markusG hat geschrieben: ↑Fr 07 Jul, 2023 10:01
Dann gibt es noch Discord, auch themenübergreifend, aber auch da gab ich nur den kleinen Zeh eingetaucht und sehe es eher als Chat.
Wollte gerade hier was größeres über Discord schreiben, bevor Dein Posting kam...
Doch zuerst zu
Facebook: Ich sehe die Abwanderung von öffentlichen Netzforen zu Facebook bei einer Reihe kameraspezifischer Communities, in den ich mitlese und (selten) mitdiskutiere, z.B. bei MagicLantern, wo das öffentliche Forum praktisch nur noch von Entwicklern benutzt wird und alle User in einer Facebook-Gruppe aktiv sind, oder beim aktivsten Nutzerforum der Sigma fp.
Was mich an Facebook-Gruppen nervt, ist nicht nur die Plattform-Eigentümerschaft durch einen problematischen Großkonzern, der Klarnamenzwang und die direkte Verlinkung des eigenen Forenprofils zum persönlichen Facebook-Profil, sondern (a) dass alle Diskussionen in Facebooks "Walled Garden" bleiben und dadurch das gesammelte Forenwissen der Öffentlichkeit entzogen wird [während man hier in Slashcam oder z.B. auch in den DPreview-Foren über die Forensuche fast immer eine Antwort auf eine technische Frage bzw. ein technisches Problem findet] und (b) die bescheuerten Filter-/Sortierungsalgorithmen, die dafür sorgen, dass Postings/Diskussionsthreads nach momentaner Aktivität priorisiert werden, daher schnell von der Hauptseite der Gruppe verschwinden, was dazu führt, dass im Laufe der Zeit immer wieder dieselben Fragen gestellt werden. Deswegen habe ich mich aus den meisten Facebook-Gruppen entnervt wieder ausgeklinkt.
Discord hat leider dasselbe Hauptproblem wie Facebook (und alle kommerziellen social media): Es ist ebenfalls ein proprietärer "Walled Garden" bzw. ein firmeneigenes Silo, in dem Netz-Community-Wissen nichtöffentlich verschwindet. ABER: Ich sehe das überhaupt nicht als Chat, sondern vom ganzen Ansatz und Interface her als ziemliche Herausforderung für klassische Netzforen wie Slashcam. IMHO ist das Interface und der Programmieransatz nämlich in vielerlei Hinsicht besser/moderner.
Im Prinzip bietet ein sog. Discord-Server (=ein Discord-Forum, das durch jeden Discord-Nutzer gestartet werden kann) alles, was auch ein Forum wie Slashcam bietet - inclusive thematischer Subforen und Diskussionen mit besserer/modernerer Verknüpfung von Antworten auf frühere Postings und ein viel flexibleres Abonnement/Benachrichtigung über neue Postings in bestimmten Subforen. Einbinden von Bildern/Dateianhängen, Suchfunktionen etc. sind auch ziemlich gut. Das einzige, was leider nicht geht, sind thematische Threads. Stattdessen laufen Diskussionen immer nur im jeweiligen Subforum.
Das echte Killer-Feature von Discord ist, dass es ein Gesamtinterface für alle Discord-Foren gibt, die man abonniert hat. Aktuell bin ich u.a. Mitglied des Discord-Forums des Cinepi (Raspberry Pi-basierte Raw-Videokamera), des Discord-Forums von Motioncam (Raw-Video-App für Android-Smartphones), zweier Foren für Liebhaber alter digitaler Kameras und des Diskussionsforums von phillipreve.net, einer Fotokamera-Reviewwebsite. Alle diese Foren erscheinen untereinander sortiert im selben Interface, sowohl auf der Website, als auch in der Discord-Mobile App.
Man muss also nur einmal auf Discord gehen und sieht auf einen Blick, was sich in allen Foren, deren Mitglied man ist, gerade tut: wo andere Foristen auf eigene Postings reagiert haben, welche Subforen, die man als wichtig markiert hat (wie z.B. das Ankündigungs-Subforum für neue Versionen von Motioncam), neue Postings haben, etc.etc. Man hat nur noch ein Interface - sozusagen ein großes Deck - für alle Foren/Communities, deren Mitglied man ist, was natürlich auch Vorteile hat, weil man sich mental nicht dauern auf neue und ggfs. eigensinnige oder angestaubte Interfaces (wie z.B. hier im Slashcam-Forum das BBCode-Markup und der bockige Umgang sowohl mit eingebundenen externen, als auch hochgeladenen Bildern) umstellen muss.
Der andere Vorteil ist, dass man als normaler Nutzer ein Forum wie Slashcam einfach dadurch aufsetzen und betreiben kann, dass man sich bei Discord anmeldet, ein neues Forum ("Server") einrichtet, alle Subforen definiert und dann mit Leuten loslegt. Natürlich ist das die typische Verführung von kommerziell-geschlossenen Plattformen. Aber wenn es etwas Discord-äquivalentes mal im Fediverse (also den peer-to-peer/Community-betriebenen Open Source-sozialen Medien wie Mastodon, PeerTube & Co.) gäbe, fände ich das schon eine echte Alternative zu den heutigen Webforen.
EDIT: Übrigens hat auch Open Source-Software momentan das Problem, das immer mehr Projekte/Entwicklercommunities zu Discord gehen, einfach aus Bequemlichkeit, weil das Interface - wie gesagt - ziemlich gut ist. Felix 'Fefe' von Leitner hatte darüber neulich mal ein paar rants auf seinem Blog:
"Inzwischen ist es so, dass praktisch jedes Open Source-Projekt einen Discord bewirbt. Youtuber haben inzwischen Discord. Videospiele-Mods haben Discord.
Besonders bei Open Source-Projekten ist mir das ein riesiger Dorn im Auge. Wer Fragen hat, kann ja in den Discord kommen. In der nächsten Iteration gibt es dann erst Recht keine Dokumentation mehr, weil man ja einen Discord hat. Und damit ist das ganze Wissen futsch, nichts ist suchbar. Man erzieht die Leute zur Hilflosigkeit.
Und wofür? Für die Profitmaximierungschancen von Discord."
https://blog.fefe.de/?ts=9af9df3d
Und:
Häufigster Einwand: Aber aber aber Fefe, Discord ist einfach zu bedienen, nicht so Frickelscheiße wie IRC! Discord kann man auch schnell als kompletter Vollidiot mal eben aufsetzen! [...]
Zweithäufigster Einwand: Aber aber aber Discord kann doch auch Audio und Video und Upload!
https://blog.fefe.de/?ts=9af6b70d