Axel hat geschrieben: ↑Mo 05 Mär, 2018 18:48
Ich bin noch gespannt, was Funless zu der Beichtstuhl-Szene zu sagen hat. Er deutete an, ein stichhaltiges Argument zu haben.
Ich weiß nicht ob meine Argumente stichhaltig sind, alles was ich hier zum Thema schreibe ist nur meine Sicht der Dinge. Achtung, es folgt ein langer Text.
Ich habe mir jetzt extra nochmal die Beichtstuhl Szene auf Netflix angeschaut, natürlich nach wie vor in SDR, dennoch habe ich diesmal dabei versucht mir Axels HDR Beschreibung dazu zu denken, also sie vor meinem inneren Auge vorzustellen (ich weiß, dass es blöd klingt aber ich kann‘s nicht besser formulieren und hoffe, dass dennoch verstanden wird wie ich‘s meine).
Anyway, ich will nicht anzweifeln, dass diese Szene in HDR
intensiver rüberkommen würde, bleibe jedoch dabei, dass die
eigentliche Intensität aus Charlie Cox‘ Schauspielkunst, respektive seiner Mimik und dem Drehbuch (dem quasi Dialog mit dem Pfarrer) resultiert. Mit Axels Beschreibung im Hinterkopf stelle ich mir diese Szene in HDR als „nice to have“ aber nicht als „must have“ vor. Ich kann mir zudem auch gut vorstellen, dass (gut eingesetztes) HDR dem einen oder anderen Zuschauer (oder besser gesagt: Betrachter) in einen gewissen Rauschzustand versetzen kann. Desöfteren fiel an der einen oder anderen Stelle dieses Threads im Zusammenhang mit HDR das Argument der gesteigerten Immersion. Auch das will ich per se nicht abstreiten. Doch stelle ich mir weiterhin die Frage wieviel zusätzlich künstlich gesteigerte Immersion in einem Kinofilm oder TV-Serie noch benötigt wird, als die welche bereits zur Verfügung steht.
Ich möchte für die noch nachfolgenden Ergüsse in diesem Post vorab anmerken, dass ich mich selbst als Filmliebhaber schimpfe, auch wenn ich Aufgrund fehlendem technischen Know-How oder mangelnder praktischer Erfahrung wahrscheinlich Filme nicht in der Art werde sehen können wie Axel oder cantsin oder Frank Glencairn oder WoWu oder Peppermintpost oder viele weitere hier in der Lage sind. Deshalb schaue ich Filme in Anbetracht des handwerklichen sowie technischen Aspekts eher sekundär und nehme sie in der Regel als Gesamtwerk wahr ohne aber die o.g. Punkte ganz außer Acht zu lassen.
Nachfolgend möchte ich als exemplarisches Beispiel einen 36 Jahre alten Film anführen der auf den ersten Blick, bzw. als erster Gedankenblitz ein absoluter Kandidat für ein HDR Remaster Kandidat wäre. Dennoch werde ich versuchen darzulegen, dass solch ein HDR Upgrade den Film
als Ganzes nicht verbessern würde: John Carpenters
The Thing.
Dieser Film spielt bekanntermaßen in der Antarktis. In der Eröffnungssequenz wird der infizierte Husky von dem norwegischen Helikopter verfolgt. Man sieht Panoramaaufnahmen (perfekt zum betrachten) der schneebedeckten Einöde (übrigens kann man sogar in üblem Maße von Schnee geblendet werden - das nur am Rande). Unten ein paar Screengrabs der Sequenz zur Veranschaulichung.
Man könnte also argumentieren, in HDR wäre die Szene viel immersiver. Dem würde ich widersprechen. Eine noch größere Immersion wäre kontraproduktiv. Der Zuschauer soll bei dieser Szene nicht den Drang verspüren in die Leinwand zu springen um den Armen Schlittenhund vor seinen zwei norwegischen Peinigern zu retten, sondern soll sich nur fragen was zu Hölle da los ist. Die Distanz
ist gewünscht. Wäre der Himmel und der Schnee ein paar Blenden (oder meinetwegen Nits) heller würde das die Intensität steigern oder würde es eher ablenken? Ich für meinen Teil bin vom letzteren überzeugt. Gut, man könnte dagegen argumentieren, dass man ja auch nur um Nuancen heller darstellen könnte. Doch auch hier meine Gegenfrage: Bräuchte es die Szene wirklich?
Etwas später im Verlauf des Films kommt die Besatzung der Forschungsstation mitten in der Nacht (wann den auch sonst, ist ja ein Gruselfilm) zum ersten Mal in den direkten Kontakt mit der Außerirdischen Entität. Ein transformierter Kollege wird außerhalb der Station gezwungenermaßen verbrannt und die Protagonisten stehen im Halbkreis drum herum und schauen sich das Spektakel schockiert ob des Schreckens der ihnen widerfährt an. Unten wieder ein Screengrab zur Veranschaulichung.
Auch hier die Szene als erster Gedanke ein idealer HDR Upgrade Kandidat. Doch betrachtet man die Sequenz etwas genauer (nettes Wortspiel), kann problemlos und recht schnell festgestellt werden, dass der Einsatz von Framing, Schnitt und Lichtsetzung für diese Szene bereits perfekt ist. Jede weitere zusätzliche DR oder Helligkeit oder Zeichnung in irgendwelchen Schatten würde diese Szene nicht intensivieren, sondern eher abschwächen.
Zu
The Thing muss noch angemerkt werden (gerade im Zusammenhang mit HDR), dass Dean Cundey, der DoP des Films, im letzten Jahr im Rahmen der 4K Neuabtastung des Films offenbarte (da fällt mir ein, dass ich mir noch die entsprechende BluRay von Arrow Video bestellen wollte), dass für den aufmerksamen Zuschauer während des gesamtes Films erkennbar war, wer von den Protagonisten infiziert ist und wer nicht. Bei allen infizierten fehlte das Leuchten in den Augen, das wurde damals u.a. mit entsprechend aufwändiger Beleuchtung realisiert. Und es stimmt, wenn man es weiß, dann sieht man es auch (beantwortet übrigens auch die Frage wer von den beiden letzten Überlebenden am Schluß des Films infiziert ist). Und man sieht es sogar sehr gut in SDR.
Was ich mit meinem obigen als repräsentativ anzusehendes
The Thing Beispiel mehr schlecht als recht sagen möchte ist, dass die Filme mit der
genau gewünschten Wirkung realisiert wurden. Die Distanz dort wo es nötig ist genauso wie die Nähe an anderer Stelle.
Ich will nicht behaupten, dass HDR in AV-Produktionen komplett überflüssig ist. Ich kann es mir bspw. in Naturdokumentationen als ungeheuren Mehrwert vorstellen, ebenso in Sportübertragungen.
HDR wird zudem im Gaming Bereich kein Gimmick, sondern der kommende Standard werden. Ich postuliere sogar, dass spätestens in vier Jahren (wahrscheinlich sogar früher) kein A bis AAA Game released wird welches kein HDR hat. Ob in der Zeit ausschließlich HDR AV Content vorhanden sein wird wage ich ehrlich gesagt zu bezweifeln. Für AV sehe ich HDR als Add-on (und das meine ich nicht abwertend). Ich denke mein Vergleich einige Posts weiter oben zu den damaligen Audiofreaks passt eigentlich ganz gut. Und auch das ist nicht abwertend gemeint.
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