Test JVC GZ-HM960

JVC GZ-HM960

Liest man sich die technischen Daten zur GZ-HM960 durch, scheint JVC hier vieles richtig gemacht zu haben. Großes 3,5 Zoll-Display, gekoppelt mit lichtstarkem (F1,2)-Objektiv und manuellen Einstellmöglichkeiten klingen schon mal sehr gut. Auch der ansonsten notorisch zu knapp bemessene Weitwinkel liegt bei komfortablen 29,5 mm (bezogen auf Kleinbild). Dazu gibt es neben Touchscreen-Bedienung immerhin eine frei belegbare Custom-Taste und eine sensitive Zoomwippe.

// 16:17 Di, 2. Aug 2011von

Liest man sich die technischen Daten zur GZ-HM960 durch, scheint JVC hier vieles richtig gemacht zu haben. Großes 3,5 Zoll-Display, gekoppelt mit lichtstarkem (F1,2)-Objektiv und manuellen Einstellmöglichkeiten klingen schon mal sehr gut. Auch der ansonsten notorisch zu knapp bemessene Weitwinkel liegt bei komfortablen 29,5 mm (bezogen auf Kleinbild). Dazu gibt es neben Touchscreen-Bedienung immerhin eine frei belegbare Custom-Taste und eine sensitive Zoomwippe.






Edles Design

Das 3,5 Zoll große Display dominiert das Aussehen der JVC GZ-HM960. Blickt man von der linken Seite auf das Gerät, so überdeckt der Bildschirm komplett das restliche Gehäuse und lässt die Kamera praktisch kastenförmig aussehen. Von rechts wirkt dagegen die übrige Kamera fast wie „angeklebt“, erlaubt aber im Gegenzug durch ihre runden Kanten hier eine bequeme Haltung und Bedienung, wie man es von typischen Camcordern dieser Geräteklasse kennt. Dies gilt selbstredend auch für die Zommwippe, die JVC-typisch sehr feinfühlig agiert.



JVC GZ-HM960 : cam0


Um das große Touchdisplay wurden keinerlei zusätzliche Tasten angeordnet, was der Kamera grundsätzlich eine edle Anmutung verschafft und dennoch eine relativ kompakte Bauform ermöglicht. Es gibt jedoch keinen Filterring oder Zubehörschuh und leider wurde auch auf einen Objektivring und andere Rädchen verzichtet, was die manuelle Bedienung über den Touchscreen praktisch erzwingt. Die einzige, schon erwähnte Custom-Taste liegt unter dem Display-Deckel und ist somit auch nicht optimal zu erreichen. Dazu tippt man bei blinder Bedienung hier leicht auf den daneben platzierten Umschalter zwischen manuellem Modus und Automatik. Da letzterer immer zweimal gedrückt werden muss, um den aktuellen Modus zu wechseln, wird man hier immerhin indirekt auf dem Display visuell vor einer Fehlbedienung gewarnt. Das Display selbst ist sehr scharf und kann sogar nach Umschaltung 3D-Inhalte ohne Brille darstellen (siehe unten). Im 3D-Modus lässt die Schärfe prinzipbedingt stark nach. Einen Sucher gibt es nicht.






Lichtstarker Camcorder

Die Optik ist mit einer Anfangsblende von F1.2 bemerkenswert lichtstark, dazu sorgt ein hintergrundbeleuchteter 1/2,3-Zoll CMOS-Bildsensor für gute Aufnahmen bei wenig Licht. Dies ist natürlich in Relation zu den beliebten DSLRs zu sehen, die mittlerweile mit ihren Riesen-Sensoren eine ganz neue Qualitäts-Klasse im Bereich Schwachlicht definiert haben. Für einen Camcorder dieser Bauart sind die Schwachlicht-Eigenschaften der JVC GZ-HM960 jedoch auf der Höhe der Zeit.







Manuelle Kontrolle? Jein

Die manuellen Möglichkeiten der Kamera sind zweischneidig: Shutter, Blende und Weißabgleich lassen sich frei einstellen, die Bildcharakteristik dagegen nicht. Auch Einstellhilfen wie Zebra oder Histogramm sind nicht vorhanden. Das manuelle Fokussieren über den Touchscreen wird zwar durch Peaking erleichtert, eine vergrößerte Fokus-Ansicht gibt es jedoch nicht. Der Touchfokus funktioniert dafür auch im manuellen Modus, ist dabei etwas träge, aber grundsätzlich zuverlässig.



Die Audio-Abteilung ist nur spärlich ausgebaut. Es gibt keine Anschlüsse für Mikrofon oder Kopfhörer und auch die Tonaussteuerung des integrierten Stereo-Mikrofons ist nur automatisch möglich.






Formatfragen

Aufzeichnet wird in AVCHD mit 1080i50 bei maximal 24 Mbit/s-Datenrate, wobei das aktuelle 1080p50-Format nicht unterstützt wird. Letzteres verbindet die volle HD-Auflösung (1920x1080 Pixeln) mit einer verdoppelten Bewegungsauflösung (50 Voll- statt 50 Halbbilder) und wird gerade von Panasonic und Sony breitflächig im Markt etabliert. Für Fachbildschirme handelt es sich hierbei sozusagen um das erste optimale, weil native FullHD-Format, da keine Umwandlung der Halbbilder mehr erforderlich ist. Ersatzweise unterstützt JVC eine interne „Live-Umwandlung“ des 50i-Signals in 1920x1080/50p bei der Ausgabe über HDMI (Full HD Progressive mit 50 Hz). Für den Anwender ist dies jedoch nur ein Kompromiss, da bei der Aufzeichnung nach wie vor gegenüber 50p nur die halbe Vertikal-Auflösung zur Verfügung steht.



Die High-Speed-Aufnahmen sind nicht auf wenige Sekunden in ihrer Länge begrenzt. So konnten wir auch über 10 Minuten mit 250 Bildern pro Sekunde aufnehmen, jedoch bei einer reduzierten Auflösung von 720x576 Pixel. Die tatsächliche Bildwandler-Auflösung bei der High-Speed-Aufnahme würden wir jedoch noch deutlich niedriger einschätzen, weil man sehr deutliche Treppen und Unschärfen in den aufgenommenen Clips wahrnehmen kann.





Anleitung gefällig?

Grundsätzlich finden sich zwar im Lieferumfang der JVC zahlreiche gedruckte Gebrauchsanweisungen in diversen Sprachen, jedoch werden hierbei nur grundsätzliche Funktionen beschrieben. Viele spezielle Funktionen wie Zeitlupe, 3D, Bluetooth, manuelle Einstellungen oder überhaupt die Menüpunkte werden hierbei leider gar nicht erwähnt und auch online fanden wir kein erweitertes Handbuch. Hier sollte JVC unbedingt noch nachliefern, da sich die Kamera für Einsteiger definitiv nicht selbst erklärt.






Bedienung

Die JVC-typische Menüstruktur liegt uns nach wie vor nicht sonderlich. Um wichtige Parameter einzustellen muss man sich oft durch zahlreiche Seiten blättern. Shutter, Weißabgleich und Blende findet man beispielsweise erst auf Menüseite 2. Sieht man die zahlreichen Funktionen, die man auf den frei definierbaren Button legen kann, fragt man sich unwillkürlich, warum JVC hier nicht einfach noch 2 Taster oder Rädchen mehr spendiert hat. Dies würde die Kamera gleich in eine andere Bediensphäre heben.



Die nicht veränderbare Farbwiedergabe der Kamera ist deutlich natürlicher eingestellt, als bei vielen JVC-Vorgängern. Die Kamera liefert zwar immer noch einen Tick „heißere“ Farben als viele Konkurrenten, gefällt uns von der Grundeinstellung her aber nicht schlecht. Leider liegt der Weißabgleich jedoch manchmal etwas daneben, was gelegentlich in einem leichten Farbstich resultiert, dem man mit anderen Einstellungen nicht entgegenwirken kann. Hier hilft dann nur die Farbkorrektur in Schnitt.






Fake 3D

Die GZ-HM960 will sich vor allem durch einige technische Spielereien von der Konkurrenz absetzen. So wird die Kamera mit einem 3D-Logo beworben, obwohl sie nur ein Objektiv besitzt. Für den 3D-Effekt setzt JVC auf eine digitale Umrechnung von 2D nach 3D, die prinzipbedingt starken Beschränkungen unterworfen ist. Sie nutzt für die Berechnungen offensichtlich keine Bewegungsinformationen, weil sie bei Standbildern oder Aufnahmen vom Stativ ebenso funktioniert. Dabei entsteht der Eindruck als würde das Bild grundsätzlich leicht kugelförmig nach innen gebogen werden, wobei detailreiche Objekte mit klaren Kanten etwas weniger in den Raum stehen. Mit einer echten 3D-Aufnahme ist dies nicht vergleichbar, jedoch ist es durchaus erstaunlich was hier ohne Tiefeninformation aus einem einfachen 2D-Clip errechnet wird. In erster Linie ist die Wiedergabe dennoch nur als Gimmick zu gebrauchen, aber wenn man schon einen 3D-Fernseher sein eigen nennt, kann man so normale 2D-Aufnahmen immerhin mit etwas visuellem Pep genießen. Der künstliche Effekt sieht sich allerdings auch schnell ab.






Bluetooth

Man muss schon lange im Netz suchen, um zu erfahren, was man eigentlich mit der integrierten Bluetooth-Funktionalität der Kamera anstellen können soll, da man weder in der Anleitung noch auf JVCs Firmen-Webseite hierzu Informationen findet. Angeblich kann man über ein Smartphone die Kamera fernsteuern und beim Filmen Geotagging-Daten übertragen. Eine entsprechende App fanden wir jedoch nirgendwo. Und über ein Headset soll man aufgenommen Sound kontrollieren können, bzw. sogar Voice Overs einspielen können, was wir mangels geeigneter Zusatzhardware jedoch nicht testen konnten.



Für 300 Euro weniger erhält man übrigens die ansonsten fast baugleiche GZ-HM845, der vor allem die technischen Spielereien fehlen. So gibt es hier kein 3D, kein Bluetooth, und auch keine Möglichkeit, DVDs direkt aus der Kamera zu brennen. Außerdem besitzt sie nur 8 statt 16 GB integrierten Speicher. Die technische Basis scheint aber laut Datenblatt ansonsten identisch zu sein, weshalb dieses Modell für preisbewusste Anwender wahrscheinlich deutlich attraktiver sein dürfte.








Aus dem Messlabor

Die Auflösungs-Messwerte der JVC GZ-HM960 sind bemerkenswert gut. Ein sehr sauberer Verlauf ohne große „Buckel“ lassen auf ein gutes Schärfe-Verhalten der Kamera schließen.



Luminanzauflösung




Das ISO-Chart wird sehr knackig abgebildet, wobei auch die feinen Details praktisch fehlerfrei wiedergegeben werden. Hier spielt die JVC GZ-HM960 in der Oberklasse.



ISO-Testbild




Ganz JVC-untypisch sind die Farben auch nicht so extrem voreingestellt, wie bei vielen Vorgängermodellen. Der Videopegel verhält sich hier nun so wie bei fast allen Konkurrenten.



Chrominanz-Auflösung




Die 29,5mm fordern bei JVC ihren Tribut. Das Objektiv verzeichnet im maximalen Weitwinkel deutlich und biegt sich stark zu den Rändern hin.



Objektiv-Verzeichnung




Die Farben und auch Hauttöne gelingen der GZ-HM960 besser als vielen Vorgängern. Leider ist die Bildcharakteristik nicht weiter veränderbar.



1200 Lux (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Bei wenig Licht liefert die GZ-HM960 noch ein gutes Bild ab, das in ihrer Geräteklasse absolut konkurrenzfähig ist. DSLRs und Camcorder mit großem Bildwandler können es aber mittlerweile besser.



12 Lux Automatik (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Das interne Mikrofon bescheidet die Höhen zwar nur wenig, rauscht aber dafür mehr als bei vielen Konkurrenten.



Störgeräusche






Fazit

Die JVC GZ-HM960 ist ein sehr scharfe Kamera mit solidem technischen Unterbau, die sich leider wenig für den ambitionierten Videofilmer empfiehlt. Zu wenig Einstellmöglichkeiten stehen der ansonsten zeitgemäßen verbauten Technik gegenüber. Vielmehr dürfte die GZ-HM960 vor allem Anwender interessieren, die sich für die integrierten Technik-Spielereien begeistern können. Der 3D-Modus fällt jedoch naturgemäß gegenüber echten 3D-Camcordern ab und ist eher als Spielerei zu werten. Die bauähnliche, aber günstigere GZ-HM845 könnte dagegen mit mehr manuellen Möglichkeiten dagegen ein ziemlich interessantes Gerät in ihrer Preisklasse abgeben, wenn JVC nur mehr Funktionen freigegeben hätte. Hier zeigt sich die Konkurrenz in der 1000 Euro-Preisklasse mittlerweile deutlich offener.


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