Test Canon XA20 und XA25 – Profis im Consumer-Gewand?

Canon XA20 und XA25 – Profis im Consumer-Gewand?

Mit dem erscheinen der Canon HF G30 hat Canon auch noch zwei bauähnliche Profiableger des Geräts auf den Markt gebracht. Die XA20 und XA25 besitzen einen abnehmbaren XLR-Handgriff, der professionelle Audio-Anschlüsse bietet. Die XA25 bringt sogar einen HD-SDI-Anschluss mit. Doch ist das schon alles, was man für 500 bzw. 1000 Euro Aufpreis erwarten darf?

// 12:48 Di, 6. Aug 2013von

Wie schon bei der kleinen Schwester wird das Gehäuse durch die üppige Optik dominiert, welche 26,8mm Weitwinkel (Kleinbild-Äquivalent) mit einem 20facher Zoombereich (optisch) kombiniert. Die minimale Blendenöffnung liegt dabei je nach Brennweite zwischen beachtlichen F1,8 und F2,8 (Filterdurchmesser ist 58mm). Das dürfte tatsächlich fast jeden erdenklichen Anwendungsfall abdecken. Im extremen Zoom-Bereich sind hiermit sogar leichte Bokeh-Effekte möglich, bei denen der Hintergrund eines Motivs künstlerisch verschwimmen darf. Hier macht sich dann sogar tatsächlich die kreisrunde Blende mit acht Lamellen bemerkbar, welche unscharfe Lichtreflexe zu träumerisch weichen, runden Lichtbällen mutieren lässt. Allerdings muss für solche Aufnahmen schon ein gehöriger Abstand zum Motiv eingeplant werden, was zwingend ein Stativ voraussetzt. Denn im 20fachen Zoombereich kann auch der integrierte Bildstabilisator nicht mehr Wunder bewirken.



Für solche Effekte muss übrigens die Blende komplett geöffnet sein, wofür man in der Fotografie einen ND-Filter einsetzt. Doch genau hierfür taugt der integrierte ND Filter leider nicht. Er kennt nur wieder die Optionen "Automatik" oder "Aus". Wenn die ND-Automatik aktiviert ist, erscheinen zusätzliche ND-Filter-Einstellungen (ND 1/2, 1/4 und 1/8) als Parameter in der Blendensteuerung zwischen F4.0 und F4.8. Und nur dort lassen sich dann Blende und ND-Filter fest gekoppelt einstellen. Canon will hiermit wohl eher die Blende möglichst lange im optimalen Schärfebereich der Optik agieren lassen und nicht Bokeh-Effekte unterstützen. Letztlich ist dies wohl auch nur ein Randanwendungsfall der Kamera, denn diese Domäne gehört klar den Großsensor-Kameras wie die hauseigene C100, die genau in diesem Bereich ihre Stärken ausspielen.



Der eingesetzte 1/2,84-Zoll Sensor besitzt 3 Millionen effektive Pixel, womit der Sensor nicht mehr ein optimales Ausleseraster für FullHD besitzt. Für FullHD wären 2 Millionen eigentlich ideal. Warum Canon hier bei einer Neuentwicklung diesen schrägen Faktor gewählt hat, bleibt wohl Firmengeheimnis, jedoch sorgt ein solcher "Skalierungszwang" oft für Aliasing-Strukturen, die u.a. auch unser ISO-Testbild aufzeigt.



Canon XA20 und XA25 – Profis im Consumer-Gewand? : cam0


Bei der Bedienung unterscheidet sich die XA20/25 praktisch nicht von ihrer Consumer-Schwester HF G30: Der Fokusring ist schön schwergängig und natürlich elektronisch entkoppelt. Dazu lässt sich Drehrichtung und Empfindlichkeit im Menü einstellen. Etwas versteckt gibt es auch die Funktion, einen vorher definierten Schärfepunkt anzufahren (Focus Preset). Dies gelingt allerdings nur im speziellen Fokus-Touchmenü und nicht bei einer vergrößerten Fokus-Ansicht. Dafür lässt sich diese Schärfe-Zieh-Geschwindigkeit auch im Menü in drei Stufen einstellen.



Der zweite Ring unter dem Objektivring ist ergonomisch nicht so gut zu bedienen. Der aktivierende Knopf dahinter liegt irgendwie zu versenkt, als dass man ihn mit der Daumen-Seitenfläche noch bequem mitbedienen könnte und bietet keinen spürbaren Druckpunkt. Über diese Ring-Button-Kombination kann man Blende, Verschlusszeit und Gain durchsteppen und verändern, was jedoch aus den genannten ergonomischen Hindernissen weitaus unbequemer gelingt, als über den Touchscreen.



Wie schon beim Consumer-Modell lassen sich die fünf frei belegtbaren Tasten nicht mit allen verfügbaren Menüfunktionen belegen. Zebra ist beispielsweise ebensowenig zuweisbar, wie das oben erwähnte Focus Preset.



Ein Histogramm oder Waveform-Display ist auch in den Profi-Modellen jetzt nicht vorhanden. Schade, bei den Vorgängern (sogar beim Consumer Modell HF G25) wusste diese Funktion uns noch sehr zu begeistern. Die Bildcharakteristik ist (unter dem etwas untreffend genannten Menüpunkt Bildeffekte) in Farbtiefe, Kontrast, Helligkeit und Schärfe frei einstellbar, allerdings nur in 5 Stufen, die nicht sonderlich stark variieren. Der Zebra-Modus kennt übrigens sowohl 70 als auch 100 Prozent, ist aber im Menü kaum aufzufinden. Zum (de)aktivieren muss man im speziellen Bildschirmmenü für manuelle Belichtung sein, in dem sich auch Blende, Belichtungszeit und Gain getrennt über das Bildschirmmenü regeln lassen.



Der 3,5 Zoll-Organic-LED-Touchscreen zeigt kräftige Farben und wirkt dank 1,2 Mio Pixeln entsprechend scharf. Dies gilt auch für den ausziehbaren und hochklappbaren Sucher. Die zwei separaten SD-Karten Slots erlauben sowohl nahtlose Langszeitaufnhamen sowie alternativ die gleichzeitige Backup-Aufnahme auf einer zweiten Karte. Sogar eine gleichzeitige Aufnahme im AVCHD- und MP4-Format ist möglich. Das von Canon selbst propagierte Profiformat 50 Mbit MPEG2- 4:2:2 (MXF) bieten die XA20/25 nicht, obwohl es den beiden Kameras gut zu Gesicht stehen würde. Auch der Aufpreis gegenüber dem Consumer-Modell wäre dadurch leichter zu erklären.





Über Wireless Lan kann der Remote Browser die Wiedergabe des vom Camcorder aufgenommenen Filmmaterials auf einem Smartphone oder Tablet im Browser darstellen ohne zusätzliche Playback-Software installieren zu müssen. Die übertragene Auflösung der Liveview beträgt dabei maximal 680 x 383 Pixel, was deutlich unter der Auflösung des integrierten OLED-Displays liegt.



Beim Ladegerät hätte Canon den Käufer ruhig spüren lassen dürfen, dass die Kamera eine Profigerät sein soll. Es wird nämlich nur ein Netzteil ohne externe Akku-Lademöglichkeit beigelegt.





Was bringt der Aufpreis im Detail?

Der zusätzliche Haltegriff der XA20/25 befindet sich im Lieferumfang und ist nicht separat für das Consumermodell HF G30 erhältlich. Das Anschrauben erfordert das Festzurren von drei separaten Gewinden, jedoch sitzt der Griff anschließend bombenfest. Er ist Canons Hauptargument für 500 Euro Aufpreis und bringt nicht nur mehr Tragekomfort, sondern beherbergt auch zwei professionelle XLR-Anschlüsse. Diese können getrennt eingestellt (Line/Mic/Mic+48V Phantomspeisung) und sowohl manuell über eigene Regler als auch automatisch ausgesteuert werden. Unter AVCHD stehen Linear PCM (2 Kanäle, 16 Bit, 48 kHz) oder Dolby Digital (AC-3 2 Kanäle, 48 kHz) zur Verfügung, bei der MP4-Aufnahme MPEG-2 AAC LC (2 Kanäle). Durch den Griff verliert man den Zubehörschüh am Gehäuse, jedoch bietet der Griff drüber einen Alternativ-Schuh an. Auch eine verkleinerte Zoomwippe, sowie ein weiterer Start-Stopp-Schalter wurden an der Oberseite integriert.



Unauffällig befindet sich dazu an der Vorderseite noch eine Infrarot-LED, welche auch Aufnahmen bei praktisch völliger Dunkelheit ermöglicht. Die entsprechende Aufnahme-Funktion lässt sich an der XA20/25 per externem Schalter aktivieren, was das Consumer-Modell ebenfalls nicht bietet.



Und auch in Sachen Timecode kann die Kamera etwas Profi-Seiten zeigen. So bietet sie Aufnahme-Lauf / Freier Lauf sowie Voreinstellung für Non-Drop Frame-Codes. Dadurch kann ein kontinuierlicher Timecode oder eine Realzeit mit anderen Kameras abgeglichen werden.



Die XA25 bietet schließlich noch einen HD-SDI-Out, was sie wohl in erster Linie als Livekamera in einem Mixer-Setup interessant macht. Auch für Blue- oder Greenscreen-Setups mit externem SDI-Capturing könnte die Kamera eventuell interessant sein. Allerdings sollte man beachten, dass der SDI-Ausgang nur bis 1080i50 ausgeben kann, während HDMI bemerkenswerterweise auch die 1080p50 schafft.





Aus dem Messlabor

Der Schärfeverlauf der Kamera ist gleichmäßig und erstreckt sich fast ohne auffälligen Bauch an den Rand des Messpektrums.



Luminanzauflösung



Das gute Schärfeverhalten der Kamera wird durch leichte Moiré-Effekte in den Kreisen gestört.



ISO-Testbild



Der unaufällige Verlauf des Farbpegels ist in der Werkseinstellung eher stark eingestellt, lässt sich aber noch den eigenen Bedürfnissen anpassen.



Chrominanz-Auflösung



Im maximalen Weitwinkel liefert das Objekiv eine moderate, nicht digital korrigierte Verzeichnung. Unser Test-Modell zeigte dabei auch leichte chromatische Aberationen am rechten Bildrand.



Objektiv-Verzeichnung



Im Gegensatz zu unserem Test der Consumer-Version HF G30 mit einer frühen Firmware, sitzt bei der XA20 der Weißabgleich tadellos.



1200 Lux (Klicken für Bild in voller Auflösung)



Bei hochgedrehtem Gain (24 dB) zeigt die HF G30 noch erstaunliche Reserven bei 12 LUX. Die digitale Rausch-Filterung ist jedoch deutlich zu erkennen.



12 Lux mit 1/25 Sek und manuellem Weißabgleich. (Klicken für Bild in voller Auflösung)



Die aufgezeichneten Störgeräusche des eingebauten Mikrofons sind kaum zu bemängeln. Die meisten Anwender dürften sowieso die XLR-Eingänge nutzen.



Störgeräusche








Fazit:

Wer auf XLR-Anschlüsse angewiesen ist, bekommt mit der XA20 ein solides Arbeitstier mit einem extrem vielseitigen Objektiv in einem interessanten Preissegment geboten, das jedoch keine Bestleistungen in der Bildqualität aufweist. Auch die restlichen Funktionen der Kamera stechen nicht besonders hervor. Bei der Bedienung hätten wir uns für 2.000 Euro noch etwas mehr manuelle Bedienelemente an der Außenseite der Kamera erwartet. Ein größerer Chip oder auch nur eine 50 Mbit MPEG2- 4:2:2 MXF- Aufzeichnung hätte Canon in diesem Preissegment viel Käufer-Gunst einbringen können. Stattdessen wirkt die Kamera unauffällig solide, aber nicht sonderlich innovativ. Schade, denn etwas frischer Wind würde diesem Preissegment definitiv gut bekommen.


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