Da ging es mir gerade umgekehrt.Axel hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 01:54 In der ersten Folge nervte mich das ständige Geschwenke anstelle eines Schnitts. Ich dachte, das funktioniert nicht richtig, ist zu gewollt. Ich kam auch nicht so richtig rein.
Die zweite Folge war wirklich eine logistische Meisterleistung. Die Massenszenen mit jugendlichen Laiendarstellern, Wahnsinn. Aber hier war die Kamera wiederum sehr elegant, die Crew war viel souveräner (Übung macht den Meister). Ich würde es immer noch als Mätzchen bezeichnen, aber es war gekonnt.
Die dritte Folge war der Hammer. Keine Mätzchen mehr: ich nahm die Kamera kaum noch wahr. Und das Schauspiel (was mMn immer heißt, die Regie) war Spitzenklasse.
Das galt auch für die vierte und letzte. Eine solche Intensität habe ich lange nicht mehr gesehen.
Ohne es gesehen zu haben, das ist die Kollaboration von Cinematographer, Art Department/Set Designern und Regie. Roger Deakins zB macht das wann immer möglich und nutzt nach seinen Vorstellungen ins Set gebaute Practicals. Durch entsprechendes Blocking und Staging stellen die Darsteller sich dann quasi selbst ins richtige Licht. Bei Bedarf kann auch jemand mit einem mobilen China Ball mitlaufen.
Da muss man schon den Vergleich zu "1917" ziehen.
Ich finde sehr gut, dass wir hier auch über persönliche Reaktionen reden. Es kann natürlich sein, dass ich in der ersten Folge noch zu sehr auf die Kamera geachtet habe und später dran gewöhnt war. Aber ich bezweifle, dass das ausschlaggebend ist. Oft dachte ich, tja, das ist ein ungünstiger Blickwinkel, unfreiwilliges Blocking, das ein Perspektivenwechsel nach einem Schnitt hätte vermeiden können. Wenn mir das auffällt, dann heißt das was, denn ich achte gar nicht bewusst darauf, sondern es muss mir auffallen, es muss sich mir aufdrängen. Wenn in Folge 1 häufig der Hinterkopf zu sehen war, dann erinnerte ich mich an eine Lektion aus der Filmschule. Das kann eine Art inneren POV zeigen. Man sieht nicht das Gesicht der Person, sondern denkt quasi durch sie hindurch. Kann besser sein als die mimische Reaktion zu zeigen. Aber in Folge 1 spürte ich eher den Blick der Crew, der beweglichen vierten Wand. In Folge 4 fragte ich mich oft bewusst, hätte man das besser kadrieren können? Und antwortete mir selbst erstaunt: kaum.
Eine Szene durchspielen kann man auch während mehrere Kameras im Einsatz sind.Axel hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 11:15Ich finde sehr gut, dass wir hier auch über persönliche Reaktionen reden. Es kann natürlich sein, dass ich in der ersten Folge noch zu sehr auf die Kamera geachtet habe und später dran gewöhnt war. Aber ich bezweifle, dass das ausschlaggebend ist. Oft dachte ich, tja, das ist ein ungünstiger Blickwinkel, unfreiwilliges Blocking, das ein Perspektivenwechsel nach einem Schnitt hätte vermeiden können. Wenn mir das auffällt, dann heißt das was, denn ich achte gar nicht bewusst darauf, sondern es muss mir auffallen, es muss sich mir aufdrängen. Wenn in Folge 1 häufig der Hinterkopf zu sehen war, dann erinnerte ich mich an eine Lektion aus der Filmschule. Das kann eine Art inneren POV zeigen. Man sieht nicht das Gesicht der Person, sondern denkt quasi durch sie hindurch. Kann besser sein als die mimische Reaktion zu zeigen. Aber in Folge 1 spürte ich eher den Blick der Crew, der beweglichen vierten Wand. In Folge 4 fragte ich mich oft bewusst, hätte man das besser kadrieren können? Und antwortete mir selbst erstaunt: kaum.
Die Darsteller geben an, mehr in ihrer Rolle zu sein durch die kontinuierliche Szene. Das nehme ich davon mit. Ein „Oner“ nicht als proof of concept, sondern als Frage an den Schnitt. Sollte ich, wenn der Inhalt erfasst ist, wirklich schneiden (die menschliche Wahrnehmung imitierend, „in the blink of an eye“)? Wann zerschneide ich damit gleichzeitig den Spannungsfaden? Muss jeder Take etwas Neues etablieren?
Exakt die Stellen, die mir auch aufgefallen waren.
Oder man kann dasselbe mit einer Kamera machen und dann mehreren Takes. Oder eine Mischung aus beidem. Würde auch die Continuity vereinfachen.
Es ist ja auch kein wissenschaftlicher Begriff und keine Klassifizierung einer Erkrankung.Axel hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 17:49Exakt die Stellen, die mir auch aufgefallen waren.
Oder man kann dasselbe mit einer Kamera machen und dann mehreren Takes. Oder eine Mischung aus beidem. Würde auch die Continuity vereinfachen.
Ich sah ein längeres Interview mit einem Spezialisten für die Incels. Er sagte, der Fall sei untypisch. Incels müssen entweder dumm sein, sodass sie unfähig sind, ihre Lage zu reflektieren oder Autisten (bzw. hoch im autistischen Spektrum). Und tatsächlich seien über 30% der Incels Autisten (Gesamtbevölkerung ca. 1%). Der Junge in der Serie habe Freunde und sei hochintelligent, er könne eher ein Psychopath sein.
Inhaltlich greift die Serie diese Themen auf, versucht aber (glücklicherweise) keine Analyseansätze oder gar Antworten zu liefern.
Es ist schon ein soziales Phänomen, das wissenschaftlich untersucht wird. Die „Unzöls“ waren mir als Boomer bis vor kurzem unbekannt. Von Red- und Bluepilling hatte ich gehört, ich brachte es aber nie mit einer Verschwörungstheorie in Zusammenhang, die besagte, dass 20 % der Männer 80 % der Frauen abkriegen (heißt das übrigens, dass 80 % männliche Versager sich den, äh, indiskutablen Rest von 20 % teilen müssen, das Aas, den „Roadkill“, die Katzenladies?).iasi hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 18:49Es ist ja auch kein wissenschaftlicher Begriff und keine Klassifizierung einer Erkrankung.Axel hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 17:49
Ich sah ein längeres Interview mit einem Spezialisten für die Incels. Er sagte, der Fall sei untypisch. Incels müssen entweder dumm sein, sodass sie unfähig sind, ihre Lage zu reflektieren oder Autisten (bzw. hoch im autistischen Spektrum). Und tatsächlich seien über 30% der Incels Autisten (Gesamtbevölkerung ca. 1%). Der Junge in der Serie habe Freunde und sei hochintelligent, er könne eher ein Psychopath sein.
Auf all das geht die Serie ja gar nicht ein, sondern animiert gerade dadurch den Zuschauer - wie auch dich - sich mit den angeschnittenen Themen zu befassen.Axel hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 19:40Es ist schon ein soziales Phänomen, das wissenschaftlich untersucht wird. Die „Unzöls“ waren mir als Boomer bis vor kurzem unbekannt. Von Red- und Bluepilling hatte ich gehört, ich brachte es aber nie mit einer Verschwörungstheorie in Zusammenhang, die besagte, dass 20 % der Männer 80 % der Frauen abkriegen (heißt das übrigens, dass 80 % männliche Versager sich den, äh, indiskutablen Rest von 20 % teilen müssen, das Aas, den „Roadkill“, die Katzenladies?).
Früher, meine ich, passte doch auf jeden Topf auch irgendein Deckel. Obwohl das Augenmerk auf die „inneren Werte“ als weibliche Gefühlsduselei abgetan wurde („innere Werte kann man nicht ****“), richteten sich trotzdem die meisten danach. Models waren zum „Weiterschicken“. Klar auch ein kranker Machismo. Aber wie die modernen männlichen Opfer zeigen sind wir nicht viel weitergekommen seither.
Wie Frank Mackie aus Magnolia („tame her!“) sind alle Männer, die ihre Geschlechtsrolle hierarchisch verstehen, Psychokrüppel. Sie messen ihren Wert nicht daran, was sie für andere tun, sondern wie ihr Status unter anderen Männern ist. Das verstehe ich unter toxischer Maskulinität.
Ach daher habe ich beim Schauen diese Kopfschmerzen bekommen 👻
Dazu die Rückfrag für Leser des ganzen Artikels:
Mittlerweile habe ich einige negative Reviews gesehen, die nicht die Machart der Serie beanstanden, sondern ihre “Agenda”. Die Steelman-Zusammenfassung:iasi hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 20:26Auf all das geht die Serie ja gar nicht ein, sondern animiert gerade dadurch den Zuschauer - wie auch dich - sich mit den angeschnittenen Themen zu befassen.Axel hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 19:40Von Red- und Bluepilling hatte ich gehört, ich brachte es aber nie mit einer Verschwörungstheorie in Zusammenhang, die besagte, dass 20 % der Männer 80 % der Frauen abkriegen (heißt das übrigens, dass 80 % männliche Versager sich den, äh, indiskutablen Rest von 20 % teilen müssen, das Aas, den „Roadkill“, die Katzenladies?).
(…)
Sie messen ihren Wert nicht daran, was sie für andere tun, sondern wie ihr Status unter anderen Männern ist. Das verstehe ich unter toxischer Maskulinität.
Letztlich wird ja nichts von all dem gezeigt, das den Jungen zu der Tat getrieben hat, sondern nur darüber geredet.
"Schulinferno"?Axel hat geschrieben: ↑Do 27 Mär, 2025 12:26Mittlerweile habe ich einige negative Reviews gesehen, die nicht die Machart der Serie beanstanden, sondern ihre “Agenda”. Die Steelman-Zusammenfassung:iasi hat geschrieben: ↑Mo 24 Mär, 2025 20:26
Auf all das geht die Serie ja gar nicht ein, sondern animiert gerade dadurch den Zuschauer - wie auch dich - sich mit den angeschnittenen Themen zu befassen.
Letztlich wird ja nichts von all dem gezeigt, das den Jungen zu der Tat getrieben hat, sondern nur darüber geredet.
Wir leben seit Jahrzehnten in einem sozialen Klima femininer (und feministischer) Toxizität, in der „Männlichkeit“ permanent mit der Tendenz zu Gewalt und Sexismus in Verbindung gebracht wird. Ein 13-Jähriger kann sich in dieser passiv-aggressiven Atmosphäre nicht erfolgreich sozialisieren, geschweige denn individuieren. Denn alle positiven männlichen Instinkte (also das - vereinfacht gesagt, in Wirklichkeit ist es komplexer- von Testosteron getriggerte Verhalten) wie Beschützen, Verteidigen, für Sicherheit Sorgen, für die Zukunft aktiv Werden, sind Sublimationen, gezähmte Primärtriebe. Heißt: wer nie in der Kindheit und Adoleszenz eine Bestie sein durfte, kann niemals ein Ritter oder Prinz, kann niemals ein Held sein.
Das Verhältnis von 80/20 sei (das habe ich nicht nachgeprüft) kein erfundener Mythos, sondern die Statistik von D@ting-Apps, also real.
In der zweiten Folge sehen die Kritiker diese Sicht bestätigt. Schüler und Lehrer haben keinerlei Respekt, es gibt keine „boundaries“. Alle laufen verständnislos und kopfschüttelnd durch dieses Schulinferno. Es sei das Ergebnis einer die menschliche und männliche Natur verleugnenden Gesellschaftshaltung. Andrew Tate und Konsorten seien bedauerlicherweise die Nutznießer dieser Misere. Die restliche Zivilgesellschaft betrachtet männliche Bedürfnisse mittlerweile als pfui.
Nur, um die Diskussion zu bereichern.
Vielleicht interessieren dich Reportagen über die Zustände an den Schulen nicht sonderlich, vielleicht kennst du privat keine Lehrer oder hast keine eigenen Kinder in dem System?
Ich würde so sagen: die Serie hat gar keine wirklich belegbare "Agenda", weil genau die o.g. These sich auch in der Handlung von Adolescence spiegeln könnte. Seht her, was passieren kann, wenn Männer unterdrückt werden!
Genau. Jedoch, würdest du nicht zustimmen, dass immer wenn es der jeweiligen Seite in den Kram passt, die angeblich naturgewollten Attribute des Geschlechts hervorgehoben werden?
Gene? Es gibt histlogische, morphologische, hormonelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Das sind harte Fakten, wiewohl gerne, wenn es den o.e. jeweiligen Seiten in den Kram passt, ideologisch interpretiert.
In diesem Zusammenhang scheint mir das soziologische Modell der Rolle besonders nützlich zu sein. Es gibt u.a. Rollen-Erwartungen und Rollen-Konflikte, und bereits dieses Begriffspaar erklärt fast von selbst, was hier im Argen liegt. Es wäre interessant zu wissen, welche Rolle die genannten 20% der in den D@ting-Apps bevorzugten Männer spielen. Entfernen sie sich wirklich von "ihren eigenen Rollenbildern"? Man müsste A.I. anhand der Apps den idealen Mann generieren lassen. Und was ist die Rolle, die der moderne Mann spielen soll?
Welche Rolle moderne Männer spielen sollen? Äh, welchen Job übst du nochmal aus, in welchem Bereich ;)Axel hat geschrieben: ↑Fr 28 Mär, 2025 12:16Vielleicht interessieren dich Reportagen über die Zustände an den Schulen nicht sonderlich, vielleicht kennst du privat keine Lehrer oder hast keine eigenen Kinder in dem System?Ich würde so sagen: die Serie hat gar keine wirklich belegbare "Agenda", weil genau die o.g. These sich auch in der Handlung von Adolescence spiegeln könnte. Seht her, was passieren kann, wenn Männer unterdrückt werden!Genau. Jedoch, würdest du nicht zustimmen, dass immer wenn es der jeweiligen Seite in den Kram passt, die angeblich naturgewollten Attribute des Geschlechts hervorgehoben werden?Gene? Es gibt histlogische, morphologische, hormonelle Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Das sind harte Fakten, wiewohl gerne, wenn es den o.e. jeweiligen Seiten in den Kram passt, ideologisch interpretiert.In diesem Zusammenhang scheint mir das soziologische Modell der Rolle besonders nützlich zu sein. Es gibt u.a. Rollen-Erwartungen und Rollen-Konflikte, und bereits dieses Begriffspaar erklärt fast von selbst, was hier im Argen liegt. Es wäre interessant zu wissen, welche Rolle die genannten 20% der in den D@ting-Apps bevorzugten Männer spielen. Entfernen sie sich wirklich von "ihren eigenen Rollenbildern"? Man müsste A.I. anhand der Apps den idealen Mann generieren lassen. Und was ist die Rolle, die der moderne Mann spielen soll?