Test Platzhalter

Sonic Foundry Vegas Video 4

Kaum eine Software hat in den letzten Wochen so viel Wirbel verursacht wie Vegas 4, eine quasi komplette Schnittumgebung auf Profiniveau für unter 600€. Wir haben uns die aktuelle Version 4.0b angeschaut.

// 20:44 Mi, 30. Apr 2003von

SonicFoundry, sonst eher bekannt als Audiosoftware-Hersteller, will auch im Videobereich ganz vorne mitmischen. Schon die Version 3 des Schnittsystems Vegas fand viele Anhänger, mit Version 4 will SonicFoundry nun endgültig Premiere und Co. den Rang ablaufen.






Bisher:

Doch von vorne: Entstanden ist Vegas aus einer Audiosoftware, genauer gesagt aus einer Harddiscrecording-Software namens Vegas Audio. Als der Hersteller SonicFoundry sein System in Richtung Video weiterentwickelte, übernahm er viele Bedienkonzepte aus dem Audio- in den Videobereich. Dazu gehörte z.B die Einbindung der PlugIns, die sowohl auf einen einzelnen Clip als auch auf eine Spur angewendet werden können. Gerade bei Filtern, die auf ein komplettes Projekt wirken sollen, eine große Arbeitserleichterung. Eher witzig wirkt dagegen der “Volume-Regler” jeder Videospur, der analog zu seinem Audio-Kollegen den Videopegel verändert.


Auch der PlugIn-Standard DirectX wurde beibehalten, leider entwickelten bis vor kurzen nur wenige Hersteller ihre Erweiterungen in diesem Format. Ausnahme war, neben SonicFoundry selbst, die Firma Pixelan, die ihre SpiceRacks auch für Vegas anbot. Viele kleine Entwickler nahmen sich daher des Problems an und so gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Erweiterungen, die fast ausschliesslich Freeware sind.


Aus dem Audiobereich bekannt war die Anforderung der hohen Rechengenauigkeit, werden doch heutzutage auch für CD-Produktionen vorrangig 24bit/96kHz–Systeme eingesetzt. Vegas setzt diese Tradition im Videobereich fort, alle Effekte arbeiten mit SubPixelRendering und Grafiken können auch mit höherer Auflösung als 720x576 verarbeitet werden.


Die große Stärke von Vegas ist seit jeher, neben dem sehr intuitiven Workflow, die gute Windowsintegration. Obwohl innerhalb der Software der hauseigenen DV-Codec benutzt wird, sind die entstehenden .avis OpenDML-kompatibel und können auf jedem Windows-Rechner wiedergegeben werden. Ein Playback-Codec o.ä. ist dafür nicht nötig.






Endlich: Trimmen und Ripple-Editing

Mit der Version 4 bügelte SonicFoundry die letzten großen Kritikpunkte aus, allen voran das fehlende Trimmen. Damit wird jetzt gleich der ganze Nummernblock belegt: 7 und 9 für Clip linke/rechts, 4 und 6 für +- 5 Frames, 1 und 3 für +-1 Frame und 0 für Schnittvorschau. Da zum Trimmen kein neuer Modus a`la Avid geöffnet wird, sondern alles direkt in der Timline passiert, geht diese Arbeitsweise sehr schnell. Hat man sich einmal dran gewöhnt, fragt man sich schnell, warum das nicht alle so machen.


Zweiter großer Wunsch war die Verbesserung des Ripple-Editing. Diese Möglichkeit, Clips direkt in der Timeline durch einfaches anfassen und ziehen zu editieren, ist besonders bei Premiere oder MediaStudio-Umsteigern beliebt. Möglich ist jetzt z.B. das Kürzen mit automatischen Einrücken der folgenden Clips (Auto-Ripple), sowie die Auswahl der daran beteiligten Spuren, Busse oder Regionen.




Sonic Foundry Vegas Video 4 : TrimRipple
Trim&Ripple in der Timeline



Beibehalten hat SonicFoundry dabei das Ein-Monitor-Konzept. Eigentlich nur konsequent, denn alles, was im Preview-Fenster zu sehen ist, kann auch über Firewire ausgegeben werden (Das gilt übrigens auch für alle Echtzeiteffekte und ihre Einstellungen, genügend Rechnerleistung vorrausgesetzt). Wer beim Trimmen oder Ripplen nicht auf die gleichzeitige Darstellung beider Clips verzichten will, kann sie über “Alt” “gesquezed” anzeigen, hier hätten wir uns allerdings zumindest optional auch eine formatrichtige Darstellung gewünscht.


Leider ebenfalls geblieben ist der gewöhnungsbedürftige Umgang mit Grafiken. So erkennt Vegas beim Import weder das Pixelseitenverhältnis automatisch (standardmäßig 1:1 anstatt 1:1.67 wie bei DV) noch gibt es eine Möglichkeit, den Farbraum (RGB oder 601) beim Import anzugeben. Zur Anpassung muss daher ein (erfreulicherweise vordefinierter) Videofilter bemüht werden (ComputerRGB->StudioRGB), das Seitenverhätnis lässt sich nachträglich in den Dateieigenschaften ändern. Fairerweise muss man hier aber sagen: Die Konkurrenz a´la Premiere oder MSP bietet diese Möglichkeiten erst gar nicht, insofern ist man froh, dass Vegas sie überhaupt hat.


Der Bild-Export ist ebenfalls umständlich: Per Knopfdruck gibt es quasi einen Screenshot des Vorschaufensters, leider nur als jpg oder unkomprimiert in die Windows-Zwischenablage. Allerdings hat diese Lösung auch einen Vorteil: Aus der Zwischenablage kann jede Windows-Anwendung eine Datei erstellen, egal, ob Vegas das Dateiformat kennt oder nicht.







Und sonst?

Zur Arbeitsorganisation gibt es jetzt im MediaPool die Möglichkeit eigener Ordner. Das sorgt gerade bei großen Projekten für einen besseren Überblick, zusätzlich sind sie nach 30! Kriterien durchsuchbar. Das integrierte Capture-Programm übernimmt die Ordnerstruktur, so landet schon bei der Aufnahme alles am richtigen Platz. Es lässt sich übrigens auch alleine starten, der WindowsXP-Erkennungsdienst wird ebenfalls unterstützt. Obwohl das Capturemodul mit Live-Szenenerkennung, Batch-Digitizing und PrintToTape ziemlich komplett ausfällt, verwenden einige lieber weiterhin den Scenalyzer. Erfreulicherweise kann in den Grundeinstellungen von Vegas jedes beliebige Capture-Programm als bevorzugtes angeben werden:




Sonic Foundry Vegas Video 4 : Capturesoft
Offen für andere



Und wo man gerade dabei ist: Auch ein externer Audio-Editor (SonicFoundry denkt hier natürlich an SoundForge) kann hier angegeben werden. Damit landen Audio-Clips einfach per rechter Maustaste in der Audio-Software, nach dem Schließen sind sie wie selbstverständlich wieder auf der Timeline. Erstaunlich, wie offen Vegas sich hier zeigt.



Leider beibehalten wurde der Name des Material-Editors, der wie zuvor missverständlich “Trimmer” heißt. Er dient aber eher dazu, VOR dem anlegen auf der Timeline den Clip mit In und Out-Punkten zu versehen oder verschiedene Teile zu markieren, so dass wie bei der Konkurrenz der “Source-Editor” wohl treffendes gewesen wäre. Auch hier machen Tastaturkommandos die Arbeit flott: mit I (In), O(Out) und A(Add) wird ruckzuck ausgewählt, JKL dienen wie bei AVID und Premiere zur Navigation. Zusätzlich gibt es einen Jog-Regler, der auch ein so genanntes “analog Scrub” erlaubt. Dabei wird die Tonhöhe in Echtzeit der Play-Geschwindigkeit angepasst, so dass ein einfaches auffinden von O-Tönen möglich ist, ohne sich digitales Krachen anhören zu müssen. In der Timeline ist die Navigation identisch, zusätzlich gibt es die Möglichkeit, das Timeline-Fenster für die Tastaturkommandos aktiv zu halten.


Die anderen Features der Version 4 sind Anpassungen an den Stand der Technik. So gibt es jetzt eine Farbkorrektur a`la AVID, wo mit 3 Farbrädern dem Video zum gewünschten Look verholfen oder einfach nur ein Farbstich korrigiert werden kann:




Sonic Foundry Vegas Video 4 : 3WheelColor
Farbkorrektur für Profis



Unterstützt wird man dabei von den neuen Scopes, im einzelnen Waveformmonitor (mit RGB-Parade), Vectorscope und RGB-Histogramm. Im Gegensatz zu den Spielzeugen anderer Hersteller haben sie den Begriff “Messgeräte” auch wirklich verdient. So gibt es eine Umschaltung zwischen Luminanz- und FBAS-Signal, Anpassung an verschiedene Codec-Ranges (16-235/0-255) und eine korrekte PAL-Darstellung im Vectorscope. Ausserdem sind alle Scopes livetauglich, zeigen also auch bei laufender Wiedergabe an.


Ebenfalls neu: für Videosignale gibt es jetzt Busse, damit eröffnet sich z.B. die Möglichkeit Effekte auf mehrere Videospuren anwenden zu können.






Audio

Besonders zugelegt hat der Audiobereich: Die Möglichkeit ein Videoprojekt in 5.1-Surround zu erstellen, ist im Konsumermarkt einmalig:




Sonic Foundry Vegas Video 4 : 51Surround
5.1 im Videoschnitt



Um so viele Ein&Ausgänge vernünftig ansprechen zu können, hat SonicFoundry sich dazu entschlossen, das ASIO-Protokoll zu unterstützen. Dieses ursprünglich von Steinberg entwickelte Treibermodell erlaubt sehr kurze Latenzen und eine minimale Systembelastung, wichtig z.B. bei der Nachvertonung. Immerhin müssen hier mind. 3,6MB Video abgespielt werden, soll gleichzeitig synchron Ton aufgezeichnet werden (wozu Vegas im Gegensatz zu vielen anderen Schnittprogrammen problemfrei in der Lage ist) ist eine geringe Verzögerung Pflicht. Auch das “direct-monitoring” von ASIO wird unterstützt, damit wird bei der Aufnahme auf das Eingangssignal umgeschaltet, so dass auf dem Kopfhörer kein verzögertes Signal liegt.


Nötig war die ASIO-Anpassung auch für die hohe maximale Samplefrequenz von mittlerweile 192kHz. Verbunden mit 24bit sind dadurch sogar Aufnahmen im DVD-Audio Standard möglich, damit ist man auch für die Zukunft gut gerüstet. Weiterer Vorteil der inneren hohen Auflösung: TimeStretching oder Sampleratekonvertierung sind in höchster Qualität möglich.






Erweiterung: .net Scripting

Die Vergangenheit zeigte anhand der Freeware-PlugIns, dass durchaus immer wieder Programmierer bereit waren, “ihre” Schnittanwendung ein wenig zu verbessern. Mit der Version 4 ist man damit nicht mehr auf PlugIns beschränkt, denn Vegas verfügt nun über eine eigene Scripting-Funktion. Aufbauend auf Microsofts .net lassen sich damit Wunschfunktionen nachrüsten, die es bisher noch nicht gab. Mit dem Update auf Version 4.0b legt SonicFoundry auch gleich eine Reihe beliebter Scripte bei, mehr lassen sich auf diversen Webseiten und Foren finden. Einen guten Einstieg bietet z.B. http://www.sonicfoundry.com/forums/ShowTopics.asp?ForumID=21





PlusPaket: +DVD

Vegas 4 bringt zum ersten Mal eine eigene Software für das DVD-Authoring mit. Der “DVDArchitect” kann nicht einzeln erworben werden, was zum jetzigen Zeitpunkt auch noch sinnvoll ist. So werden z.B. Kapitelmarken aus der Timeline von Vegas übernommen, exportierte MPEG und AC3-Files lassen sich direkt einbinden. Der Funktionsumfang ist nicht riesig, kommt aber mit den Programmen dieser Preisklasse (der DA kostet etwas 300€ Aufpreis) durchaus mit. Möglich sind z.B. animierte Hintergründe, eigene Buttons oder Hintergrundmusik sowie 16zu9.




Sonic Foundry Vegas Video 4 : DVD
DVD a la SonicFoundry







Und raus...

Wer nicht auf DVD brennt, wird sich über die reichliche Auswahl an Exportformaten freuen. Neben Quicktime, MPEG1, MPEG2 (von Mainconcept) und AC3 gibt es für die Internetgemeinde wmv(auch HD), real und mp3. Besonders interessant ist das für Umsteiger von Cinestream oder Cleaner, denn auch hier können zusätzliche Commands wie z.B. “open URL” eingefügt werden.





b wie progressiv?

Seit kuzem liegt das erste Update für Vegas und den DVDArchitecten vor. Die Versionen b unterstützen mit eigenen Vorlagen progressive Videoformate auch höher auflösender als DV:




Sonic Foundry Vegas Video 4 : Templates
1080p für Konsumer



Vegas dürfte damit das erste bezahlbare Programm für 1080p (1920x1080) sein. Prinzipbedingt kommen auf einer DVD davon maximal 720x576 an, der DVDArchitect behält aber zumindest die möglichen Frameraten von 24, 25 oder 29,96 bei.


Interessant wird diese Möglichkeit besonders mit der Einführung von JVCs neuer HDCam GR-HD1. Denn außer dem dort mitgelieferten Capturetool ist bis jetzt kaum ein Programm in der Lage, mit diesen Daten etwas anzufangen, Vegas könnte das ändern. Schon jetzt gebrauchen kann man den “normalen” 25p-Modus, den Besitzer der neuen Panasonic AG DVX100 erzeugen können. Abgesehen von der Diskussion ob man das braucht, schadet es ja nicht ein Schnittsystem zu haben, was damit etwas anfangen kann.






Bugs&Issues

Die Überschrift sagt es schon, leider ist Vegas nur in Englisch erhältlich. Gerade für Einsteiger ist das eine unnötige Hürde, besonders weil SonicFoundry nicht an jeder Stelle übliche Fachbegriffe benutzt. Auch die Umstellung auf PAL ist kompliziert, sowohl das “VideoDevice”, als auch das “Project Template” muss zusätzlich zum Capturemodul auf PAL gestellt werden. Hinzukommt noch die Timeline-Einheit von 30 auf 25fps zu setzen und das unübliche Audioformat von 44.1 kHz auf 48kHz zu ändern. Wer die Liveszenenerkennung benutzen will, muss auch noch das Häkchen vor “Minimum Clip Length” entfernen, dass sind entschieden zu viele Schritte um einen reibunsglosen Einstieg zu ermöglichen. Als kleiner Trost bleiben die Einstellungen zumindest für das nächste Mal erhalten.


Nicht ganz nachvollziehbar war das Verhalten beim Import von .tif-Dateien. Manchmal erkannten die beiden Programme das Format, manchmal nicht. Andere Bilder im .bmp- oder .jpg-Format funktionierten dagegen problemlos. Ansonsten ist das Programm sehr stabil, auf unserem Testsystem (P4, 845e, WinXPSP1a) gab es bis jetzt noch keinen einzigen Absturz.






Fazit

Die direkte Konkurrenz, Uleads MediaStudioPro7 und Adobes Premiere6.5 sieht in diesem Fall ziemlich alt aus. Selten gab es ein Programm, dass für so wenig Geld derartig professionelle Bedienung, Funktionsumfang und Qualität bietet. An vielen Stellen steht man nicht mal hinter einem AVID ExpressDV3.5 zurück, an einigen wird er sogar übertroffen (volle Overlayauflösung, geringere Latenz, bessere Windows-Integration, 1080p, Audiobereich usw.). Punkten kann die Konkurrenz nur bei Sonderfunktionen, so gibt es bei Premiere die Möglichkeit Projekte in AfterEffects zu öffnen und beim Avid lesen die Projektfiles auch die größeren MediaComposer-Systeme. Ebenso sind für MediaStudio und Premiere eine Reihe von Karten mit analogen Ausgängen verfügbar, auch die Retuschemöglichkeiten von MSP fehlen.


Ideal ist Vegas immer dann, wenn es um ein offenes System mit schneller Bedienung geht. Nach kurzer Einarbeitung geht irgendwie alles wie von selbst, trotzdem bleibt alles auch manuell anpassbar. Die neuen Funktionen, allen voran Trimmen, Ripple-Editing und die Material-Organisation, beseitigen die letzten Einschränkungen der Vorversion. Wer trotzdem etwas vermisst, kann das notfalls selber per Script oder mit Freeware-PlugIns nachrüsten. Vegas ist daher zur Zeit die uneingeschränkte Empfehlung für den preisbewussten Cutter, dessen Hauptaugenmerk auf professionellen, aber trotzdem intuitiven Editing-Möglichkeiten liegt.





Sonic Foundry Vegas Video 4.0

+

exzellente Audiofunktionen

+

gute Bildqualität

+

intuitive Oberfläche

+

gute Windowsintegration

+

sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis



-

nur in Englisch



-

PAL–Anpassung umständlich



-

Umgang mit Grafiken teilweise umständlich

zum Vergleichstest

Ähnliche Artikel //
Umfrage
    Generative Video-KI: Hast du ein Abo?







    Ergebnis ansehen

slashCAM nutzt Cookies zur Optimierung des Angebots, auch Cookies Dritter. Die Speicherung von Cookies kann in den Browsereinstellungen unterbunden werden. Mehr Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung. Mehr Infos Verstanden!
RSS Suche YouTube Facebook Twitter slashCAM-Slash