Wir hatten bereits hier über das neue RED Lineup gesprochen, das wir während der Berlinale erstmalig näher in Augenschein nehmen konnten. Auch ARRI hat die Berlinale genutzt, um in den Räumen der DFFB den Stand aktueller Produktionstechnik sowie die Herausforderungen im Umgang mit neuen Formaten (u.a. 360° und Panoramic Cameras) zu skizzieren. Highlight war ein Special Screening von Wim Wenders 3D-Film Everything will be fine ...
Zunächst ein paar Worte zu Wim Wenders 3D-Produktion Everything will be fine, zu der ARRI auf der Berlinale eingeladen hatte, obwohl der Film schon im letzten Jahr in den Kinos zu sehen war. Wim Wenders hatte ja bereits 2011 erste – von der Kritik gefeierte - Erfahrung mit 3D im dokumentarischen Zusammenhang mit der Produktion von Pina gemacht. Everything will be fine ist der Versuch, die in 3D gesteigerte Darstellungspräsenz auch für fiktionale Stoffe und hier insbesondere für das Schauspiel im Arthouse Kino zu nutzen.
Ein sehr spannendes Experiment – wie wir finden –, weil hier bewußt gegen fest etablierte Sehgewohnheiten von 3D-Kino gearbeitet wird: Wenders erteilt der vermeintlich zwingenden Verknüpfung von actiongeladenem Blockbusterkino und 3D eine klare Absage.
Entsprechend braucht es auch etwas Zeit, sich für den ungewohnten Einsatz von 3D bei Everything will be fine zu öffnen: Eine entschleunigte Kamera, die sich Zeit nimmt, um Mimik und Gestik der Protagonisten zu erkunden und dialogische Situationen in 3D-Ebenen zu überführen.
Wenders Everything will be fine profitiert hierbei von der sehr starken Schauspielleistung seines Protagonisten Tomas (James Franco). In seinen besten Momenten gelingt es dem Film, einen Ausblick auf noch unberührtes Terrain im 3D Bereich zu geben: Etwa in der traumhaften Eröffnungssequenz mit dem fallenden Schnee oder der Dialogsequenz beim nächtlichen Telefonat zwischen Tomas und Kate (Charlotte Gainsbourg) oder bei der Herstellung der für den gesamten Film zentralen Atmosphäre von Ambivalenz und Bedrohung (sehr schick auch die Dollyzooms und der ironische Verweis auf „3D“ im 2D Film).
Zwar sehen wir im weiteren Verlauf des Films den Einsatz von 3D nicht ganz so zwingend wie Wenders selbst – der Film ist stark genug, auch ohne 3D bestens zu funktionieren – doch in gewisser Weise „veredelt“ 3D Everything will be fine – einen Luxus, den wir als Zuschauer gerne mitnehmen.
Wer also Lust hat, abseits der bereits ausgetretenen Pfade von 3D Neues zu entdecken, ist bei Everything will be fine genau richtig – wir freuen uns jedes Mal darüber, wenn Filmemacher auf Entdeckungsreise gehen, um die Grenzen der bisherigen Kinoproduktion zu erweitern – von unserer Seite also eine klare Empfehlung für Everything will be fine (wenn er denn mal wieder im Kino um die Ecke zu sehen sein sollte...)
Gefilmt wurde Everything will be fine auf ARRI Alexa Ms, die im Spiegelrig von Screenplane verbaut wurden.
Hier Kameramann Benoit Debie beim Dreh mit den beiden Alexas Ms auf einem Slider mit massivem OConnor Kopf:
Und hier die Dreharbeiten zur wohl im klassischen Sinne „actionreichsten“ Szene von Everything will be fine: Der Fahrt im Kettenkarussel auf dem Jahrmarkt, die in 3D erwartungsgemäß gut funktioniert hat (Kamerassistent Dany Racine mit dem Handheld-Setup):
(Dank an Screenplane für das Bereitstellen der Bilder)
Es gäbe noch viel zum Filmformat Everything will be fine und Wim Wenders (enttäuschten) Erwartungen an einen Durchbruch von 3D im Arthouse-Film zu berichten, aber wir müssen hier leider abkürzen – die nächsten Kameratests warten bereits …
Schließen wollen wir unseren kurzen Berlinale Besuch bei ARRI mit ein bißchen Zukunftsmusik.
Neben der Vorstellung des aktuellen ARRI Kamera-Portfolio zwischen Amira, Alexa (M) bis hin zu den XTs und der Alexa 65 hat ARRI auch Einblicke in den aktuellen Stand der Beschäftigung mit 360° und panoramatische Kamera-Setups gegeben.
Dr. Johannes Steurer von ARRI hatte in seinem Vortrag mit dem Titel 360° und panoramic cameras eine ganze Reihe von Grundlagen für VR-Anwendungen dargelegt und die Vor- und Nachteile unterschiedlicher 360° Kamera-Rig Kontruktionen u.a. auch mit Hinblick auf lückenlose Raumabdeckung erläutert. Während die meisten anderen 360-Grad Konstruktionen die Kameras in Ring- oder Sphärenanordnung anbringen und sie direkt nach außen filmen lassen, wobei sie zT. mit größeren toten Bereichen in der Abdeckung zu kämpfen haben, favorisiert ARRI den Einsatz von Spiegeln (was ja auch im klassischen 3D-Bereich ein bewährtes Konzept ist). Die Kameras filmen hierbei aus der vertikalen Achse über Spiegel hinaus in die Horizontale.
Zum Schluß noch ein interessanter Slide von dem Vortrag, der den derzeitigen Stand bei Bildrate und Auflösung im VR-Zusammenhang auflistet sowie die formulierten Ziele um bessere, immersive 360° Anwendungen zu entwerfen: