Darth Schneider hat geschrieben: ↑Di 09 Jan, 2018 07:51
Zuerst einmal, Gewalt ist immer schlecht.
Bist du da sicher? Was gut ist oder schlecht, ist ja auch nur eine Interpretationsfrage. Was heute gut ist, muss gestern nicht gut gewesen sein und was heute schlecht ist, muss morgen nicht schlecht sein. Es ist nichtmal ein gesellschaftlicher Konsens, was gut und was schlecht ist. So ist z.B. der Aufstand derzeit im Iran für große Teile des Volkes eine gute Bewegung, für die Mächtigen des Landes aber etwas ganz schlechtes. Gewalt ist immer ein Mittel, Dinge durchzusetzen. Jeder tut sie und jeder empfängt sie. Auf Gewalt verzichten kann nur jemand, der Gewalt hat. Sonst verzichtet man nicht, sondern hätte gar nicht die Möglichkeit, sie anzuwenden.
Spätestens, wenn dir jemand an deine Existenz geht, wirst du nach jemandem rufen, der dir zur Not mit Gewalt, dein Leben schützt. Du wirst es auch selbst tun, weil du Angst vor dem Sterben hast. Du darfst aber auch gern auf die Anwendung von Gewalt verzichten, mit der Konsequenz, dass man mit dir Hutzeputze macht. Das ist dir überlassen. Aber verlangen darfst du es von niemandem.
So, nun muss man aber nochmal überlegen, was Gewalt ist. Gewalt ist m.E. jedes Mittel, was andere auf eine gewisse Linie bzw. zu einer bestimmten Ordnung zwingt. Dies muss nicht zwangsläufig körperlich ablaufen. Gewalt und Macht gehen eng miteinander. Gewaltlosigkeit ist Machtlosigkeit. Gewalt und Macht kann auch mit Gesetzen und Ordnungen durchgesetzt werden. Die Nichtbefolgung dieser muss aber für den Nichtbefolger Konsequenzen haben. Wenn der Mächtige seine Macht nicht durchsetzen kann, sind die Gesetze und Ordnungen wirkungslos. Es muss also Macht angewendet und zur Not auch gewaltsam durchgesetzt werden. Wenn du in einer Dreißigerzone 80 fährst, hast du zwar eine Ordnung übertreten und gegen Gesetze gehandelt. Wenn es aber keine Folgen für dich hat, brauchts auch die Dreißigerzone nicht. Das Schild hätte man sich sparen können. Du kannst ja immer mit 80 durchfahren.
Nun haben wir ja aber in der Geschichte einige Beispiele, in denen Gewaltlosigkeit zu Erfolgen kam. Nehmen wir z.B. Ghandi, die friedliche Revolution von 1989, die Bewegung Martin Luther Kings oder auch das Leben Jesu. Nun, das liegt daran, dass diese Gewaltlosigkeit durch seine Hervorhebung auf Zustimmung sehr breiter Massen stieß. Diese Bewegungen waren also Massenbewegungen, die zumindest in der Masse wohlwollend und positiv und engeagiert begleitet wurden. Sie waren öffentlich und die Reaktionen der Mächtigen mussten von diesen von daher genau bedacht werden. Solche friedlichen Aufstände können nämlich sehr schnell zu gewalttätigen Aufständen führen, die dann die komplette Ordnung durcheinander werfen. Von daher sind eben auch diese friedlichen Bewegungen von einer gewissen Macht begleitet gewesen, der Sympathie breiter Massen eben, die per se eine Macht sind. Wenn diese Gruppen nicht stark genug sind oder die Mächtigen sich stark genug fühlen, gegen diese Bewegungen gewaltsam vorzugehen, geschehen eben solche Dinge wie in China auf dem Tian’anmen-Platz 1989 oder im Iran heute. Solche Protestbewegungen können eben auch niedergeschlagen werden.
Unsere ganze Welt ist voller Macht und Gewalt. Wir kommen ohne sie nicht aus.
Natürlich haben sich Erziehungsmethoden heute geändert. Heute schlägt man seine Kinder nicht mehr. Das haben wir so verinnerlicht, dass es eigentlich auch keiner Gesetze mehr bedarf, die es natürlich trotzdem gibt. Das liegt daran, dass wir zur Zeit zu der Erkenntnis gekommen sind, dass körperliche Gewalt an Kindern keinen erzieherischen Wert hat. Man kann als Eltern die Ordnung auch ohne körperliche Gewalt durchsetzen, durch einfache Sanktionen und liebevollen Umgang. Ein Irrtum wäre es allerdings nun zu meinen, dass Eltern keine Gewalt mehr haben dürften über ihre Kinder. Natürlich behalten die Eltern die Erziehungsaufgabe und können ihre Kinder nicht machen lassen, was sie wollen, zumindest nicht kleine Kinder. Das wäre den Kindern keine Hilfe.
Einfaches Beispiel. Mutter und Kind gehen zum Einkaufen. Das Kind will eine Schokolade. Nun hat die Mutter die Möglichkeit, dem Kind die Schokolade zu kaufen oder nicht. Kauft sie die Schokolade ist alles in Ordnung für das Kind, kauft sie sie nicht, muss das auch in Ordnung sein für das Kind. Kauft sie die Schokolade immer, wenn das Kind sich eine wünscht, wird das Kind irgendwann meinen, alle seine Wünsche der Mutter gegenüber ( und vielleicht sogar des Lebens gegenüber) müssten immer erfüllt werden. Es lernt kaum, mit Enttäuschungen umzugehen. Eine gute Mutter muss also auch mal ihrem Kind einen Wunsch abschlagen. Nun treten manchmal Trotzreaktionen des Kindes ein (übrigens auch bei Erwachsenen ;)). Damit muss die Mutter umgehen. Sie muss ihre Autorität bewahren. Wenn sie jetzt wegen der Trotzreaktion ihres Kindes die Schokolade kauft, hat sie ihrem Kind signalisiert, dass es nur trotzig genug sein muss, um ans Ziel zu kommen und damit den Willen anderer zu seinen Gunsten beeinflussen kann. Das kann hin und wieder von Vorteil sein. Damit kommt eine kämpferische Komponente in das Leben des Kindes, es gibt vielleicht später nicht so leicht auf. Wenn es aber immer geschieht, wird das Kind meinen, es kommt mit Trotz immer ans Ziel und alle Welt müsse ihm dienen, sonst ist die Welt nicht gut. Leider gibt es diese Einstellung heute verbreitet. Nennt sich Egoismus. Kurz, die Mutter muss immer entscheiden, welche ihrer Reaktionen jetzt angebracht ist und wie sie ihr Kind möglichst stringent belohnt und sanktioniert, dass das Kind eine Lebensgrundlage aufbauen kann. Das ist glaube ich eine gute Erziehung. Das heißt aber immer auch, die Mutter/ der Vater behält die Macht und die Kontrolle. Die Erzieher müssen ihre Macht mit Gewalt behalten. Nicht mit körperlicher, sondern mit struktureller Gewalt.