Test Canon HF G25

Canon HF G25

Wie schon beim Vorgänger findet sich auch in der HF G25 viel Technik aus den weitaus teureren professionellen Canon Camcorder-Modellen. Dabei stellt sich unter anderem die Frage, ob das Konzept von 2011 auch noch 2013 tragfähig ist.

// 11:26 Mi, 20. Mär 2013von

Der erste Eindruck, den die Kamera vermittelt ist bullig. Praktisch kein anderer Hersteller baut heute noch Conusmer-Kameras, die derart in die breite gehen. "Schuld" daran dürfte in erster Linie die extrem große Canon HD Video Lens sein, die nicht nur mit 58mm Filtergewinde imposante Ausmaße aufweist, sondern auch mit einer Anfangsblende von 1:1,8 (bis 1:2,8) zu den lichtstärkeren Modellen gehört. Der Weitwinkel der optischen 10fach Zoom-Konstruktion ist mit umgerechnet 30,4mm ebenfalls nicht gerade engstirnig ausgelegt.



Canon HF G25 : cam0


Der abnehmbare Displaydeckel ist für Camcorder in dieser Preisklasse mittlerweile eher ungewöhnlich, stattet die gesamte Konkurrenz doch ihre Topmodelle mit einem deutlich praktischeren, automatischem Objektivverschluss aus. Allerdings bietet ein Displaydeckel unbestreitbar deutlich besseren Schutz, als ein paar dünne Plastiklamellen, die sich durch einen spitzen Gegenstand in der Tasche leicht eindrücken, bzw. verbiegen lassen.





Ausstattung

Durch die doppelt ausgelegten Slots für 2 SDHC/XC-Speicherkarten ist auch eine nahtlose Aufnahme möglich, indem man immer die unbenutzte Karte im laufenden Betrieb wechselt. Alternativ gibt es auch ein "Double Slot Recording", bei dem auf zwei Karten zeitgleich das selbe Material aufgezeichnet wird. Beispielsweise professionelle Hochzeitsfilmer lieben dieses Feature, weil hier eine verlorene Szene wie das „Ja-Wort“ nicht durch den Ausfall einer Speicherkarte gefährdet sind. Ergänzt werden die zwei SD-Slots übrigens noch durch 32 GB internen Speicher.



Als Sensor verbaut Canon einen 1/3-Zoll CMOS-Sensor, der sich auch in weitaus teureren Profimodellen (unter anderem in der bauähnlichen XA10/ aber sogar auch der großen XF100/XF300er-Serie wiederfindet). Auch die Signalelektronik basiert weiterhin auf dem hauseigenen DIGIC DV III Prozessor, der bereits vor über vier Jahren von Canon eingeführt wurde und momentan (Stand 3/2013) in fast allen Canon-Bewegtbildmodellen vom kleinsten Einsteiger-Camcorder bis zu den großen Cinecams der C-Serie (C100/300/500) eingesetzt wird. Dieser etwas betagte Chip ist allerdings auch daran schuld, dass Canon weiterhin keine 50/60p-Aufnahme beherrscht, welche bei sämtlichen Konkurrenten mittlerweile Standard ist.



Gegenüber den Geräten aus Canons professioneller Produktsparte wird jedoch nicht mit dem bei Fernsehsendern beliebten MPEG2-4:2:2-Codec aufgezeichnet, sondern die Clips landen im Consumer-Format AVCHD mit maximal 24 Mbit und 4:2:0-Farbauflösung auf den SDHC/XC-Speicherkarten oder im internen Speicher.



Dieses Format sollte man jedoch nicht zwingend verteufeln, schließlich bieten sowohl Panasonic als auch Sony AVCHD sogar in ihren professionellen Produktlinien an. Außerdem könnte ja auch noch ein findiger Hacker vielleicht dahinter kommen, wie man den MPEG2-4:2:2-Codec bei den neuen Consumer-Kameras freischaltet. Einen 24p-Modus gönnt Canon übrigens nur der amerikanischen NTSC-Variante (HF G20), in unserem Test-Modell stehen nur 25p zur Verfügung, die Canon bei der Aufnahme in zwei Interlaced-Halbbilder verpackt. Das kann gelegentlich beim Schnitt für Probleme sorgen, falls man die Interpretationsparameter nicht sorgfältig setzt. Gegenüber den kleineren Modellen hat die die Legria HF G25 einen deutlich praxisnäheren Weitwinkelbereich - ca. 30mm statt 43mm (bezogen auf Kleinbild) - und mehr manuelle Funktionen im Menü freigeschaltet.







Bedienung

Außerdem unterscheiden sich die teureren Modelle natürlich auch durch die zahlreichen externen Bedienelemente. Doch in dieser Hinsicht gibt auch die HF G25 bereits ein überraschend gutes Bild ab. Neben einem (sehr schwergängigen) Forkusring am Objektiv besitzt die Kamera noch zwei frei frei definierbare Tasten neben dem Display sowie ein frei belegbares Rächen am Camcorderrücken neben dem Akku. Letzteres kann dazu genutzt werden Blende, Shutter und Gain manuell einzustellen. Hierfür wählt man als Belegung "manual Exposure" im Menü. Die entsprechenden Parameter können anschließend durch die darüber liegende Taste durchgesteppt werden. Dies erlaubt eine schnelle, direkte und sehr praxisnahe Bedienung im manuellen Modus, ohne das Menü benutzen zu müssen. Nebenbei sei erwähnt, dass es uns im Test nicht gelang, diese Taste mit einer anderen Funktion zu belegen.



Der nur nach hinten ausziehbare Sucher ist leider nicht sonderlich scharf, ganz im Gegenteil zum Display, das mit 922.000 Subpixeln auf 3,5 Zoll auch bemerkenswert groß ausgefallen ist. Der Diagonalengewinn von einem halben Zoll gegenüber Sonys aktuellen Topmodellen von 2013 macht sich beim Filmen deutlicher bemerkbar, als er sich liest. Doch trotz besser zu treffenden virtuellen Display-Buttons leidete unser Modell an einer gewissen Display-Taubheit. So mussten wir oft mehrmals einen Menüpunkt drücken, bis unsere Aktion erkannt wurde. Meist half auch ein deutlich festeres drücken, als man es von anderen Geräten mit Touchdisplay gewohnt ist.



Der Touch-Fokus funktioniert bei Canon (im Unterschied zu Panasonic) auch im voll manuellen Modus. Schöne Schärfeverlagerungen während der Aufnahme gelingen hiermit allerdings selten gut, weil der Autofokus sich teilweise sehr erratisch auf einen neu definierten Punkt einstellt, sprich sich sichtbar einpegelt. Das gilt auch für den normalen Autofokus, der immer ein bisschen hektisch wirkt.



Umso besser gelingt das manuelle Fokussieren: Bei der Einstellung über den Objektivring wird der Filmer durch einen Waveform-Monitor, der sich über die ganze Bildbreite erstreckt unterstützt um Details als Ausschläge in den Wellenformen zu erkennen. Dazu gibt es Peaking und Expanded Fokus. Auch beim manuellen Belichten lässt sich Canon nicht Lumpen. Mit normalem Waveformmonitor und Zebraanzeige bekommt man schnell einen Überblick über kritische Bildbereiche.


Im Gegensatz zu allen Konkurrenten ist der Gain komplett von der Blende entkoppelt. Das bedeutet man kann wirklich alle Parameter unabhängig voneinander steuern. Der Gain geht übrigens bis zu 24dB und bietet noch eine zusätzliche MaxdB-Stellung, die wir auf ca. 30 dB schätzen würden.





Manuelle Kontrolle

Ebenfalls noch eine Erwähnung wert: Die Geschwindigkeit des Fokusrings und der Zoomwippe sowie die Drehrichtung des Fokusrings lassen sich ebenfalls frei justieren. Und auch die Audioaussteuerung ist in 100 Stufen einstellbar, dazu noch gibt es noch diverse Audio-Filter für Windschutz und ähnliches. Allerdings funktionierte die manuelle Tonaussteuerung bei uns nur mit einem externen Mikrofon. Für das interne Mikrofon wurde die manuelle Aussteuerung ausgegraut, sobald man das externe Mikrofon abzieht.



Bei der Bildcharakteristik sind Farbtiefe, Kontrast, Helligkeit und Schärfe frei einstellbar, allerdings nur in 5 Stufen, die nicht sonderlich stark variieren. Und auch der integrierte ND Filter findet sich wieder nur mit den Optionen "Automatik" oder "Aus". Wenn die ND-Automatik aktiviert ist, erscheinen zusätzliche ND-Filter-Einstellungen(ND 1/2, 1/4 und 1/8) als Parameter in der Blendensteuerung zwischen F4.0 und F4.8. Und nur dort lassen sich dann Blende und ND-Filter fest gekoppelt einstellen. Das kann zwar irgendwie Sinn machen, wenn man bei konstanter Blende in diesem Bereich nicht den Shutter verändern will.



Aber warum Canon ihn überhaupt festsetzt, bleibt schleierhaft. Schließlich brauchen viele Filmer einen ND-Filter entweder, um bei Telemakro-Aufnahmen mit dem Camcorder noch mehr Schärfentiefe rauszukitzeln oder um bei fast geschlossener Blende nicht überbelichten zu müssen. Beide Standard-Fälle gelingen mit der Canon-Implementierung nicht. So gesehen ein etwas zahnloses Feature, aber andere Kameras in dieser Preisklasse haben überhaupt keinen ND-Filter.




Aus alt mach neu?

Wem das allen nun schon etwas vorkommt, der irrt nicht. Denn gegenüber dem zwei Jahre alten Vorgängermodell (der Canon HF G10) hat sich an der technischen Ausstattung fast nichts verändert. Und auch in der Bildqualität sind die Unterschiede nur marginal. Der unverbindliche Listenpreis wurde allerdings deutlich von 1499 Euro für die HF G10 auf 1099 Euro für die HF G25 gesenkt. Durchaus verständlich denn sie konkurriert jetzt natürlich in erster Linie mit dem Abverkauf ihres Vorgängermodells, das zum Redaktionsschluss rund 150 Euro günstiger zu finden war und natürlich auch mit den entsprechenden Gebrauchtmodellen. Die professionelle Variante der Kamera (XA10) mit XLR-Griff und Nightshoot-Funktion ist nun laut Listenpreis rund doppelt so teuer, was sie im Vergleich mit der HF G25 deutlich uninteressanter erscheinen lässt.





Aus dem Messlabor

Der ausgeglichenen Schärfeverlauf der Kamera erstreckt sich sehr linear ohne auffälligen Bauch fast über das gesamte Messspektrum.



Luminanzauflösung



Nur leichte Moiré-Effekte in den Kreisen stören das ansonsten fast perfekte Schärfeverhalten der Kamera.



ISO-Testbild



Der ebenfalls sehr ausgeglichene Farbpegel ist in der Werkseinstellung nicht übertrieben stark eingestellt und lässt sich dazu noch den eigenen Bedürfnissen anpassen.



Chrominanz-Auflösung



Das Objektiv wird augenscheinlich nicht digital korrigiert, liefert in Anbetracht des großzügig ausgelegten Weitwinkels jedoch moderate Verzeichnungswerte.



Objektiv-Verzeichnung



Die Farbgebung in der Werkseinstellung ist ziemlich neutral. Weiterhin lässt sich die Bildcharakteristik noch im Menü verändern.



1200 Lux (Klicken für Bild in voller Auflösung)



Bei 12 Lux liegt der 1/3-Zoll Sensor im Zusammenspiel mit der lichtstarken Optik (F1.8) immer noch auf Augenhöhe mit vielen Konkurrenten in diesem Preisbereich.



12 Lux Automatik (Klicken für Bild in voller Auflösung)



Bei manueller Einstellung zeigt die HF G25 dank hohen Gain-Werten noch erstaunliche Lichtreserven. Die digitale Rausch-Filterung gelingt dabei sehr sauber.



12 Lux mit 1/25 Sek und manuellem Weißabgleich. (Klicken für Bild in voller Auflösung)





Die aufgezeichneten Störgeräusche im Audiobereich sind für einen Consumer-Camcorder durchschnittlich, wobei die Höhen nicht sonderlich stark beschnitten werden.



Störgeräusche





Fazit:

Bei der manuellen Bedienung lässt Canon durch die frei belegbaren Tasten alle Konkurrenten in diesem Preisbereich hinter sich: Drei sinnvoll belegbaren Knöpfe inklusive Drehrädchen und der Objektivring geben ambitionierten Filmern ein solides Werkzeug in die Hand. Ein schärferer Sucher hätte da noch gut ins Konzept gepasst. Die übrigen Features der Kamera sind


eine Frage der persönlichen Präferenzen. So kann beispielsweise der doppelte SD-Slot vielleicht für manchen Anwender entscheidend sein, geringfügig bessere Bildqualität gibt es dagegen bei der Konkurrenz. Das Fehlen von 50/60p und das Festhalten am Interlaced-Format wirkt rund 7 Jahre nach dem Abgang der Bildröhren für einen Spitzen-Camcorder im Jahre 2013 schon etwas anachronistisch.


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