Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53
Was sagen denn die Leute aus der Branche, die du kennst, über den aktuellen Zustand des deutschen Film?
Was meinst du mit "aktuellen Zustand"?
Ist das so ne Frage was die Monteure bei VW von der Autobranche halten?
International nichts mehr zu melden.
Mehr als deutsche Filmpreise erhalten deutsche Filme nicht mehr.
Entweder qualitativ und finanziell Flops.
Selbst deutsche Produktionen werden zunehmend im Ausland gedreht.
Privates Kapital wird nicht mehr für deutsche Produktionen riskiert.
...
Um das zu erkennen, muss man nicht "Monteure in der Branche" sein.
Du kannst ja gerne mal einen deutschen Film empfehlen, der auch international konkurrenzfähig ist und den Kauf einer Kinokarte lohnt.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53Hinterfragen sie denn auch mal grundsätzlich ihre gewohnten Produktionsabläufe?
Jetzt komm doch mal auf den Punkt, wovon genau redest du? Welche Abläufe? Welche Routinen meinst du? Welche würdest du einsparen, und in welchem Bereich? Welche Routinen erachtest du als unnötig? Nimmst du dabei Einbußen in Kauf? Falls ja, fürs Produkt? Fürs Team?
Wenn Produktionsabläufe nicht zu konkurrenzfähigen Ergebnissen führen, muss man sie grundsätzlich hinterfragen.
Mittlerweile riskiert kein Investor mehr Geld in eine deutsche Produktion.
Die staatlichen Mittel, die letztlich das Investitionsrisiko übernehmen, genügen nicht für konkurrenzfähige Produktionen mit den Produktionsabläufen, die jeder in der Branche als gottgegeben ansieht.
Es kommt ja auch niemand auf die Idee solche innovativen Beispiele wie
The Creater mal auf deutsche Verhältnisse zu übertragen.
Wer hat das nochmal in einem der auf Slashcam vorgestellten Interviews gesagt:
Jeder Student im 2.Semester schreit für seinen Übungsfilm nach einer Alexa.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53Wenn man über einen Film dies liest (...) dann ist dies nicht gerade ein großer Erfolg und finanziell ein Flop, denn die üblichen Produktionsabläufe verschafften vielen Leuten aus der Branche ein Einkommen.
Nominierungen zum Deutschen Filmpreis ändern daran auch nichts.
All die Leute aus der Branche müssen sich schon auch fragen lassen, weshalb deutsche Filme selbst in D nicht viele Zuschauer finden - geschweige dann, dass sie im Ausland gar keine finden.
Wenn ein Film floppt, würde ich erstmal bei Buch, Darstellern und Regie anfangen.
Oder glaubst du, ein Film kommt nicht an, weil der Oberbeleuchter ein Butterfly standy hatte, damit er es schnell einsetzen kann wenns benötigt wird?
Die typische Reaktion all derer, die in der Branche tätig sind:
Andere sind Schuld an der Misere.
Schau ich mir einen deutschen Film an, stelle ich jedoch meist fest, die Bilder nicht so aussehen, wie in internationalen Produktionen.
Da - wie Frank ja immer betont - das Lichtsetzen das Bild bestimmt, muss ich die Frage also an DP und Beleuchter stellen: Warum ist das so?
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Und zum Thema (mangelndem) internationalen Erfolg, habe ich zu dem o.g. auch (m)eine Theorie:
viewtopic.php?p=1208804#p1208804
Das muss man aber nicht so sehen wie ich, nur meine Meinung.
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53Übrigens ist
The Creater sicherlich keine "Guerilla-Produktion" - deine Schubladen kannst du also zulassen.
Hab ich doch gar nicht behauptet, das The Creator Guerilla ist? Wie auch, sieht jetzt nicht nach Guerilla aus:
https://www.imdb.com/title/tt11858890/fullcredits
Aber selbst wenn es Guerilla wäre, habe ich ja bereits gesagt, kann man gerne machen, aber dann trägt man Risiken und braucht Glück. Kann alles gut gehen. Wie beim Roulette.
Schon dass du andere Produktionsabläufe sofort als Risiko und als Guerilla-Methode einstufst, erinnert mich an das Zitat Joan Crawfords zum jungen Spielberg:
„
Ich dachte zunächst, vielleicht wäre mehr Erfahrung wichtig. Aber dann musste ich an all die erfahrenen Regisseure denken, die eben nicht Stevens intuitive Einfälle hatten und die immer wieder nur die gleiche alte Routine wiederholten. Das nannte man wohlwollend ‚Erfahrung‘."
Es ist notwendig die Produktionsabläufe neu zu denken und auf die begrenzten Budgets anzupassen, statt die Drehtage zu reduzieren.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53Deine Berufsgenossenschaft fordert von dir übrigens nicht, dass du vor jedem Fenster einen Butterfly platzierst.
Auch schreibt sie nicht vor, dass du Lichtmittel nutzen musst, die einen Generator erforderlich machen.
Nein, die Auflagen der BG zu erfüllen ist ja nur ein Teilbereich der Aufgabe der OB.
Zu wissen wann was wo standy sein soll ist ein anderer Teil.
Und dann kommen noch viele andere Bereiche dazu.
Und ob ich nen Genny brauche oder nicht, das entscheidet die Vorgabe.
Welche Vorgabe?
Die der Routinen?
Ganz nach dem Reflex: Oh - ein Fenster. Holt den Butterfly. :)
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53Und nochmal:
Drehst du mit deinen 40 Leuten und Butterflys auf dem Marktplatz, muss an einem Drehtag alles im Kasten sein.
Mit 10 Leuten und einige Reflektoren kommst du am nächsten Tag einfach nochmal zum Marktplatz.
Ein Transporter und 2 PKW genügen schon, was auf den Marktplatz andere Auswirkungen hat, als der übliche Produktionszirkus.
Und hier sind wir beim springenden Punkt.
Du kannst den Drehtag natürlich auch mit nur 6 Leuten und 2 Kombis machen. Das hängt ganz davon ab, was du dir von dem Drehtag erwartest.
Da steht für mich als Licht- und Kameramann als wichtige, zentrale Frage erstmal im Raum:[/quote]
Nicht der Raum, sondern die Einstellung.
Wenn ich nur Nah- und Großeinstellungen habe, interessiert mich das Fenster nicht.
Auch bei einer Halbtotalen muss das Fenster nicht präsent ins Bild, wenn ich mich doch nur die Personen interessieren. Ein Vorhang oder Jalousine davor - und wenn nötig ND-Folie.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Willst du das Licht kontrollieren können und wie sehr willst du das können?
Was machst du denn, wenn sich das Licht während einer Szene verändert? Ein Schuss bei Sonne drehen, den nächsten mit Wolke? Mit nem Reflektor kommste da nicht weit.
Entweder du kannst die Sonne ersetzen oder den Sonnenschein ausdecken. Oder machst eine Kombination daraus.
Wolken und Sonne?
Wie soll die Stimmung sein?
Selbst wenn es ein sonniger Tag sein soll, brauche ich das Fenster nicht.
Und bei Außendrehs?
Dann warte ich eben oder drehe andere Einstellungen z.B. Nahe, bei denen ein oder zwei Akkulampen ausreichen.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Was ist wenn der Winkel der Sonne nicht optimal ist? Mittags sieht Sonne auf Gesichtern eh nicht vorteilhaft aus, viel zu steil. Mit Reflektor aufhellen? Hmpf.
Und wenn du ne Kante mit nem Reflektor stellen willst, brauchst du auch Stative, Rahmen, Sandsäcke, denn Wind, unbeteiligte Menschen und die Berufsgenossenschaft gibt’s ja auch noch.
Und da sind wir dann wieder bei kleiner Crew, wenig Equipment und Kombinantion aus Brennweite und Bildausschnitt.
+ Kleine Crew bedeutet geringere Kosten und dadurch mehr Zeit um Mittage für Einstellungen zu nutzen, bei denen der Sonnenstand keine Rolle spielt
+ Kleine Crew mit wenig Equipment bedeutet einfachere Genehmigungen, weniger Einschränkungen für Anwohner, weniger Menschenauflauf.
+ Lange Brennweite bedeutet eingeschränkte Bereiche im Hintergrund.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Klar, wenn ich ganz sicher bin, dass den ganzen Tag die Sonne scheint, bringe ich i.d.R. auch keine Schweinwerfer an einen Tag draußen Set. Bin aber mit verschiedenen Reflektoren, Weichmachern (inkl. Butterflys) und allem was man dafür braucht dabei.
Oder willst du nur dann drehen, wenn die Sonne optimal steht? Dann hast du nur kleine Zeitfenster. Und immer noch keine Kontrolle über Wolkenwechsel. Und ich weiß das aus Erfahrung, enge Zeitfenster sind nie gute Bedingungen zum Drehen, schon gar nicht, wenn sie vermeidbar sind.
So eng sind die Zeitfenster nicht, wenn nicht der Einfall einer großen Crew mit Eqipment und dann der Auf- und Abbau von großen Gerätschaften eingerechnet werden muss.
Vor allem sind wir wieder bei der Zahl der Drehtage, die zur Verfügung steht.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Ohne Equipment/Personal/Zeit hast du keine Kontrolle über dein Produkt. Aber wenn das okay für dich ist, dagegen ist nichts einzuwenden. Aber dann sind wir halt schnell wieder bei Guerilla-Produktion. Was man, wie ich bereits sagte, durchaus machen kann, wenn man das will oder sich nichts anderes leisten kann.
Du willst also sagen, dass du die Kontrolle verlierst, wenn du nicht ein halbes Dutzend Leute hast, die einen LKW entladen?
Du willst also sagen, dass man Tausende Watt an Leuchtmittelleistung benötigt, um die Ausleuchtung kontrollieren zu können?
Unkontrolliert und ungeplant sind doch eher Drehs, bei dem die Crew sich den Raum anschaut und ausleuchtet, bevor überhaupt die Einstellungen festgelegt sind.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Aber letztlich wird trotzdem immer genau geplant was man zu ner Location mitnimmt, es geht ja immer um Aufbauzeiten und Logistik. Bei ner kurze Szene mit 2 Leuten, klar kann man auch mal nen großen Rahmen halten anstatt Stativ. Und ein Silberfisch reicht zum Aufhellen. Wenn DWD grad keinen Wetterwechsel die nächsten 2h prognostiziert. Aber wie gesagt, bei wichtigen Shots und gewissem Anspruch ans Licht (Bild), nehme ich natürlich mehr Zeugs mit um einen gewissen Anspruch an die Lichtsetzung zu erfüllen.
Wenn die Anforderung ist, wir drehen im Dokutage-Style, dann braucht man nicht zwingend einen B/OB.
Ich kann alles in einer WW-Einstellung drehen, bei der der Raum aus einer Richtung im Bild ist - das Fenster dabei aber gar nicht mal im Bild zu sehen sein muss.
Oder man dreht die Personen in Halbnahen und Nahen, wobei man den Raum eh nur erahnen kann.
Das zweite ist doch kein Dokutage-Style.
Oder die Personen bewegen sich während eines Dialogs durch das Zimmer.
Auch hier muss man dann auf das verfügbare Budget Rücksicht nehmen.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Und jetzt habe ich nur vom Licht geredet. Wofür sind die anderen 30 Zuständig, die du weggestrichen hast? Oder stehen die nur rum und futtern Catering?
iasi hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 15:53
Und mal ganz praktisch: Wenn die kleine Crew lange Brennweiten und kleine Blende statt WW nutzt, ist der historische Marktplatz sogar präsenter und erfordert nicht die komplette Räumung und Absperrung. Da sind wir dann auch wieder bei der empfindlichen Kamera, die auch bei kleiner Blende korrekt belichtete Bilder liefert. ;)
Zu dem Thema hat der Frank schon gesagt, und da pflichte ich ihm bei, mit sehr offener Blende versinkt der Hintergrund halt in der Unschärfe. Wenn du das willst, dann ist das prima. Aber viele würden die Location an der sie drehen auch gerne zeigen wollen.
Und absperren tust du schon mal gar nichts auf einem Marktplatz mit nem 10 Mann Team. Mit nem 10 Mann Team brauchst du halt Glück, dass kein anderer Dussel ins Bild läuft.
Bei langer Brennweite hast du die Komprimierung der Entferung. Du holst den Hintergund heran und begrenzt dadurch auch den sichtbaren Teil.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
Letztlich kann man sagen, dass dir eine größere Crew in ihren Departments mehr Sicherheit bietet.
Das kann man gut mit einer Versicherung vergleichen. Das Lichtteam bietet dir die Möglichkeit das Licht so zu kontrollieren, dass du mit konstanten Bedingungen drehen kannst auch wenn sie das nicht sind. Keine Beleuchter – Keine Kontrolle übers Licht. Kann man machen, aber dann bitte keine Tränen, wenns nicht so läuft.
Mehr Sicherheit?
Welche zusätzliche Sicherheit erhalte ich denn, wenn 5 statt 2 Leute um die Kamera herumstehen?
Nimmt sie denn dadurch das Bild anders auf?
Und kann eine kleine Crew denn nicht auch Licht setzen?
Braucht es dafür denn unbedingt eine LKW-Ladung an Lampen und ein Dutzend Leute?
Verbessert es einen Film, wenn man aus Budgetgründen auf eine Einstellung verzichtet, weil man es nur mir einer Dollyfahrt für die große Crew akzeptabel wäre? Tränen vergießt dann wahrscheinlich nur derjenige, der diese Einstellung wichtig für den Film empfand.
Oder der Verzicht auf einen Dreh einer Szene an einer Außenlocation, die das Budget schlicht nicht hergegeben hätte - mit der großen Crew.
Es gibt ja die Geschichte über Coppola, der mit kleiner Crew nach Sizilien flog, um diese Szenen überhaupt drehen zu können - das Budget hatte den Dreh eigentlich nicht mehr erlaubt.
Alex hat geschrieben: ↑Di 28 Mai, 2024 09:19
stip hat geschrieben: ↑Mo 27 Mai, 2024 10:16Für wertvolle Praxisberichte würde ich woanders schauen :)
Ob das wertvoll ist oder nicht muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich berichte nur im Kontext aus meiner Erfahrung. Ich freue mich immer mit Filmschaffenden über ihre Erfahrungen hier in Deutschland (auch auf Deutsch) auzutauschen. Bei den Amis und Engländern, generell im Ausland laufen viele Dinge eben etwas anders als bei uns, deshalb kann man Berichte von dort ansässigen Filmschaffenden nicht immer 1:1 vergleichen.
Aber generell hast du recht, wenn man alles was nicht „wertvoll“ ist aus dem Forum streichen würde, würde es deutlich schrumpfen :)
Ob Praxisberichte wertvoll sind, ergibt sich nur daraus, dass man sie mit den Ergebnisse abgleicht.