Der deutsche Kinoverband HDF schlägt Alarm - bis zur Jahresmitte wurden nur rund 41,9 Millionen Kinotickets in Deutschland verkauft, gut 7% weniger als in den ersten 6 Monaten des Vorjahres. Bis Jahresende sei mit insgesamt nur ca. 90 Millionen verkauften Tickets zu rechnen (2023: 95 Mio). Sollte sich diese Vorhersage bewahrheiten, wäre es - abgesehen von der Pandemiezeit - das schlechteste Resultat seit über 30 Jahren.
Hauptverantwortlich für den Rückgang dürften die hohen Eintrittspreise sein, allerdings in Kombination mit einigen anderen Faktoren. So hinken nach den großen Streiks in Hollywood vom letzten Jahr immer noch viele Blockbuster-Premieren hinterher - im Lichte dessen hatte die FFA im August den Rückgang beim Ticketverkauf noch als erwartbar und moderat bezeichnet. Unter anderem wurden drei Marvel-Filme nach 2025 verschoben, auch "Mission: Impossible – The Final Reckoning" sowie Avatar 3 starten anders als ursprünglich vorgesehen erst im nächsten Jahr. Gleichzeitig wurde wiederum der erhoffte Publikumsmagnet "Joker: Folie à Deux" von Todd Phillips von der Kritik zerrissen und floppte. Und nicht zu vergessen, die Fußball-EM wurde im Sommer ja auch ausgetragen.
Ein oft gehörtes Argument für abnehmende Kinobesuche ist auch die Konkurrenz durch Streamingportale wie Netflix, Disney und Co - nach dem Motto, warum in´s Kino gehen, wenn man zuhause auf dem Sofa seine Lieblingsserien ansehen kann. Nach nur kurzer Wartezeit erscheinen oft sogar die gleichen Filme, die es auch auf der Leinwand zu sehen gibt, im Video-on-Demand, für den Bruchteil des Eintrittspreises.
Allerdings hat kürzlich erneut eine Studie bestätigt, dass es nicht in erster Linie die Streamingkonkurrenz ist, die es den großen Leinwänden schwer macht, denn nach wie vor gehen jene, die zuhause viel Video sehen, auch relativ häufig Kino. Bei einer britischen Befragung aus dem letzten Jahr wurden von den meisten Teilnehmern hohe Eintrittspreise und ein wenig überzeugendes Filmangebot als Hauptgründe dafür genannt, selten ein Kino zu besuchen. Was uns direkt an eine Studie aus 2019 erinnert, welche einen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Höhe der Eintrittspreise und der Anzahl der verkauften Kinokarten herstellte - so waren damals in Mexiko die Kinokarten am günstigsten und die Besucherzahlen am höchsten, während in skandinavischen Ländern, wo hohe Eintrittspreise fällig werden, die Besucherquote unter den niedrigsten war.
Was die Filmauswahl wiederum betrifft, so wurde kürzlich gemeldet, dass die 12 aktuell erfolgreichsten Filme weltweit ausschließlich Sequels sind - erst auf Platz 13 kommt ein "eigenständiger" Film (It Ends with Us / dt. Nur noch ein einziges Mal):
1. Inside Out 2
2. Deadpool & Wolverine
3. Despicable Me 4
4. Dune: Part Two
5. Godzilla x Kong: The New Empire
6. Kung Fu Panda 4
7. Beetlejuice Beetlejuice
8. Venom: The Last Dance
9. Bad Boys: Ride or Die
10. Kingdom of the Planet of the Apes
11. Twisters
12. Alien: Romulus
Wie es scheint nicht ohne Grund setzen die großen Studios auf Fortsetzungen von bereits etablierten Erzählungen, um möglichst viel Geld einzuspielen. Allerdings sind solche Filme meist auch teurer in der Produktion - was letztlich auch den Eintrittspreis in die Höhe treiben dürfte. Wir hatten schon 2016 darüber einen Artikel veröffentlicht, über Hollywoods neue Filmuniversen: endlose Wiederholung oder Chance für etwas Neues?.