domain hat geschrieben:Ich findes es ja herrlich, dass neben den technisch und finanziell bedingten unsäglichen 24fps auch Features von Analogfilmen (z.B. Korn), mit denen sich Generationen von Kameramännern herumschlagen mussten, nun als ästhetisch wertvoll für den sgn. Filmlook angesehen werden.
Manche geben Geld für Neatvideo aus, andere um Korn in ihre Bilder hineinrechnen zu lassen :-)
Du wirst lachen: Man kann sogar beides kombinieren, und das kann gerade bei hochkomprimiert verrauschtem Camcorder/DSLR-Material zielführend sein. Man kriegt aus der Kamera "unschönes" Sensorrauschen, das durch einen schmalbandigen Codec vermatscht bzw. weichgezeichnet und mit Blockartefakten versehen ist, entrauscht dieses Material mit Neat Video (und macht nebenbei ein Upsampling nach 10bit), und legt dann per FilmConvert Filmkorn als "schöneres" und kompressionsartefaktfreies Bildrauschen wieder drauf, ggfs. auch nur leicht mit 20-40% Stärke, um das zu glatte und weiche entrauschte Bild wieder natürlicher und subjektiv schärfer aussehen zu lassen. Auf diese Weise kaschiert bzw. eliminiert man auch color banding im Ausgangsmaterial.
Das alles mag verrückt klingt, ist aber eine pragmatisch gute und ästhetisch bewährte Methode, um mit suboptimalem Videomaterial umzugehen.
Im übrigen hatten auch die Vision3 und Ektar-Filme keinesfalls mehr als verwertbare 8 Stops, der Rest von den angeblichen 14 Stops war in den obersten Bereichen der Schulter der S-förmigen Dichtekurve angesiedelt und damit schwer verwertbar und die Farben waren verglichen mit Spitzen-Digitalkameras auch nicht besser.
...was bei Spitzendigitalkameras auch nicht besser ist. Keine Digitalvideokamera unter Arri/RED wird derzeit mit Vision3 konkurrieren können.
Verstehe eigentlich nicht, warum man überhaupt auf Analogmaterial hintrimmen möchte, das hat meiner Meinung nach aber schon gar nichts mit einem Filmlook zu tun, höchstens mit nostalgischen Sehgewohnheiten. Man möchte sozusagen ein Retrodesign erzielen, aber Retrodesign geht selten gut.
Man kann es auch so sehen: Alle digitalen Bilder sind Interpretationen von rohen Sensordaten, die mit der menschlichen visuellen Wahrnehmung wenig zu tun haben. Sensoren "sehen" wie Aliens. Auf diese Alien-Bilder werden Transformationsalgorithmen (Debayering, Kurven) angewandt, um sie der menschlichen Wahrnehmung anzupassen. Alle digitalen Bilder sind daher ästhetisch interpretiert. Ein "Filmlook" ist genauso wenig künstlich wie ein "Videolook" - beide sind Interpretationen der Sensordaten.
Übrigens war es schon immer so, das digitale Kameras ihre Farbwiedergabe in JPEG oder MPEG an Film-Sehgewohnheiten orientiert haben. Fast alle japanischen Digitalkamerahersteller orientieren sich an Fuji (und die Farben, die die meisten japanischen Digital-Fotoapparate erzeugen, sind ziemlich nah an der Charakteristik von Fuji Provia), während sich ein Hersteller wie Leica an Kodak (Ektachrome) orientiert.