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Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: So 18 Sep, 2022 17:37
von Axel
cantsin hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 15:21Im Hinterkopf habe ich allerdings die Befürchtung, dass man es dann doch sieht, wenn das Video auf einer Kinoleinwand projiziert wird. Das ist immer der Lackmustest; auf der Leinwand sieht man fast immer Bildfehler, die man am Computermonitor oder auf dem Flatscreen-TV nicht gesehen hat.

Müsste das einfach mal in einem befreundeten Kino ausprobieren.
Stellt sich die Frage, für wie viele hier eine Kinoprojektion ein realistisches Szenario ist. Benutzt man den Projektor als einen besseren Beamer, der über den entsprechenden Eingang und bei entsprechender Einstellung rec_709 ausgibt?

Dann ist da zuallererst der, äh, Bildstand, der in's Auge fällt. Ein wackeliges Bild, dessen Zittern alle Details in den Blur stürzt (Drag Me To Hell!). Lässt sich simulieren durch kürzeren Betrachtungsabstand zum Monitor.*
*EDIT: Wackeln und Zittern sind ohne Motionblur eher noch kotzfördernder als mit, also Filmfeind Nummer eins.

Dann, tatsächlich, so etwas Esoterisches wie "Kadenz" (Rhythmus, Takt, Frequenz, aus der Musik entlehnt), meist im Zusammenhang mit subjektiv als natürlich und wertig empfundener Bildfrequenz und proportionalem Motion Blur. Und "Flicker" (Titel eines hammermäßig guten Thriller-Schmökers von Theodore Roszak), das Flackern der Flügelblende, das uns 72 x pro Sekunde für insgesamt eine Drittelsekunde eine unbeleuchtete Leinwand zeigte. Früher.

8-bit galten früher als farblich zu undifferenziert, um nicht sofort entlarvt zu werden, aber der Zacuto Shootout von vor 10 Jahren zeigte, dass man selbst Francis Ford Coppola täuschen konnte.

Alle unsere heutigen Kameras sind mE voll kinotauglich. Alles, was an negativen Artefakten auffällt, fällt durch die Größe der Bilder auf und wegen nichts anderem mehr.

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: So 18 Sep, 2022 17:53
von Frank Glencairn
Axel hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:37

Stellt sich die Frage, für wie viele hier eine Kinoprojektion ein realistisches Szenario ist.
Ich mach so 4-5 DCPs pro Jahr.
Axel hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:37
Dann ist da zuallererst der, äh, Bildstand, der in's Auge fällt. Ein wackeliges Bild, dessen Zittern alle Details in den Blur stürzt (Drag Me To Hell!).
Warum sollte bei Nutzung des externen Eingangs - sagen wir mal von einem Blurayplayer oder Rechner - der Bildstand bei einer digitalen Projektion leiden?

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: So 18 Sep, 2022 18:00
von Axel
Frank Glencairn hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:53
Axel hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:37

Stellt sich die Frage, für wie viele hier eine Kinoprojektion ein realistisches Szenario ist.
Ich mach so 4-5 DCPs pro Jahr.
Ich sagte nicht: keiner. Ich fragte: wie viele?
Frank Glencairn hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:53
Axel hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:37
Dann ist da zuallererst der, äh, Bildstand, der in's Auge fällt. Ein wackeliges Bild, dessen Zittern alle Details in den Blur stürzt (Drag Me To Hell!).
Warum sollte bei Nutzung des externen Eingangs - sagen wir mal von einem Blurayplayer oder Rechner - der Bildstand bei einer digitalen Projektion leiden?
Das bezog sich auf den Farbraum. Davon abgesehen ist danach eine große Leinwand unbarmherzig gegenüber Videos, die man auf dem Monitor für hinreichend ruhig gehalten hatte.

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: So 18 Sep, 2022 18:18
von iasi
pillepalle hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 14:18 @ iasi

Das ist aber nur besser, wenn ich nicht schon vorher weiß, wie ich es haben möchte. Andernfalls ist es mehr Arbeit, denn am Set habe ich im Regelfall keinen Mehraufwand, wenn ich direkt die richtige Zeit einstelle.

VG
Jein.
Was ist schon der Regelfall?
Man sollte nicht an alten Regeln kleben und diese in jedem Einzelfall hinterfragen.

Gerade wenn du schon vorher weißt, was du haben und wie du dies verwirklichen möchtest, kannst du entscheiden.
Ich tendiere meist zu einem Ausgangsmaterial, das den größtmöglichen Spielraum bietet.
Raw
hohe Auflösung (auch durch kurze Belichtungszeit)
geringe Komprimierung
HFR
ETTR/natives ISO/native Farbtemperatur

Weniger geht schließlich am Ende immer.

Abwägen wird man natürlich, denn nicht jeder Inhalt verlangt nach der maximalen Materialqualität.

Der Aufwand ergibt sich übrigens oft später:
Wenn du z.B. einen Wackler drin hast, bekommst du den eben nicht einfach durch Poststabilisierung raus, wenn du Bewegungsunschärfen drin hast.
Da hast du vielleicht eine wunderbare Darstellung vor der Kamera und musst wegen solch einem Wackler die Einstellung wegwerfen.

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: So 18 Sep, 2022 19:56
von cantsin
Axel hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 18:00
Frank Glencairn hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 17:53

Ich mach so 4-5 DCPs pro Jahr.
Ich sagte nicht: keiner. Ich fragte: wie viele?
Bin ja eigentlich im No Budget-Experimentalfilmbereich zuhause, und da ist Kinoprojektion Standard, auch wenn's meistens nur in einem Kommunal- oder Off-Off-Kino vor ein paar dutzend Leuten stattfindet.

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: Mo 19 Sep, 2022 06:38
von pillepalle
iasi hat geschrieben: So 18 Sep, 2022 18:18 Jein.
Was ist schon der Regelfall?
Der Regelfall bei szenischen Filmen ist der, dass man planvoll arbeitet. Da weiß man normalerweise vorher schon, warum man eine bestimmte Szene dreht.

Viele arbeiten aber in anderen Bereichen und machen meist die ein oder andere Form von Run&Gun. Etwas überspitzt gesagt, erstmal drauflosfilmen und möglichst viel footage sammeln und sich nacher in der Post zu überlegen, wie man das Ganze verwurstet. Da kommt es natürlich viel öfter vor, das man sich im Nachhinein wünscht das Footage zu stabilisieren, oder vielleicht doch eine die Abspielgeschwindigkeit ändern zu wollen, usw...

VG

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: Mo 19 Sep, 2022 09:42
von klusterdegenerierung
@Pillepalle
So richtig verstehe ich Deine Argumente nicht, denn es geht doch lediglich um eine Erleichterung bei der ich das gleiche Ergebnis erzielen kann, plus ich habe noch ein zusätzliches feature.

Du machst jetzt die ganze Zeit einen auf professionell oder nicht und was standart ist und wie man sich in dem Umfeld verhält und aggiert, aber darum geht es doch nicht.

Geht doch nur darum das man sich das Leben bei gleichem Ergebnis erleichtert und nicht was Standesgemäß ist.

Re: 180-Grad-Regel veraltet, motion blur lieber in der Post?

Verfasst: Mo 19 Sep, 2022 21:31
von AndySeeon
Hmmm, ich verfolge diese akademische Diskussion nun seit Samstag, weil ich seit ca. einer Woche versuche, ein vernünftiges Motion Blur in eine Szene zu bringen, die (wie schon hier beschrieben) mit 25p und 1/150 (60°) gedreht wurde. Es handelt sich um einen Verfolgerschwenk mit wirklich toll scharfen Einzelbildern, die beim Abspielen erbärmlich ruckeln.

Resolve blurrt die umhertobenden Kinder einigermaßen gut aus, aber die im Schwenk vorbeiziehende Umgebung ruckelt weiterhin saumäßig. Ich kann in Resolve einstellen, was ich will, die Umgebung wird nicht geblurrt.

Außerdem funktioniert bei mir außer der Motion Effects im Color- Tab keiner der Motion- Blur- Effekte von Resolve:
* nicht aus den Effects im Edit- Tab noch aus den Effects im Color- Tab
* nicht im Fusion / Merge- Knoten und auch nicht als Effect im Fusion
* und im HDR- Modus funktioniert gar kein Motion Blur; nicht mal im Color Tab unter "Motion Effects"

Hat hier vielleicht jemand auch praktische Erfahrung mit dem Thema und kann mir einen hilfreichen Tipp geben?

Übrigens: zwischendurch kam mal eine interessante Argumentation: Bildfehler sind auf der Leinwand schneller sichtbar als auf dem Bildschirm (oder Handy). Kann ich leicht bestätigen. Im Vorschaufenster von Resolve sieht man das Geruckel kaum, da scheint alles beinahe in Ordnung zu sein. Aber schon auf meinem kleinen 55"-OLED Vorschaubildschirm ist es übel anzusehen, da braucht es gar keine Kinoleinwand.

Gruß, Andreas