TomStg hat geschrieben: ↑Fr 22 Apr, 2022 12:36
Wenn die Kunden zufrieden sind, heißt dies noch lange nicht, dass ein Unternehmen dann automatisch erfolgreich Gewinne macht.
Stimmt. Aber deswegen würde trotzdem niemand (außer Aktionäre) auf die Idee kommen, die Kundenzufriedenheit quasi bewusst zugunsten des schon vorhanden und eh ok-en Profits zurückzuschrauben, und zu glauben, dass das mittelfristig gut geht? Waaaait... Und das bei Kunden, die wie wir hier lernen ohnehin teilweise schon unzufrieden sind? Das ist einfach, sorry - nicht die Definition von nachhaltig gut wirtschaften, sondern von Investor-Gier. Für Aboverkäufer ist dauerhafte Kundenbindung das um-und-auf. Und klar muss das profitabel sein, aber das ist es ja jetzt auch schon. Wer dann noch mehr will, mutig.
Alles was Netflix jetzt tun wird (nachdem es Kunden an monatliche Abrechungsperioden gewöhnt hat) wird zu weiterem Kundenschwund führen, wenn sie es durchziehen. Und ja, Abos sind umsatzmäßig nicht zu vernachlässigen, womit verdienen die sonst Geld? Wenn man sich mal von der reinen Theorie entfernt (Marge > Menge): Was Netflix sich einfach nicht leisten kann ist mehr Geld für die gleiche Leistung zu verlangen (nachdem die Abopreise ja schon einmal angezogen haben). Hände hoch, wer das anders sieht.
Alles was mir einfällt führt mittelfristig kaum zu mehr Abos, geschweige denn dann noch auch zu mehr Gewinn:
- Staffelnteile getrennt veröffentlichen -> Mehr Kurzzeitabos statt durchgängigem Abo. Du kriegst niemanden mit Schrottprogramm und die Aussicht von Staffel X Teil 2 im Oktober dazu, April-September auch zu bezahlen, wenn ich monatlich kündigen kann wie ich lustig bin.
- Preise erhöhen -> Mehr Kündigungen / Weniger Abonennten, vmtl gleicher Umsatz, nicht mehr.
- Günstiges-Abo mit Werbung -> Manche Kunden steigen von teurerem Angebot um, insgesamt weniger Umsatz. Neukunden schwierig, niemand will wegen einem Werbetarif wo einsteigen, wenn's sonst schon zu teuer für die Qualität war.
- 4K-Verfügbarkeit in eine noch höhere "Tier" schieben (von Premium zu Premium 4K): Einige Kunden kündigen Premium zugunsten von Standard, einige ziehen mit, Umsatz wird etwa gleich bleiben.
Was soll Netflix wirklich tun?
Marge erhöhen schwierig, ohne Abonennten zu vergraulen. Kosten senken auch schwierig, wenn eigentlich wieder mehr Qualität bei den Eigenproduktionen & Fremd-Angebot her soll.
Vielleicht hat hier ja jemand eine Idee. Aber ohne besserem Content (wieder) und den damit verbundenen kurzfristigen Kosten und Gewinneinbußen stehen sie mittelfristig in 5 Jahren richtig schlecht da.
Ich möchte auch nicht in der Haut des Vorstands mit solchen Aktionären vor meinem Haus stecken.
Aber das ist auch quasi mein Punkt. Netflix kann nichts machen, als sich wieder auf Originalität zu besinnen, wieder besseren Content als andere zu machen und in mittelfristigen Erfolgen zu denken. Andersrum gedacht ist es das auspressen eines in 5 Jahren ohnehin gesunkenen Schiffs.
In sowas sind dann Märkte doch irgendwie recht einfach gestrickt, der Kunde belohnt, was gefällt wenn der Preis stimmt. Bis der Preis nicht mehr stimmt. Oder die Qualität. Aber wenn der Laden intern nicht sonst katastrophal strukturiert ist funktioniert mehr Marge pressen halt auch nur in den Köpfen von Investoren eine Zeit lang.