Peppermintpost hat geschrieben: ↑Mi 26 Jul, 2017 16:41zusätzlich konnte avid sogar keycodes vom film handhaben um auch einem automatisierten netagiv film schnitt gerecht zu werden. einige andere schnittsysteme, ich will hier ja keine namen nennen hatten dieses feature entweder nicht, oder es hat anfangs nicht funktioniert, weil die fehler in die schnittlisten geschrieben haben. ich kann mich noch an zeiten erinnern wo ich schnittlisten aus anderen systemen im texteditor händisch korrigieren musste, grosser spass...
Es gibt vielleicht slashCAM-Mitglieder, die bei Entstehung von Jurassic Park (1993) noch nicht geboren waren. Wenn diese heute den Film sehen, gehen sie vielleicht selbstverständlich davon aus, dass der Film komplett digital erstellt wurde. Wegen der digital erstellten Dinosaurier. Aber das stimmt nicht.
In 2000 wurde für O Brother, where Art Thou? zum ersten Mal bei einem großen Kinofilm die digitale Abtastung (in 2k, nannte und nennt sich irreführenderweise immer noch Digital Intermediate) auch selbst auf Film wieder ausbelichtet. Und zwar, weil das Ausmaß an Farbkorrektur, was mit physikalischen Kopierfiltern möglich gewesen wäre, den Machern nicht ausreichte. Aber sie hatten es zuvor auf die klassische Weise versucht.
Der logistische Aufwand, rein analog einen Film zu schneiden, die vielen, vielen Generationen von Arbeitskopien für jeden einzelnen Schnippsel, der später wieder gefunden und richtig zugeordnet werden musste, würde die Vorstellungskraft von heutigen Mittzwanzigern sprengen.
Anfang der 80er wurde zum ersten Mal für Film im größeren Stil mit nicht-linearem Offline-Schnitt experimentiert. Man schnitt eine parallel entstandene Videoaufnahme. Digital war daran nur die Steuerung der Videorekorder und die EDL, die später am analogen Schnittplatz noch lediglich unterstützend zur Katalogisierung des Footages benutzt wurde.
Für Der Englische Patient (1996) konnte sich die Produktion mit dem Star-Cutter Walter Murch gerade mal zwei der sehr teuren Avid-Schnittplätze leisten. Es war ein reiner Offline-Schnitt, das, was man heute wohl Proxy nennen würde. Es ging "bloß" um unglaublich große Zahlen an zu verwaltenden Dateien und komplexe Timelines, und trotzdem stieß die damalige Hard- und Software an ihre Grenzen.
Das wichtigste Kriterium eines Schnittprogramms war historisch nicht die Einfachheit der Bedienung, sondern die Zuverlässigkeit der Protokolle. Auch heute noch wären Kompatibilitäts-bedingte Fehler bei der Zusammenarbeit in einer größeren Produktion schnell sehr teuer. Der NLE ist das System, das alles andere kontrolliert.
Vor diesen Hintergründen wuchsen Strukturen, Produktionsabläufe. Ohne konsequent geplante und eingehaltene Workflows ist ein kleiner Film zum Scheitern verurteilt, umso mehr natürlich ein großer. Da ist es nicht verwunderlich, dass in 2017 ein NLE noch verbreitet ist, der vergleichsweise umständlich zu bedienen ist.
Premiere, das als Amateurprogramm begann, war nie für Offline-Schnitt gedacht. Es wurde nie viel in Übergabeprotokolle investiert. Mit der Production Suite zielte Adobe auf ein All-In-One-System, ein Online-Ökosystem. Schnittstellen (Prelude, Bridge, Dynamic Link) gab es vor allem für die eigenen Post-Programme. Mittelgroße Produktionen konnten damit alles mit relativ schlanken Workflows liefern.
FCP X kappte die meisten der historisch gewachsenen Abläufe und sah sich als Verwalter von Dateien mit so wenig Bürokratie (kaum jemand erstellt Ordner in FCP X) wie nötig und soviel direktem Zugriff wie möglich. Es schloss (im übertragenen Sinne) ganze Abteilungen. Schnitt, im Doppelsinne einfache Post und Ausgabe, das war's. Schnittstellen überließ Apple Drittanbietern. Die einzige, die wechselseitig ausgebaut wurde war die zu Resolve. Im Gegenzug verzichtete FCP X auf die Erweiterungen der eigenen Farbkorrekturwerkzeuge.
Na und? Im Fernsehen wird ja auch alles wiederholt ...