SteffenUp hat geschrieben: ↑Do 09 Mai, 2019 21:36
r.p.television hat geschrieben: ↑Mi 08 Mai, 2019 05:21
Chernobyl ist ein kleiner, militärischer Reaktor gewesen für die Herstellung waffenfähigen Plutoniums. Relativ "sauberes" Material. Mit nur 100 Megawatt. Das Unglück war daher trotz all seiner Folgen vergleichsweise winzig.
könntest du das, einem an Kerntechnik sehr interessierten Foristen mal etwas näher erklären?
Ich war dort ja einige Zeit. Wir haben lange überlegt die Exclusion Zone komplett illegal als Stalker zu infiltrieren, aber mit all dem Filmequipment war uns ein Hike von mehr als 30km Luftlinie (also wohl über 40km durch diverse Zickzack-Manöver) durch den Wald mit stark kontaminierten Sümpfen und Wasserstraßen dann doch zu heftig. Auch wegen der Länge des Aufenthalts und keiner Möglichkeit Akkus zu laden etc.
Also haben wir uns einen Guide genommen. Natürlich keinen normalen Guide dieser Kaffee-Fahrten, sondern einen Guide der zwar eine Lizenz hat, aber gegen extra Cash mit uns Sachen macht oder uns alleine Sachen machen lässt die normal superverboten sind. Wie beispielsweise auf das DUGA-Radar zu klettern oder geheime, unterirdische Kern-Labors unter einer Fabrik zu besuchen. Und abends konnten wir in einer Art Hostel am Rande von Zone 1 in Chernobyl wohnen. Fast alle die dort als Guide arbeiten haben eine Vergangenheit die mit der Reaktor-Havarie verknüpft ist. Der Vater UNSERES Guides hat im AKW gearbeitet. Wie viele die dort gelebt haben. Es war ein offenens Geheimnis dass speziell Reaktor 4 nie "voll gefahren" wurde. Es war scheinbar recht schwer viele Brennstäbe auf einmal zu wechseln wenn die optimale Spaltung erreicht wurde. Das musste schnell gehen und dafür war wohl der Reaktor bauartbedingt gar nicht wirklich geeignet. So zumindest hat er mir das erklärt. Daher hat man den Reaktor nur mit soviel Brennstäben betrieben dass man mit Vollast in etwa nur 100 Megawatt erreichen konnte, quasi nur ein Zehntel was der Reaktor hergeben würde. Es war so wohl ökonomischer als weiterhin extra nur Reaktoren zu bauen die exklusiverweise nur waffenfähiges Uran 235 oder Pu liefern. Das wurde aber auch schon von anderen Wissenschaftlern behauptet. Auch aufgrund der Isotope die man nun findet, die ein Indiz dafür wären welchen Spaltungsgrad das Brennmaterial im Reaktor 4 hatte.
Nach aussen wurde das nicht kommuniziert. Vieles wurde nach aussen nicht kommuniziert. Auch nicht dass Reaktor 4 fast ausschließlich militärische Anlagen wie Duga und das Betriebsgelände gespeist haben. Immerhin war ja auch Duga ein Geheimnis, eine "Waffe" des kalten Krieges.
Die Arbeiter sind nach wie vor zu Stillschweigen verpflichtet, obwohl das alte Regime gar nicht mehr existiert. Man hat wohl zuviel Angst vorm FSB und Konsequenzen wie Arbeitsverlust, Pensionskürzungen oder andere Konsequenzen. Auch in der Ukraine. Russland schützt nach wie vor viele Geheimnisse der UDSSR. Zumindest solange bis alle Funktionäre aus der Zeit des eisernen Vorhangs weggestorben sind.
Aus dem Grund bleiben Zahlen wie auch in Wikipedia bis dahin "Gesetz". Alles andere wird immer in den Bereich der Märchen und Verschwörungstheorien abgeschoben.
Daher wirken Statements von diversen, rauschebärtigen Wissenschaftlern (wie Tschetscheterow) immer sehr unfundiert und abenteuerlich. Aber immerhin durfte dieser mitunter als erstes den havarierten Reaktor untersuchen. Seine Ergebnisse entsprachen nur nicht dem was die Soviets hören wollten. Legassow auf der anderen Seite stand immer zwischen den Stühlen und hat durch seinen Selbstmord einige Geheimnisse mit ins Grab genommen. Man findet jedenfalls keine ehemaligen Arbeiter die vor einer Kamera das erzählen was sie einem von Auge zu Auge erzählen.
Natürlich muss man viele Theorien und Gerüchte um Chernobyl sehr kritisch sehen. Darüber will ich mich deshalb auch gar nicht weiter äussern. Ich habe eine eigene Meinung dazu. Jedenfalls bin ich überzeugt dass die offizielle Version nicht stimmt.
Da passen einfach belegbare Fakten nicht dazu.
Fakt für mich ist dass die Havarie von Reaktor 4 Glück im Unglück war. Eben weil nur wenig und sehr "sauberes" Material im Kern war. Wenn Reaktor 4 so gefahren worden wäre wie es auf dem Papier steht hätten wir heute vermutlich mehr Probleme.
Aber grundsätzlich ist Kerntechnologie NICHT beherrschbar. Alleine die Endlagerung des abgebrannten Materials ist ein unlösbares Problem.
SteffenUp hat geschrieben: ↑Fr 10 Mai, 2019 20:21
Mich würde interessieren ob er auch im Kraftwerk gedreht hat (auch wenn es noch kein Lost Place ist)?
Nein, im Kraftwerk habe ich tatsächlich nicht gedreht. Aus dem simplen Grund weil man dort nur das zu sehen bekommt was man sehen soll und das erzählt bekommt was man hören soll. Und wie Du schon sagst ist es kein Lost Place, sondern das ist eher ein Programm für die Kaffee-Fahrt-Busse deren Insassen die Extra-Option angekreuzt haben.
Aber vielleicht hole ich das sogar beim nächsten Dreh im kommenden Winter nach.
Wobei mich hier eher der inaktive Zwilling von Tschernobyl in Kursk interessiert. Den kann man exploren ohne dass man überwacht wird. Ich werde dort aber auch keine Geheimnisse aufdecken können. Aber kann mich bewegen ohne dass mir auf die Füsse geschaut wird.