domain hat geschrieben: ↑Di 31 Okt, 2017 18:17
Hat jemand gestern, anlässlich des Reformationstages dieses beinahe 3h lange bildgewaltige Geschichtsepos mit hochkarätiger Besetzung, das 2016 in der Tschechei über Luther gedreht wurde, gesehen?
Ich bin baff und weg, nur vergleichbar mit aufwändigen Hollywoodproduktionen.
Uwe Janson, sein Team und Kameramann Michael Wiesweg haben ganze Arbeit geleistet, eigentlich einen schon etwas übertrieben emotional an- und ergreifend ...
Hier mein Beitrag aus einem anderen Thread dazu:
"Wär eigentlich einen eigenen Thread wert (weil wir neuerdings ja über Filme sprechen, was ich sehr gut finde): Gestern gab es eine Lobhudelei auf Martin Luther im ZDF.
https://www.zdf.de/filme/zwischen-himme ... e-106.html
Neu war, daß der bessere Reformator Thomas Müntzer nicht mehr verschwiegen wurde, also jener, der konsequent die Freiheit für das Volk einforderte und sich in den Bauernkriegen dem Kampf anschloss. Althergebracht war jedoch das Verschweigen von Luthers Schuld an der Niederschlagung der Bauern. Verschwiegen wurde, daß Luther den Bauern aktiv in den Rücken gefallen ist, nachdem sie sich der Not geschuldet und auf seine Schriften gestützt, für den Freiheitskampf entschlossen hatten.
Luther hatte daraufhin die Seiten gewechselt und gefordert, aufständige Bauern "wie Hunde zu erschlagen", um sich selbst dem Adel anzudienen, damit diese seine Theologie annehmen und nicht etwa Müntzer siegen würde (was dem Adel gefiel, da sie sich damit von Rom lösen und noch mächtiger werden konnten). Luthers Verrat schlug eine tiefe ideologische Bresche in die zunächst durchaus siegreichen Bauernheere, welche verunsichert wurden, daraufhin eher auf Verhandlungen setzten und den Kampf verloren. Was folgte, waren 100000 Tote Bauern und eine Periode von 40 Jahren Terrorherrschaft des Adels, in welcher Bauern zu Zehntausenden wegen nichtigster Anlässe an Bäumen aufgeknüpft wurden, um Angst und Kriecherei zu verbreiten - theologisch begründet von Luther - all das wurde wieder einmal verschwiegen.
Der ZDF-Film ließ den Bauernkrieg mit seinen vielen Toten eher wie eine Schuld Thomas Müntzers aussehen, als wie eine logische Folge der Unterdrückung und Knechtschaft durch den Adel. Etliche Historiker gehen davon aus, daß die Bauern vermutlich gewonnen hätten, wäre Luther 1524 gestorben oder zumindest nicht umgefallen. Eine echte, erste Republik wäre die Folge gewesen. Der Adel hob den eitlen Luther für den Verrat aufs Schild und Luther revanchierte sich theologisch ("jegliche Autorität ist von Gott eingesetzt"), was ihm von diversen Kreisen offenbar bis heute gedankt wird.
Der den verlorenen Bauernkriegen folgende, etwa 40 Jahre währende Terror des Adles, den Luther zeitlebens unterstützte, war so brutal, daß viele Historiker darin die Geburtsstunde des verhängnisvollen deutschen Untertanentums sehen, von welchem wir uns vielleicht jetzt erst befreien. Auch wurde Luthers aggressives Hetzen gegen die Juden verschwiegen (wieder einmal), welcher in der Intensität kaum weniger hasserfüllt als sein Hetzen gegen die aufständischen Bauern war - was immerhin Hitler zu Luthers erklärtem Fan machte. Auch wenn ich den Begriff sonst vermeide: Was das ZDF damit abliefert, ist echtes Lügenfernsehen. Propaganda für eine der verhängnisvollsten Gestalten der deutschen Geschichte, ein Film wie aus der Feder der Autoren des dritten Reiches..."
Lieber glaub ich Wissenschaftlern, die sich mal irren, als Irren, die glauben, sie seien Wissenschaftler.