Da war jemand etwas schneller als ich!
Vorschlag an K.-D. Schmidt: Vielleicht im Thread-Titel noch anfügen, welcher (Titel) Tatort gemeint ist - in 1 Woche folgt ja schon der nächste!
Ich habe mir aufgrund der Kritiken eine Ausnahme von meiner Regel "Nur Experimental-Tatorte mit Tukur & Co" gegönnt und "Das Nest" soeben ex ARD-Mediathek angesehen.
Puhhh ...
Womit soll man anfangen?
Vielleicht damit, dass dieser Tatort verdammt - wirklich verdammt - spannend war (und ist)!
Ich habe ihn trotzdem unterbrochen, um etwas zu essen, aber er ging mir auch während der Mahlzeit nicht aus dem Sinn (eher umgekehrt).
Ich kenne mich zu wenig querbeet durchs Genre aus, um hier zahlreiche filmische Parallelen aufzuzählen, aber thematisch steckte für mich auch ein Schuss "Les Rivières pourpres" (Die purpurnen Flüsse, F 2000) drin, um die es hier auch geht, wenn auch in einem anderen Sinn.
Damals im Kino hatte ich Mühe angesichts der Mischung aus Mystik, Geschichte, geheimem Kult und Action Thriller, angreichert noch durch Macho-Spielchen zwischen zwei Alpha-Polizisten, die richtigen Schlüsse zu ziehen, aber je mehr man in diese dunkle Welt hineingezogen wurde, desto vehementer wünschte man sich, endlich hinter das Geheimnis zu kommen.
Hier lag die Sache etwas anders - etwa bei Halbzeit wird der ebenso morbide wie kaltblütige Täter bekannt, und es beginnt ein Katz- und Mausspiel, das seine Spannung aus unzähligen falschen Fährten und Missverständnissen bezieht und auch aus wiederholter Ungeschicklichkeit der beiden (auf ihre eigene Weise "starken") Hauptakteurinnen.
Am Ende geht's gerade nochmal gut - mehr will ich nicht verraten.
Fazit:
Da war nichts mit behäbigem Sonntagabend-Krimi mit jeder Menge falsch gegradeter (obwohl ich das nicht wirklich bewerten kann :-(), falsch beleuchteter Totalen (die gab's auch, aber wenn, dann begründet durch 'normale' Umgebung).
Könnte - noch etwas aufgepeppt durch die üblichen Knalleffekte und "Knallköppe" mit Charisma-Kassengarantie (scherzhaft gemeint, das soll auch keine Abwertung der guten DE Schaupiel-Crew sein) aus Kalifornien - sich glatt als Remake in einem psychopathisch-nekrophilen Hollywoodthriller à la "Seven" & Co wiederfinden (oder war dieser Tatort vielleicht selbst ein solches Remake, dessen Vorlage ich nicht erkannt habe?)!
Ich habe gefühlt die ersten 10Minuten geschaut und dann entrüstet abgeschaltet.
Ja okay es ist Fiktion - aber diese banalen Logikfehler bereits am Anfang haben mich sowas von nicht angemacht.
Natürlich ist der Täter in dem Moment als die Polizei eintrifft nicht in dem Gebäude und er bekommt auch nicht mit das Polizei und SEK vor Ort waren...
Wenige Minuten später sind alle abgezogen - man lässt natürlich zwei Frauen allein im Gebäude und kurz darauf kommt der Täter zurück und wie zu erwarten vergeigen sie es und das SEK kommt ebenfalls zu spät ins Gebäude obwohl es ja die ganze Zeit vor der Tür gewartet hat *gähn*
Vermutlich wurde der Streifen dann noch besser (Euren Aussagen nach zu urteilen) - aber nach so 'nem konstruierten Entree verließ mich bereits die Lust dranzubleiben.
Es geht in dem Stil weiter mit Missverständnissen, Unverständlichkeiten, Unzulänglichkeiten, Dämlichkeiten.
Aber ich habe das als menschlichen Makel / "Nobody is perfect" beiseite gelegt und gespannt weitergeschaut.
Bis ein massiver Logikbruch (vorausgesetzt, ich habe selbst nichts übersehen) mir auch schwer auf dem Magen lag: Eine anatomische Entdeckung im Seziersaal durch die rekonvaleszente, aber traumatisierte, jedoch aufgrund der Erfolglosigkeit ihrer ehrgeizigen Kollegin wider Willen noch immer in die Ermittlungen einbezogene Kommissarin, führt laut Drehbuch dann zum Durchbruch - man engt den Täterkreis massiv ein, bis letztlich noch genau 2 Personen übrig sind.
Die offene Frage blieb für mich: Warum hat man das nicht schon vorher gemacht, denn alle nötigen Fakten waren bereits bekannt - ganz unabhängig von der angeblich so sensationellen Entdeckung.
So geht es dann auf ganzer Linie weiter im "Zweikampf"-Modus: Kommissarin A gegen Kommissarin B, Täter A versus Täter B, Hauptkommissar X gegen seinen Chef Y, Hauptkommissar X und seine Abteilung, der Täter gegen sein persönliches Umfeld, der Täter gegen die Kommissarin, die Kommissarin und ihr persönliches Umfeld und eigentlich alle gegen ihre inneren Zwänge, Abgründe, Verletztheiten und Blockaden.
Eine verwickelte und verwinkelte Ausgangssituation (oft durch eine enge Kamera noch etwas klaustrophob unterstützt), die durch Ermittlungsschwächen und die genannten Animositäten noch unübersichtlicher wird und am Ende nur knapp an der Katastrophe vorbeischrammt.
Der Täter spielt seine (vorgegebene) Rolle übrigens mit völlig teilnahmsloser Unterkühltheit, deren Fatalismus schon fast ans Parodistische grenzt und dann in einer Szene in der eigenen Garage gipfelt - in der Anwort auf die Frage, wie denn ein kleiner Blutfleck in sein Gesicht kommt.
Wie gesagt: Spannend!
Zuletzt geändert von Skeptiker am Di 30 Apr, 2019 09:36, insgesamt 2-mal geändert.
mitnichten, die ganze story war ein einziges logisches Trümmerfeld.
Ich bin sicherlich kein fanatischer Anhänder der deutschen Polizei, wenn aber die realen Schupos so dämlich wären, wie die hier gezeigten...
dazu passt aber die Besetzung des Chefs. Brambergs Grimassen sind reif für museale Großevents,
so bekommt kein anderer seine Darstellung des Peinlichen hin, das zieht sich über sein gesamtes Wirken.
Spannend war er wahrscheinlich, Trump vs Ding bei der SnookerWM wars allerdings auch, und da bin ich gelandet.
Alf_300 hat geschrieben: ↑Di 30 Apr, 2019 09:34
Die Öffis und Vitamin B
oder Wer drin ist ist drin.
Die ewige (ewiggleiche) Diskussion ... (möge einmal mehr beginnen) ...
Übrigens trifft der Satz für Hollywood & Co genauso zu: Die immergleichen Gesichter der immergleichen "So tun, als ob"-Schau(!)-Spieler in wechselnden Gewändern, die brav ihre Texte aufsagen, die andere im stillen Kämmerlein für sie geschrieben haben!
Und deren Interviews im grellen Licht der Scheinwerfer dann mit der Eingangsfrage beginnen: "In Ihrem neusten Film sind Sie ... was halten Sie von ...?".
Skeptiker hat geschrieben: ↑Mo 29 Apr, 2019 20:25
Vielleicht damit, dass dieser Tatort verdammt - wirklich verdammt - spannend war (und ist)!
Ich bin sitzen geblieben bei diesem Tatort, meist verkrieche ich mich schon nach kurzer Zeit z.B.
bei den Nuschel-Totorten von T. Schweiger mit viel Explosionen, Autozusammenstößen, Maschinengewehr-
Trommelfeuer...
Dieser Tatort war anders, die Geschichten über interne Polizeiproblmene interessieren mich auch nicht,
könnte man weglassen...
** S8-Hobbyfilmer seit 1970, Video seit 1988, Schmalfilmdigitalisierer seit 2007 **
** Aktuelle Hauptkameras: Sony ZV-1 & Zhiyun Crane M2 Gimbal plus DJI Pocket 2 Gimbal-Kamera** http://www.videoundbild.de/
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