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Wie gefiel Euch VIVARIUM?



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klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

Ja, wie findet oder fandet Ihr ihn eigentlich?
Ich muß sagen das der Film ein absolutes Highlight in den letzten Jahren darstellt und ich einen derartigen Film noch nicht gesehen habe.

Er wird sehr oft verissen, was ich nicht verstehen kann.
Wie ist das bei Euch?

"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



Skeptiker
Beiträge: 5906

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Skeptiker »

Interessanter Filmtipp!

Ich habe den Film nicht gesehen, kannte ihn gar nicht und sah mir jetzt nur den Trailer an und auf rottentomatoes die vergebenen Punktzahlen durch Kritiker/Publikum (73%/39%).

Aufgrund des Trailers werde ich mir den schrägen 'Streifen' mal ansehen, kann aber noch nicht einschätzen, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt (generell Mystery/Spannung / Sci-Fi-Dystopie oder eher (blutiger?) Horror). Mehr darüber lesen will jetzt noch nicht, die Irrfahrt mit dem Auto durch die Retorten-Siedlung erinnert mich etwas an die Insel-Irrfahrten von Jim Carrey in der Truman Show von Peter Weir (1998), einen meiner Allzeit-Favoriten.



klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

Ja etwas Truman feeling ist tatsächlich drin, bleibt ja auch nicht aus.
Ansonsten schwer einzuschätzen, auf jedenfall extrem psycho und verstörend.

Mein Sohn sagt immer das ist der abgefahrenste Streifen den er je gesehen hat und meine Frau konnte ihn sich wegen starker Beklemmungsgefühle nicht bis zum Schluß ansehen, der aufjedenfall unerwartet kommt.

Ansonsten steigert sich der Streifen von etwas kurios/witzig in kaum auszuhalten.
Die Gefühle die er wohl bei den meißten Menschen hervorruft sind für einen Film unüblich und gleichzeitig beeindruckend, was auch der Grund ist, warum ich ihn gerade aktuell wieder gucke.
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



Alex
Beiträge: 1330

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Alex »

Hmm, die IMDb ist recht mickrig mit 5,8/10
https://www.imdb.com/title/tt8368406/

Gibts bei Amazon grad nur für Moneten. Guck ich vielleicht mal, wenn er ohne Aufpreis zu gucken ist...



klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

Ich habe mal nachgeschaut was der junge Regisseur sonst noch so gemacht hat und bin auf das relativ neue und wohl relativ unbekannte Werk "Nocebo" gestossen und mir dann Gestern auch schon angesehen.

Ich bin wiedermal geflasht, was ein genialer Streifen mit gutem Plot-Twist und wiedermal starken Gefühlen und Bildern.
Keine Ahnung wie der Mann das macht, aber ich wurde wieder voll abgeholt.

Der Trailer kann nicht viel bieten, weil er sonst zu viel verrät und ich denke auch dieser Film ist nicht fürs breite Publikum gemacht, aber für eine kleine Summe an Zuschauern wird er wahrscheinlich eine Besonderheit und von hohem Wert sein.

Für mich zumindest allemale sehenswerter als so Kassenschlager wie Bond oder MIP etc. ;-)



https://www.scary-movies.de/117108/trailer-nocebo
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



ruessel
Beiträge: 9757

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von ruessel »

Danke für den Tipp, habe die BD mal bestellt.
Gruss vom Ruessel



Skeptiker
Beiträge: 5906

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Skeptiker »

klusterdegenerierung hat geschrieben: Mo 24 Apr, 2023 10:35 Ich habe mal nachgeschaut was der junge Regisseur sonst noch so gemacht hat und bin auf das relativ neue und wohl relativ unbekannte Werk "Nocebo" gestossen und mir dann Gestern auch schon angesehen. ...
Ich habe mir gestern Vivarium angesehen.
Und mich danach - ich konnte es nicht lassen - bereits gestern spät abends und auch heute Morgen nochmals im www umgeschaut - nach den beiden irischen Filmemachern Finnegan und Shanley (Story / Drehbuch / Regie) und den Schauspielern Imogen Poots (sie) und Jesse Eisenberg (er) sowie den übrigen britischen und irischen Akteuren. Und auch nach der Geschichte, die mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.
Ein Rätsel-Film mit Nachhall im Kopf.

Und bin dabei auch auf das neuste Werk der Autoren "Nocebo" (Latein "ich werde schaden" - das Gegenteil von "Placebo") gestossen, ohne dass ich es gesehen hätte (kann ja noch werden).

Ich könnte nun alles Mögliche schreiben, zögere aber, weil ich nicht zu viel verraten möchte.
Vielleicht nur den Beginn des Films:
Ein Vogelnest, darin ein nackter Jungvogel, recht gross, ein kleinerer, nackter Jungvogel (oder sind es zwei?) und ein Ei. Der grössere Geschlüpfte bewegt sich mit dem Ei halb auf dem Rücken unbeholfen aber stetig in Richtung Nestrand und befördert es schliesslich darüber hinaus. Dann geht es weiter mit dem (den) kleineren Küken bis schliesslich nur noch der Leer-Räumer im Nest ist - offensichtlich ein Kuckuck ("One remained in the Cuckoo's Nest").

Neue Szene: Ein kleines Mädchen steht unterhalb des Baums und betrachtet die toten Jungvögel auf der Wiese. Die Lehrerin auf dem Weg nach Hause bleibt stehen, und das Kind fragt, wer das gewesen sei. Die Antwort der Lehrerin: Vielleicht war es ein Kuckuck. Und wie und warum konnte das passieren? Antwort: That's Nature!

Dann Überraschung: Der Mann/Lebenspartner der Lehrerin meldet sich aus dem Baum (er ist Gärtner) und steigt eine Leiter herab. Man umarmt sich, es wir ein kleines Grab ausgehoben und die beiden Küken darin beerdigt inkl. kurzem Andachtsmoment über ein so kurzes Leben.
Dann werden die Gartengeräte im Auto verstaut, und das Paar fährt ab.

Harter Schnitt.

Eintritt der Beiden in eine Immobilien-Agentur / Hausvermittlung mit einem etwas exzentrischen Berater, der eine Fahrt zur neuen Einfamilien-Siedlung "Yonder" (da steckt auch das Wort "beyond" mit drin, las ich) empfiehlt, die etwas ausserhalb der Stadt (in den Suburbs) liegt.
Dort angekommen, reiht sich Haus an Haus, Vorgarten an Vorgarten - man hält vor dem Haus Nr. 9 und tritt zusammen mit dem enthusiastischen Berater ein. Dann nimmt die Geschichte ihren Lauf.

Fazit:
Ein besonderer Film, der etwas kontemplatives Durchhaltevermögen verlangt. Aber es hat sich gelohnt. Bietet der Film Action? Nicht unbedingt, nur punktuell. Gibt es Überraschungen? Ja, aber dazwischen auch längere Wartephasen. Gibt es Spannung? Ja - im Sinn von Hitcocks "Suspense". Beginnend mit dem Eintritt ins Haus Nr. 9. Man ahnt etwas, aber weiss nichts Genaueres. Wie sind die Dialoge? Na ja ... Ergibt das Ganze einen Sinn? Hängt vom Betrachter ab - kann jedenfalls nachdenklicher stimmen als so mancher Action-Kracher.

Ist das ein typischer Kinofilm? Eher ein untypischer. Beim Filmtitel "Vivarium" musste ich an ein Terrarium denken, und Wikipedia teilte mir dann mit, dass dieser Oberbegriff auch ein Aquarium einschliesen kann. Allgemein geht es um einen geschlossenen, kleinen Lebensraum für eine Gruppe von Tieren und Pfanzen. Ein kleines Biotop in einer Kammer. Und ein Film darüber wäre dann ein Kammerspiel.
klusterdegenerierung hat geschrieben: Mo 24 Apr, 2023 10:35... Für mich zumindest allemale sehenswerter als so Kassenschlager wie Bond oder MIP etc. ;-)
Aber James Bond und Mission Impossible tun wohldosiert (alle paar Jahre wieder) auch ganz gut - Die Abwechslung macht's!

Danke an klusterdegenerierung für den Filmtipp!



klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

Hallo Skeptiker, danke für die gelungene Ausführung, toll und echt zutreffend!
Zum Thema "Nocebo!

Wenn man ihn sehen will, man findet ihn und es lohnt sich, mehr noch als Vivarium, nach meinem Geschmack.
Nocebo lässt einen bis zum Schluß Rätseln, wenn man nicht ein ganz erfahrener Filmegucker ist und sich gut auskennt und vieles sieht und ahnt.

Deswegen ist dieser Film auch klasse zum 2x schauen, dann kommt noch mal der Aha Effekt, oder ich bin zu dumm alles beim ersten mal zu sehen, man weiß es nicht. ;-) Aufjeden Fall unbedingt gucken, krasse Bilder, krasse Einstellungen, krasse CGIs und VFX und eine super Story mit klasse Schaupielern mit gelungenem Schauspiel, sehr sehenswert, wirklich! :-)

Auch hier ist es genauso, deswegen kann der Trailer auch kaum was bieten, man darf nicht zu viel erfahren bzw sehen, denn alles soll sich erst zum Schluß auflösen, dann aber mit aller Kraft.
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



7River
Beiträge: 3732

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von 7River »

Ja, war ein interessanter Film. Er lädt zum Nachdenken ein. Er erinnert mich ein kleinwenig an „Die Vergessenen“ mit Julianne Moore, wo eine höhere Macht Kinder entführt hat und dabei die Bindung zwischen Mutter und Kind unterschätzt hat. Hier in diesem Film hat die höhere Macht die Illusion der realen Welt ja auch nicht richtig hinbekommen.
„Wissen Sie, Ryback, aussehen tut's köstlich. Aber riechen tut's wie Schweinefraß. Ich hab' Ihren Scheiß lang genug geduldet. Nur weil der Captain die Art liebt, wie Sie kochen. Aber dieses eine Mal ist er nicht hier und wird Ihnen nicht helfen können.“



Alex
Beiträge: 1330

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Alex »

Endlich mal dazu gekommen den Film zu gucken... Mein Fazit: Hmmmm(pf)...

Interessanter Film, ohne Zweifel. Die Story hat schon was, alles um den Makler fand ich gut inszeniert und gespielt, von allen Beteiligten, die diese Rolle spielen, aber mich haben viele Dinge gestört, das sind so Kleinigkeiten, bei denen ich denke, boah ne, so würde kein normaler Mensch in der Situation regieren, zumindest kann ich es nicht nachvollziehen und dann bin ich auch raus, wenn das öfters passiert. Ein paar kleine Beispiele:

Der Mann ist ein Handwerker (Gärtner, Landschaftspfleger, jedenfalls ein Mann der Tat), hat aber keine Peilung wie man eine Leiter auf dem Auto befestigt (ist ja sein tägliches Werkzeug). Die schlecht befestigte Leiter bekommt auch keinen Plot mehr, was man eigentlich erwartet hätte...Was soll die Szene?

Warum er erst ein Loch für den Vogel mit der Schaufel aushebt, den toten Vogel dann aber mit den Händen ausgiebig begrabscht, erschließt sich mir nicht. Keine Ahnung, wer das von euch so machen würde, ich jedenfalls nicht.

Sie sagt ihm, er solle ein anderes TShirt anziehen, weil er stinkt...: Er reagiert total(!) überrascht, zückt aber dann sofort ein neues TShirt aus dem Auto,...sollte also völlig normal für ihn sein und er sollte eigentlich nach schwitzender Arbeit von sich aus das neue TShirt anziehen. Aber was das mit der Story zu tun hat, verstehe ich auch nicht. Ich denke bei solchen anfänglichen Details, es wird später in der Story nochmal aufgegriffen, aber da kommt dann nix mehr. Irgendwie sinnlos.

Als sie im Auto fahren und immer wieder zur 9 kommen, will er das Steuer übernehmen, völlig witzlos, er hätte seiner Freundin auch sagen können, wie sie zu fahren hat. Warum man sein Profil so (sinnlos) überspitzt, habe ich nicht verstanden.

Sie fahren Stunden umher und der Motor geht aus. Er versucht erst mehrfach versuchen den Wagen wieder zu starten, bevor er (nachdem man stundenlang Rumfahren) feststellt, dass der Tank leer ist? Niemals in den ganzen Stunden auf den Tank geguckt? Hallo? Wie gesagt, das Profil des Mannes beschreibt einen Handwerker, der es gewohnt sein sollte Autos zu fahren.
Dann auch noch für den letzten in der Kino-Reihe beim Closeup auf die Tanknadel zu sagen "Der Tank ist leer"...Wow, okay sollte spätestens jetzt jeder begriffen haben, warum die Karre nicht mehr läuft *rolleyes*

Diese dämlichen Zigaretten-Szenen, erst dass er im Auto raucht, obwohl er weiß, sie stört es (er könnte ja ohne Probleme kurz anhalten und draußen rauchen). Dazu sieht man sofort, dass er kein Raucher im echten Leben ist und es sieht einfach nur panne aus. Und warum man im Anschluss einen stundenlangen Zeitsprung ausgerechnet über eine abgebrannte Zigarette (die in 3 Minuten abbrennt) am Boden erzählen muss, erschließt sich mir auch nicht...
Generell die ganze Zigarettensache, wo hat er die eigentlich her? Bis zum Schluss hat er Kippen, wie viele Stangen hatte er im Auto?

Sie schauen sich den Garten an und wollen den Makler was fragen, der ist aber gerade nicht da...Hey, jedes normale Pärchen würde einfach weiter die Immobilie angucken und erst nach längerer Zeit (nach einem Zeitsprung) anfangen nach ihm zu suchen. Aber nein, sie suchen ihn sofort...Da wird Story über Storytelling gestellt.

Haus verbrennen, ohne sich ein paar nützliche Sachen aus dem Haus mitzunehmen (zumindest das Essen) *stirnklatsch*, ein Mann aus der Praxis würde sowas Dummes nie tun.

Dann noch ein paar filmische Dinge dir mir aufgefallen sind (okay 4 Millionen Budget sind nicht viel, aber bei so wenig Cast&Location, man könnte mehr draus machen denke ich):

Super schlechtes CGI (okay, mag vielleicht so gewollt sein), diese computergenerierten Häuser/Straßen/Siedlung sind echt schlecht gemacht. Entweder das ist so gewollt, dann muss man es aber in die Story aufnehmen (warum kommen sie von der realen in eine fiktive Welt?) oder es muss realistischer aussehen, sonst bin ich raus. Es sieht eher nach Studentenfilm aus, (bei welchen ich schon bessere Ergebnisse gesehen habe).

Dieses miese Studio-Licht bei den Außenszenen in der Siedlung, jeder Schatten verrät mir sofort, dass es geleuchtet wurde, im Gegensatz zu z.B. Trumanshow. (nur weil das hier im Kontext schon erwähnt wurde).

Sie laufen einer ewigen Straße entlang...Aber als filmisches Mittel, diese Szene dann in Slomo laufen zu lassen? Ich könnte sofort ausschalten vor Langeweile...

Die Klamotten von denen sehen auch nach mehr als 100 Tagen (wahrscheinlich viel mehr in der Story) immer noch aus wie am ersten Tag...Ey, trag mal dein TShirt 100 Tage am Stück (mit waschen)...das sieht anders aus! Und das sollte auch anders aussehen, weil es sonst unglaubhaft wirkt. Dazu noch ihr absolut hässliches Outtfit, nur weil die Olle nen fetten Arsch hat, muss man sie doch nicht in eine viel zu große Hose stecken, mit nem Schlabberhemd drüber. Ich weiß, da kann man drüber diskutieren, aber ich finds einfach nur daneben, die Olle den ganzen Film in dem Kram zu sehen (müssen)... Kostüm hat hier völlig versagt, finde ich. Aber: Der Junge hat immer passende Klamotten, woher? ;-)



Also wie eingangs gesagt, ich fand den Film nicht schlecht, aber stellenweise sehr schlecht gemacht. Ich weiß, ich habe mir nur ein paar Stellen rausgepickt (ich hätte da aber noch einige mehr, reicht jetzt aber). Schade um das Drehbuch. Vielleicht gibt's mal ein Remake, das nicht so schlecht umgesetzt wird, dann hätte der Film viel mehr Potenzial.

Alles meine subjektive Meinung, die Wahrnehmung anderer scheint anders zu sein, das lasse ich auch gelten, aber für mich ist der Film nichts, obwohl ich es jetzt auch nicht bereut habe, ihn zu sehen. Aber die IMDB von 5,9 trifft es für mich gut.

Jetzt weiß ich aber wieder, warum ich mich so ungern schriftlich zu Filmkritiken äußere, man muss meist viel zu viel tippen ;-)



Skeptiker
Beiträge: 5906

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Skeptiker »

@Alex:
Interessante Details aus Filmer-Sicht, auf die ich weniger geachtet habe.

Der Film hat sicher Längen und benötigt "Sitzfleisch".
Ist etwas weit hergeholt, aber ein anderer Ire, der mit absurdem Theater einen Welterfolg landete, war Samuell Beckett, und das Stück (von ihm selbst nie gedeutet, so ähnlich wie bei Kubrick mit 2001) hiess Warten auf Godot.

Und Absurdität plus eine Portion (raben)schwarzen Humor erkenne ich auch hier.

Zu früheren TV-Zeiten wäre dieser Film wohl in der Rubrik "Das kleine Fernsehspiel" oder "Der besondere Film" gezeigt worden. Und man hätte keine Hollywoodmaßstäbe angelegt, was das gestylete Bild, die zugespitzte Aktion und vielleicht die (hier fehlende) übertriebene Gestik betrifft. Eher auf den Gesamteindruck und die Aussage (falls erkennbar) geachtet.

Aber die Zeiten sind vorbei, und hier im Film- & Filmtechnik-Forum ist ein scharfer Blick auf Regie-/Dramaturgie-/Schauspiel-/Bildanschluss-/Erzähl-Logik-/Bildtechnik-/Handlungs-/Ausstattungs-/ Etc.-Fehler ja nicht verkehrt.

Ich habe mir die Sache mit den "Klamotten" nochmals genauer angesehen: Ihren Schlabberlook finde ich duchaus passend für die Situation im Einfamilien-Vivarium (er wird teils von Jeans durchbrochen), und sein permanenter Grabungslook mit brauner Outdoor-Hose und Military-Hemd passt ganz gut dazu. So gesehen, ein harmonisches Paar! Steht beides in scharfem Kontrast zum Office-Look bzw. "Zeugen Jehovas"-Outfit der Aliens (jung wie alt).

Zu den (Zitat Alex) "dämlichen" Zigaretten-Szenen: Er stirb in ihren Armen ja nach einer letzten, existenziell-wichtigen Zigarette.

Zur ausweglosen Rundfahrt, bis der Tank leer ist: Immerhin hat der VW (man sieht die sich drehenden Radkappen mit dem inneren VW-Logo mal in Grossaufnahme, Stichwort 'Product Placement') eine Tankanzeige, die er - übermüdet oder in dunklen Gedanken? - erst zu spät beachtet, nachdem er geistesabwesend vergeblich die Zündung mehrfach startet.

Ein Detail zum blauen Wolken-Himmel mit Magritte-Wölkchen:
Wann taucht der eigentlich erstmals auf und markiert ganz unspektakulär den Übergang von real zu irreal?
Dazu bei bei 9:05 Min. die Vorbeifahrt an der Eingangstafel ins Familienhaus-Paradies beachten:

Yonder - YOU'RE HOME RIGHT NOW
Quality family homes.
Forever.

.. und dann vor allem das Links-Einschwenken in die Seitenstrasse ab 9:26 - voilà!

Und schliesslich die Frage: Was soll das alles?

Wegwerfgesellschaft? Jugend - Beruf - Familie samt Einfamilienhaus in 'netter', ruhiger Umgebung (Home sweet home) - und das war's ?
Warten und Hoffen? - Worauf?
Immer tiefer schürfen? - Wozu?
Aneinander vorbeileben - Warum?
"Ausgesaugt"/Ausgelaugt werden? Von wem/von was?
etc., etc. ..

Dazu äussert sich Regisseur und Mitautor (+, aus der Erinnerung(?): früher auch Werbefilmer(?)) Lorcan Finnegan (zusammen mit Story- und Drehbuchschreiber Garret Shanley für den Film verantwortlich) in einem Interview 2019:

Vivarium (2019) Director's Yonder Explanation Makes the Movie Even More Chilling
https://collider.com/vivarium-explained ... -finnegan/

Ein paar profundere Gedanken stecken also durchaus drin, nicht allzu präzise, teils etwas vage, aber jeder Zuschauer kann sich ja seinen eigenen Reim darauf machen - vielleicht holt ein jeder da raus, was schon in ihm drin steckt.



klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

ruessel hat geschrieben: Mo 24 Apr, 2023 11:57 Danke für den Tipp, habe die BD mal bestellt.
Hast Du ihn schon gucken können?
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



Skeptiker
Beiträge: 5906

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Skeptiker »

Unterdessen habe ich mir auch Nocebo (2022) derselben beiden Filmemacher Finnegan & Shanley angesehen.

Ist schon wieder eine Weile her, und eigentlich müsste ich den Film nochmals anschauen, bevor ich hier darüber schreibe.

Der Film ist professioneller gemacht als Vivarium (2019), obwohl es auch ein Kammerspiel ist, das grösstenteils in einem älteren Haus spielt.
Die Kamera ist variantenreicher, die Effekte (auch die speziellen) sind raffinierter, die Schauspieler hochkarätiger.

Was beide Fime gemeinsam haben: Es wird eine rätselhafte Geschichte erzählt, bei der sich die Nebel nur allmählich lichten. Hier (Nocebo) wird die Wartezeit bis zu Klärung filmisch besser verkürzt als in Vivarium, das im Vergleich doch recht steril wirkt und repetitive Story-Längen hat mit Warten und Graben, mit Hoffen und Verzweifeln und mit schrägen Auftritten des seltsamen Jungen.

Was auffällt: Wie stark die Geschichte durch die (durchaus beeindruckende) Mimik der Akteure erzählt wird, die immer wieder das Filmbild ausfüllt. Im Falle der gesundheitlich angeschlagenen Hauptdarstellerin "Christine" (Eva Green - u. a. ehemaliges "Casino Royal" Bond Girl 2006), Designerin von Kindermode, so schonunglos und permanent, dass es für mich als Zuschauer teils schon voyeuristisch wirkt.
Falls die Schauspieler pauschal pro Film und nicht im Detail pro Szene bzw. Anzahl Filmminuten bezahlt werden, könnte dieses Erzählen mit Gesichtern aus Produktions-Sicht sogar einen Kostenaspekt haben (quasi: So oft wie möglich ins Bild setzen - dient der zu füllenden Filmdauer fürs Kino & bezahlt ist das Nutzungsrecht an den Gesichtern schliesslich auch schon).

Die zweite Hauptdarstellerin, die im Vergleich zu den Hausbewohnern so zierliche Philippinin Chai Fonacier (Diana), erscheint irgendwann wie aus heiterem Himmel an der Haustür der Familie und beruft sich gegenüber der irritierten Chrstine darauf, von ihr angefordert worden zu sein als Haushalthilfe. Christine erinnert sich nicht, führt dies aber auf ihre schlechte Gesundheit samt gelegentlichen Verwirrungszuständen zurück und weist der Besucherin ein Zimmer im obersten Stockwerk zu.

Die Anwesenheit der neuen Hausbewohnerin führt im weiteren Verlauf zu Spannungen mit Ehemann Felix (Mark Strong - die Rolle ist etwas blass angelegt) und der gemeinsamen kleinen Tochter Bobs (Billie Gadsdon), die die Neuzugängerin zunächst ablehnt.
So nimmt die Geschichte ihren schon gewohnten Lauf, immer wieder unterbrochen von Angstzuständen, Schwächeanfällen, Halluzinationen von Christine (der "Nocebo"-Effekt, wie man später erkennt), für die Diana jeweils geheimnisvolle Heilmittel und magische Heilmethoden bereithält (sozusagen als "Black Magic Women" im Haus).
Woher sie das Wissen dazu hat und warum, bleibt vorläufig im Dunkeln.

Über dem Ganzen liegt eine dauernde Atmosphäre der Vorahnung, der Bedrohung, des näher rückenden Verhängnisses wie sie auch in Vivarium vorhanden war (weniger deutlich): Man ahnt etwas, aber weiss nichts Konkretes.

Das ist filmisch recht beeindruckend und stilsicher (vielleicht etwas zu Hollywood-gestyled) umgesetzt - mit Rückblenden, auch einigen Schockeffekten, ganz konkreten Ereignissen (der Unfall des Hausherrn), und obwohl der Film nun offensichtlich auf einen Höhepunkt zuläuft, vielleicht die Aufklärung von Christines geheimnisvoller Erkrankung, wäre mein nüchternes Fazit bis hierhin: Ganz interessant, nett gemacht, gut gespielt, aber alles auch schon mal so oder ähnlich gesehen: Ewas Mysterium, ein paar eigenartige Zwischenfälle, reichlich Hokuspokus der seltsamen Haushälterin in ihrer eigens eingerichteten "Zaubernische" im oberen Stockwerk, ein persönlicher Keil zwischen auf Heilung hoffender Christine (durch Dianes schwarze Magie) und nach wie vor sehr skeptischem Ehemann Felix (der die Rechnung dafür dann bezahlt) - die kleine Tochter (mit der schicken Schulmütze) steht irgendwo dazwischen, bis sie irgendwann allein von Diana zur Schule gebracht wird (Christine ist unpässlich, Felix abwesend - oder so) und dabei merklich auftaut.

Nun also das Finale: Ich will es nicht verraten, aber die Masken fallen, und dabei tut sich unerwartet eine Dimension auf, die über den ganzen Hokuspokus hinweg völlig neue Perspektiven aufweist und ganz konkrete Folgen hat. Das ist die Pointe des Films, der Clou einer Real-World-Begebenheit, die bis zu diesem Punkt als Fantasy-Mysterium verbrämt erzählt wird.

Ich habe mich noch gefragt, ob und inwiefern Film Philippines und der Film Development Council of the Philippines an Buch und Drehbuch mitgewirkt haben, die im Vorspann erwähnt werden und auch durch die Figur der Diana repräsentiert werden (der Film ist ja eine irisch-philippinische Koproduktion).
Jedenfalls ist ein sehenswerter Film entstanden, der nach mystisch-nebulöser Story in einer unerwartet klaren Aussage endet. Wobei, ganz zum Schluss wird's nochmals mystisch.



klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

Ich bin mir ziemlich sicher das er an eine auf den Plot bezogen wahren bzw in Teilen wahren Geschichte bezieht an der sich der ein oder andere bestimmt noch erinnern kann.

Das Ende hat mich spielerisch wirklich umgehauen, die Bilder, die Eindrücke, ja geradezu der Geruch und der Gesichtsausdruck der Nanny, kaum zu glauben das man so etwas so gut und empathisch spielen kann.

Interessant, wie bei vielen Filmen auch hier der Effekt der Aufklärung durch ein zweites mal gucken, als würde man plötzlich vieles begreifen was einem vorher verborgen war.

Auch wenn der Film sicherlich seine Schwächen und Durststrecken hat, so ist er in meinen Augen ein ganz besonderes Werk von einem scheinbar noch "unversautem " Regisseur.

Das Ende mußte ich mir diverse male ansehen!
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



Skeptiker
Beiträge: 5906

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Skeptiker »

>>> ACHTUNG: Etwas Spoiler! <<<
klusterdegenerierung hat geschrieben: So 21 Mai, 2023 17:12 Ich bin mir ziemlich sicher das er an eine auf den Plot bezogen wahren bzw in Teilen wahren Geschichte bezieht an der sich der ein oder andere bestimmt noch erinnern kann. ...
Das bleibt vorläufig ein Mysterium!
klusterdegenerierung hat geschrieben: So 21 Mai, 2023 17:12 Das Ende hat mich spielerisch wirklich umgehauen, die Bilder, die Eindrücke, ja geradezu der Geruch und der Gesichtsausdruck der Nanny, kaum zu glauben das man so etwas so gut und empathisch spielen kann.
Ja, dieses Gesicht mit den ausdrucksvollen Augen hat mich auch beeindruckt. Sie ist ausser Schauspielerin auch noch Sängerin und "Songwriter".
Zuletzt geändert von Skeptiker am So 21 Mai, 2023 18:22, insgesamt 1-mal geändert.



klusterdegenerierung
Beiträge: 27395

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von klusterdegenerierung »

Den Spoiler mußt Du löschen, garnicht gut! ;-)
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



Skeptiker
Beiträge: 5906

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von Skeptiker »

☑︎



ruessel
Beiträge: 9757

Re: Wie gefiel Euch VIVARIUM?

Beitrag von ruessel »

Hast Du ihn schon gucken können?
klar, sofort geschaut. Die fast schon grafischen Bilder haben mich begeistert. Die Story fand ich etwas dünn, man(n) hätte vielleicht aus dem Thema mehr machen können. Langeweile kam bei mir nicht auf, von 5 sterne, 3 von mir. Habe die BD einen Kumpel geliehen, mit dem Hinweis - was besonderes. Woche später wieder getroffen, er war entsetzt das ich ihm diesen Film empfohlen habe....er lehnt den Film mit jeder seiner Körperfaser ab....90 Minuten absolute Langeweile.
Gruss vom Ruessel



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