DC etc. Veröffentlichungen um die Nummer nochmal zu melken kann das zutreffen oder halt auch nicht. Gibt wahrscheinlich Beispiele für beides (Star Wars) - war aber eben nicht mein ursprünglicher Pinkt.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 12:37
von macaw
Frank Glencairn hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 12:08
Also daß Produzenten/Studios - weil sie denken sie wissen es besser als Regisseur und Autor - irgendwas per Ordre de Mufti in nen Film rein pressen, (wie in diesem Fall den lausig gemachten Geist) und damit einen eigentlich guten Film ruinieren.
Ich glaube das aus meiner Sicht schlimmstes Beispiel für Pfuschereien an einer prinzipiell guten Idee war das sinnlose "The Thing" Prequel von 2011, wo mit viel Aufwand Animatronics eingesetzt wurde und die Produktion dann später gegen CG austauschen ließen, weil ihnen das nicht dynamisch genug war. Wie gesagt ist der Film ohnehin nur ein "cash grab", weil das Original gar nicht zu toppen war.

Das muss auch für den Regisseur ein ziemliches Desaster gewesen sein, für den war sein Debüt und das in Hollywood auch gleich beinahe der Schlussstrich und hat erst 2020 wieder einen Film gedreht, dann wieder Zuhause in Holland...

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 13:30
von Frank Glencairn
Als jemand, der ein große Fan des Originals ist, kann ich dir da nur zustimmen.

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 14:17
von iasi
markusG hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 10:51
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 07:05

Der directors cut ist eine erneute Verwertungsschiene - die dann eine ganze weitere Verwertungskette eröffnet.
Die 4k-Schiene ist ja auch sehr beliebt: Wiederaufführung der restaurierten Fassung.
Nochmals - es ging um folgende Aussage:
Frank Glencairn hat geschrieben: Di 25 Jul, 2023 13:23

Ja natürlich haben sie das, was denn sonst - ist ja schließlich ein Business und nicht die Caritas.

Viel mehr haben sie allerdings mit Leuten zu tun, die glauben sowas besser zu wissen als Regisseur und Autor.
Die Filmgeschichte ist voll von Beispielen wo irgendwelche Produzenten besserwisserisch dazwischengefunkt haben, und damit den Film für alle ruiniert.
(*ging um den Directors Cut von Alien 2)

Und Beispiele, wo die Studios in den Directors Cut reingepfuscht haben konnten nicht benannt werden, da der Einfluss bei der Erstauswertung bzw. der Produktion stattfand, und nicht danach. Vielleicht ist es einfach eine andere Lesart von Franks Post ¯\_(ツ)_/¯

Das einzige, wo es nachträglich sicher nicht im Interesse des Regiesseurs zurechtgestutzt wird, um zB auch andere Altersgrenzen abzudecken, sind imho Fassungen für's Fernsehen.
Wenn ein Studio nicht von einer rentablen Neuauflage (in welcher Form auch immer) überzeugt ist, wird es nicht Geld investieren.
Regisseure müssen ihre Vorstellungen zunächst mal den Investoren verkaufen. Denn: Ohne Moos, nix los.

Ein Nolan oder Spielberg oder Cameron haben es dabei leichter, da sie einen Erfolgsbonus besitzen.
Anderes als die Steuer- und Gebührengelder-Verteiler geht es Investoren wie dir, wenn dich jemand um dein Geld für sein Projekt bittet.

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 14:21
von markusG
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 14:17 Wenn ein Studio nicht von einer rentablen Neuauflage (in welcher Form auch immer) überzeugt ist, wird es nicht Geld investieren.
Was hat investieren mit Einflussnahme zu tun? Schreibst du auch Elon Musk vor, wie er Tesla zu führen hat, nur weil du Aktien gekauft hast?

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 14:31
von iasi
markusG hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 14:21
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 14:17 Wenn ein Studio nicht von einer rentablen Neuauflage (in welcher Form auch immer) überzeugt ist, wird es nicht Geld investieren.
Was hat investieren mit Einflussnahme zu tun? Schreibst du auch Elon Musk vor, wie er Tesla zu führen hat, nur weil du Aktien gekauft hast?
Die Aktionäre machen auch einem Elon Musk Druck.
Und natürlich gilt: Wer bezahlt, der hat auch etwas zu sagen.

Nolan hat Freiheiten, weil er bisher immer geliefert hat - und zwar Gewinne.

Wobei Tenet wohl an der Grenze war, weshalb Oppenheimer dann auch nur halb so viel kosten durfte.

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 15:37
von markusG
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 14:31 Die Aktionäre machen auch einem Elon Musk Druck.
Und natürlich gilt: Wer bezahlt, der hat auch etwas zu sagen.
Na das Memo scheint er nicht bekommen zu haben ;) (und https://www.derstandard.de/story/300000 ... ngebrochen)

Marktmechanismen sind keine Naturgesetze...

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 15:55
von Axel
Ausgangspunkt der „butchered-by-the-studios“-Diskussion war die Frage, ob das Weglassen der Trinity-Explosion nicht noch mehr Unbehagen, Angst, was auch immer an Reaktionen beim Publikum erzeugt hätte als das irgendwie immer antiklimaktische Zeigen. Das geht aus mehreren Gründen für Oppenheimer nicht auf:

1. Nolan hatte das Zepter bei der Produktion und beim Final Cut. Wegen eines Vertrauensbruchs bei Warner bezüglich der Verwertung von Tenet war er zu Universal gewechselt und hatte dort einen wasserdichten Highlander-Vertrag aufgesetzt. Wenn er gewollt hätte, dass Originalfootage verwendet wurde, wäre das gegangen. Wenn er lediglich eine Reflektion in den Schweißerbrillen hätte zeigen wollen wäre das gegangen. Wenn er die Szene komplett rausgelassen hätte wäre das gegangen. Wenn er die Wachskreidezeichnung eines Erstklässlers eingeschnitten hätte wäre das gegangen. Aber er wollte es so haben, wie es jetzt ist. Also es war nicht so, dass irgendwelche Erbsenzähler gesagt haben, Christopher, über deine Idee, die Explosion wegzulassen, müssen wir nochmal reden.

2. Die erzählerische Struktur des Films ist nach Hollywood-Regeln die totale Zumutung. Was in den, keine Ahnung - zwei Stunden? - vor der Explosion an schwer zu folgenden Handlungssträngen aufgetischt wird, lässt kein Auge trocken. Und? Schläft das Publikum ein? Rennen alle dauernd auf‘s Klo und schütteln bei Begegnung mit Mitpissern den Kopf?

Nein, überhaupt nicht. Das Publikum akzeptiert die Herausforderung. Es fühlt sich bei einem Erzähler, der weiß, was er tut, von Anfang an. Bemerkenswert, sehr bemerkenswert, dass man mit praktisch jedem anschließend über den Film diskutieren kann und feststellen kann, dass diese fragmentierte Erzählweise triumphal gut funktioniert hat. Dass die Aufmerksamkeit für drei Stunden durchgehalten wurde und die angeblich so Ollie-Overwhelmed-verblödeten Popcornfresser den Film im Kopf mitgeschnitten haben. Das geht über bloßes Unterhalten- und Beeindrucktwerden hinaus und schafft dann auch eine andere Erwartungshaltung für die Explosion. Es geht nicht mehr um ein fettes Feuerwerk, es geht nicht mehr um gepflegten Senssurround-Katastrophenhorror, es geht um Betrachten, Verstehen, Verinnerlichen.

Re: Auch zu - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 16:27
von iasi
markusG hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 15:37
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 14:31 Die Aktionäre machen auch einem Elon Musk Druck.
Und natürlich gilt: Wer bezahlt, der hat auch etwas zu sagen.
Na das Memo scheint er nicht bekommen zu haben ;) (und https://www.derstandard.de/story/300000 ... ngebrochen)

Marktmechanismen sind keine Naturgesetze...
Musk hat sich Twitter schließlich auch gekauft.
Und von Tesla gehören ihm 23,50 %, womit er Hauptaktionär ist.

Copolla steckt aktuell auch sein eigenes Geld in seinen Film.

Du würdest wohl auch nur dein Geld in ein Filmprojekt stecken, wenn du davon ausgehen würdest, dass der Film dann auch zumindest soviel einspielt, dass dir keine Verluste entstehen.

Wenn ein Regisseur dir eine 50 Mio.€-Verfilmung von "Warten auf Godot" vorschlagen würde - wärst du bereit ihm dein Geld dafür zu geben?

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 18:35
von Darth Schneider
@iasi
Also wenn ich jetzt die Chance hätte einen Kinofilm zu machen, natürlich würde ich eigenes Geld da rein stecken.
Wenn das dann wirklich von Nöten wäre…

Aber es muss im Verhältnis sein, leben, die Familie ernähren, und die Rechnungen bezahlen und auch mal Ferien machen können, muss man ja schliesslich auch, gerade wenn man viel arbeitet…
Also gratis Arbeit geht schlicht und einfach nicht..
Sonst wird der Film am Schluss bestimmt auch nix..;))

Und wenn einer einen 50 Mio Film machen will, dann geht das nur mit Sponsoren/ beziehungsweise mit einem sehr erfolgreichen Produzenten, und dem nützten meine paar Franken dann bei solchen Budgets auch nix…

Und der Elon ist der reichste Mann der Welt, der kann locker überall in seine Projekte Milliarden rein stecken….Er selber muss dabei auch gar nix verzichten..
Gruss Boris

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 19:05
von Frank Glencairn
Axel hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 15:55

1. Nolan hatte das Zepter bei der Produktion und beim Final Cut. Wegen eines Vertrauensbruchs bei Warner bezüglich der Verwertung von Tenet war er zu Universal gewechselt und hatte dort einen wasserdichten Highlander-Vertrag aufgesetzt. Wenn er gewollt hätte, dass Originalfootage verwendet wurde, wäre das gegangen. Wenn er lediglich eine Reflektion in den Schweißerbrillen hätte zeigen wollen wäre das gegangen. Wenn er die Szene komplett rausgelassen hätte wäre das gegangen. Wenn er die Wachskreidezeichnung eines Erstklässlers eingeschnitten hätte wäre das gegangen. Aber er wollte es so haben, wie es jetzt ist. Also es war nicht so, dass irgendwelche Erbsenzähler gesagt haben, Christopher, über deine Idee, die Explosion wegzulassen, müssen wir nochmal reden.
Ich hab ja auch nicht gesagt daß das bei Nolan der Fall war, sondern daß ich es an seiner Stelle nicht gemacht hätte, weil die Wirkung auf das Publikum IMHO größer gewesen wäre.

Ich habe allerdings gemutmaßt, daß es bei Fat Boy der Fall war, vor allem weil die Explosion so lieblos reingeklebt wirkt, und zum recht guten Rest des Filmes in jeder Hinsicht völlig abfällt.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 19:27
von dienstag_01
Frank Glencairn hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 19:05
Axel hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 15:55

1. Nolan hatte das Zepter bei der Produktion und beim Final Cut. Wegen eines Vertrauensbruchs bei Warner bezüglich der Verwertung von Tenet war er zu Universal gewechselt und hatte dort einen wasserdichten Highlander-Vertrag aufgesetzt. Wenn er gewollt hätte, dass Originalfootage verwendet wurde, wäre das gegangen. Wenn er lediglich eine Reflektion in den Schweißerbrillen hätte zeigen wollen wäre das gegangen. Wenn er die Szene komplett rausgelassen hätte wäre das gegangen. Wenn er die Wachskreidezeichnung eines Erstklässlers eingeschnitten hätte wäre das gegangen. Aber er wollte es so haben, wie es jetzt ist. Also es war nicht so, dass irgendwelche Erbsenzähler gesagt haben, Christopher, über deine Idee, die Explosion wegzulassen, müssen wir nochmal reden.
Ich hab ja auch nicht gesagt daß das bei Nolan der Fall war, sondern daß ich es an seiner Stelle nicht gemacht hätte, weil die Wirkung auf das Publikum IMHO größer gewesen wäre.

Ich habe allerdings gemutmaßt, daß es bei Fat Boy der Fall war, vor allem weil die Explosion so lieblos reingeklebt wirkt, und zum recht guten Rest des Filmes in jeder Hinsicht völlig abfällt.
Hast du denn Oppenheim überhaupt gesehen?

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 19:49
von Frank Glencairn
Hab ich doch oben schon gesagt, allerdings nur in nem normalen Kino, weil mir das nächste IMAX zu weit dafür war.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 19:50
von iasi
Darth Schneider hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 18:35 @iasi
Also wenn ich jetzt die Chance hätte einen Kinofilm zu machen, natürlich würde ich eigenes Geld da rein stecken.
Wenn das dann wirklich von Nöten wäre…

Aber es muss im Verhältnis sein, leben, die Familie ernähren, und die Rechnungen bezahlen und auch mal Ferien machen können, muss man ja schliesslich auch, gerade wenn man viel arbeitet…
Also gratis Arbeit geht schlicht und einfach nicht..
Sonst wird der Film am Schluss bestimmt auch nix..;))

Und wenn einer einen 50 Mio Film machen will, dann geht das nur mit Sponsoren/ beziehungsweise mit einem sehr erfolgreichen Produzenten, und dem nützten meine paar Franken dann bei solchen Budgets auch nix…

Und der Elon ist der reichste Mann der Welt, der kann locker überall in seine Projekte Milliarden rein stecken….Er selber muss dabei auch gar nix verzichten..
Gruss Boris
Elon ist in der Theorie enorm reich.
Die Kohle für die Twitter-Übernahme konnte auch Elon nicht mal so eben der Portokasse entnehmen.
Würde er seine Tesla-Aktien verkaufen wollen, würde der Kurs in den Keller gehen und mit ihm Elons Vermögen.

"Sponsoren" finanzieren dir keinen Film.
Und wenn du auch nur einen kleinen Kinofilm drehen willst, wird´s teuer.
Auch mit kleiner Crew bist du allein mit den Gagen ganz schnell im 6-stelligen Bereich. Das ist dann wie eine Unternehmensgründung mit dem finanziellen Risiko.

50 Mio. bekommst du in D sowieso nicht zusammen. Wenn überhaupt, dann geht das nur als internationale Co-Produktion.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 19:57
von Alex
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 19:50 50 Mio. bekommst du in D sowieso nicht zusammen. Wenn überhaupt, dann geht das nur als internationale Co-Produktion.
Oder du machst es so :)
https://www.golem.de/news/kryptowaehrun ... 76132.html

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 19:59
von iasi
Alex hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 19:57
iasi hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 19:50 50 Mio. bekommst du in D sowieso nicht zusammen. Wenn überhaupt, dann geht das nur als internationale Co-Produktion.
Oder du machst es so :)
https://www.golem.de/news/kryptowaehrun ... 76132.html
Oder du gewinnst im Lotto.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 20:06
von ruessel
Komme gerade aus dem 3 Stundenfilm. War mir eigentlich klar, keiner, ich wiederhole, keiner kann so lange ohne Handykommunikation sein. Es nervt nur noch, es wird unverfroren auch telefoniert, die Filmmusik wird lauter, dann muss man auch noch lauter in das Ding brüllen.
Ich schlage vor, demnächst mal nach einen Bausatzes eines Handyjammers zu schauen. Beim nächsten Kinobesuch möchte ich im Umkreis von mir 40 Meter absolute Handyruhe haben. Dann nerven nur noch die Becherschlürfer, die nach spätestens nach 30 Minuten die Blase erleichtern müssen...... meistens Frauen. Ich fordere daher reine Männervorstellungen. ;-)

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 20:08
von pillepalle
@ ruessel

Miete doch einfach den ganzen Saal, dann hast'e Ruhe :o)

VG

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 20:11
von MK
pillepalle hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 20:08 Miete doch einfach den ganzen Saal, dann hast'e Ruhe :o)
Ziemlich devot.

Kohle zurückfordern, dann lernt der Kinobetreiber vielleicht das Hausrecht durchzusetzen.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 20:12
von ruessel
...oder warten bis Bluray da ist.
Macht eh keinen Unterschied, 4K Projektor. Glaube kaum, das sich der ganze Imax Quatsch hier gelohnt hat. Eine gute elektronische Kamera hätte nicht schlechter ausgesehen..... vielleicht hätte man dann auch etwas weniger Probleme mit dem Schärfeziehen gehabt - ich gebe zu, war nur an wenigen Stellen zu bemerken.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 20:13
von Axel
Frank Glencairn hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 19:05
Axel hat geschrieben: Mi 26 Jul, 2023 15:55

1. Nolan hatte das Zepter bei der Produktion und beim Final Cut. (….) Aber er wollte es so haben, wie es jetzt ist.
Ich hab ja auch nicht gesagt daß das bei Nolan der Fall war, sondern daß ich es an seiner Stelle nicht gemacht hätte, weil die Wirkung auf das Publikum IMHO größer gewesen wäre.
Auch dagegen habe ich ein Argument. Es gibt eine Ebene des Films, die ich als Oppenheimers Welt bezeichne, Pi mal Daumen die Hälfte des Films. Es sind dies alle Farb-Portraitaufnahmen (manchmal Gruppenportraits, aber mit ihm), sehr oft Halbnah und Nah, mit sDoF (das scharfe Öhrchen von weiter oben). Wenn er nicht spricht, also schweigt, bleibt die Kamera trotzdem auf ihm. Aber es passiert nicht nichts. Ich verstehe, er denkt, grübelt, fühlt. Ich fühle mich ein. Murphy spielt das auch gut. Das erzeugt eine subtile Spannung und mMn ermöglicht überhaupt erst das „Mitdenken“ des Zuschauers. Die Bombe gehört zu seiner Welt, und so ist die Explosion inszeniert. Nicht objektiv, nicht journalistisch, wie in den SW-Szenen.

Mit dem Nicht-Zeigen würde dieses im subjektiven Erleben Oppenheimers wichtige Ereignis vorenthalten. Wie du richtig sagst, würde das Publikum die Lücke füllen, und zwar mit der Quintessenz dessen, was schon vor unser Geburt die „sum of all fears“ (Tom Clancy Roman über einen Atombombenanschlag) war. Ein aus einem Gefühl von Macht- und Hilflosigkeit, Angst und perverser Faszination gespeister Archetypus. Andre Heller singt: „ Es gibt eine Angst, die macht klein
Die macht einen krank und allein
Und es gibt eine Angst, die macht klug
Mutiger, freier von Selbstbetrug…“

Es war ein glücklicher Zufall in Jaws, dass weniger der Gummihai aus dem Meer aufstieg als unsere Urängste. Toller Mechanismus, wir lieben ja dann und wann Adrenalin als Kick.

Aber darum geht es mE in Oppenheimer nicht.

Re: Oppenheimer - ästhetisch und handwerklich

Verfasst: Mi 26 Jul, 2023 20:13
von pillepalle
@ MK

Devot? Eher etwas luxuriös... ;)

VG