7River hat geschrieben: ↑Fr 07 Okt, 2022 06:14
Axel hat geschrieben: ↑Do 06 Okt, 2022 20:23
Ich habe keine Ahnung, ob und wenn wie viel davon biografisch war. Bestimmt war einiges weniger
krass dramatisch und anderes dreist erfunden, aber ein guter Film ist zuallererst eine gute Show, und der Teufel verkauft seine Großmutter, etc. etc.
Wäre das nicht verfälschen? Ich denke jetzt mal an die Darstellung von Präsident Kennedy und seine Betreuer. Die war ja alles andere als rühmlich. Auch wenn er ein Frauenheld war, wenn mich nicht alles täuscht. Das wäre dann schon eine Verzerrung.
Sowohl von JFK wie auch von Marylin haben wir alle ein stark verzerrtes, weil geschöntes Bild im Kopf. Sprich, eine Lüge. Ein Drama, das die Lüge entlarvt, muss natürlich die bestehende Verzerrung de-squeezen, also in der Gegenrichtung wiederum verzerren. Um von der Hofberichterstattung zum "torture porn" (aus einer feministischen Youtube-Review zu Blonde) zu kommen.
Darth Schneider hat geschrieben: ↑Fr 07 Okt, 2022 06:45
Mächtige Männer haben doch öfters mal das Gefühl die schönen Frauen gehören ihnen….Das ist doch heute eigentlich auch nicht anders.
Einfach nicht so offensichtlich.
Und wer weiss schon wie der Kennedy wirklich privat war…
Okay, seit The Irishman (in meinem Fall, andere vielleicht schon früher) ahnen wir, dass die Kennedys keine Engel in Menschengestalt waren, sondern de facto Machiavellisten, die vor kriminellen Mitteln nicht zurückschreckten. Das trifft in unterschiedlichem Maße auf alle Menschen zu, die Macht anstreben.
Im Fall von JFK gibt es diesen Mythos, dass er ein Frauenheld war. Wenn Hans aus der zehnten Klasse sexsüchtig ist und Grete eine Flötotto-Bank davor ebenfalls, dann haben wir es mit Einvernehmen zu tun. Ein erwachsener Womanizer, dessen Ehrgeiz es ist, im Club den Gockel zu machen? Dito. Beruht auf Gegenseitigkeit.
Ein mächtiger Politiker, married with children, der Affär
en hat? Daran ist nichts Unschuldiges. Das sind keine romantischen Verstrickungen, das ist Missbrauch. Ob JFK es seinem eigenen Selbstbild erlaubt hätte, das
Wort Schlampe in den Mund zu nehmen (während das Objekt seiner Begierde was anderes in den Mund nimmt)?
Spielt keine Rolle. Spielt keine Rolle, ob er sich selbst vorspielte, ein
nettes Monster zu sein. Man denkt natürlich auch an Bill Clintons einmaligen Ausrutscher mit Monica Lewinsky. Oops, wie ist er denn da rein gekommen? Und später, in einer da noch fernen Zukunft, an Jeffrey Epsteins berüchtigten Lolita-Express (dessen Stewart zu Bild: "nach Bill Clinton musste ich sauber machen").
Bitte mal genau hinsehen. Diese Kolportagen oder In-Flagranti-Stories beenden keine Politiker-Karrieren. Schon Willy Millowitsch wusste: "Wir sind alle kleine Sünderlein, 's war immer, immer so ..."
Das System lässt uns uns gegenseitig zu Objekten machen. Love-ins wie in den Siebzigern stiften keinen Sinn, weil Einvernehmlichkeit gleichbedeutend mit fehlendem Machtgefälle ist, und erst das - Macht - macht die Aktion signifikant.
Die oben erwähnte feministische Kritik bemängelt auch, dass Andrew Dominik / Joyce Carol Oates Marylins Ausbeutung anprangern, sie aber in diesem Zuge erneut sexistisch ausbeuten, wiederum zum Opfer machen. Marylin sei intelligent und witzig gewesen, habe ihre Situation erkannt und schwarzen Humor entwickelt.
Aber, Leute, genau das zeigt der Film doch! Er zeigt, dass sie sich selbst entschieden hatte, abzutreiben und sich über ihren eigenen Beitrag zu ihrer Ausbeutung völlig im Klaren war.*
*EDIT mit SPOILERN
Die o.e. Frauenrechtlerin erwähnt beiläufig, dass Marylin sogar bei Anna Freud in London Psychoanalyse machte. Das zeige, wie tief ihre Einsicht in das eigene Wesen sei. Das recherchierte ich fahrig und fand diesen Spiegel-Artikel. Auch darin muss ich deshalb dieser Darstellung widersprechen. Wenn jemand dazu getrieben wird, sich einer Analyse zu unterziehen, dann wird er noch von ganz anderen Dingen getrieben, und ob er Kontrolle über sein Leben erhält, ist sogar noch ungewisser.
Hat ihr das geholfen? War ihr Centerfold-Pinup-Bild, das sie von ihrem Alter Ego selbst mit-erschaffen hatte, keine kitschige, letztlich sexistische Lüge? Wurde sie nur rein körperlich abhängig von Beruhigungsmitteln, die sie dann rein versehentlich überdosierte?
Die Figur, die sie erschuf wie Frankenstein seine Kreatur, war liebenswert. Der Film zeigt, dass der Mensch dahinter, das Subjekt, noch liebenswerter war, aber nicht lebensfähig.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...