vertrider hat geschrieben: ↑Fr 10 Dez, 2021 07:12„Die Möglichkeit zB aus 6.2K CinemaDNG mit minimalem Aufwand Standbilder DNGs zu extrahieren, die sich perfekt mit Adobe ACR, Lightroom oder Photoshop bearbeiten lassen ist eines der am meisten übersehenen Features von CinemaDNG. ...“.
ja -- grundsätzlich seh ich das natürlich ähnlich, trotzdem ist es vermutlich nicht der springende punkt.
ob man nun die nun die frame-sequenzen in ISOBMFF- od. MXF container zusammenfasst, oder mit stapeln von einzelbildern (DPX/OpenEXR/cDNG) arbeitet, macht im grunde keinen großen unterschied.
im amteurumfeld wird natürlich eher ersteres erwartet und als viel praktischer empfunden, während bei high-end produktionen weiterhin durchwegs einzbildsequenzen genutzt werden, weil das im zusammenhang mit renderfarmen und möglichst optimierten zugriffen und speicherlösungen in weitestgehend verlustfrei arbeitenden verarbeitungspipelines noch immer die effizientere lösung darstellt.
da man aber ohnehin -- z.b. mit ffmpeg -- frames jederzeit völlig verlustfrei aus einem sequentiellen container heruausgreifen und als einzelbild abspeichern kann und umgekehrt, ist dieser äußere rahmen bzw. unterschied eher vernachlässigbar.
weit wichtiger ist die frage, was sich in den einzelnen formaten tatsächlich unterbringen lässt bzw. wie flexibel sie im hinblick auf erweiterungen sind?
das ist einer der punkte, wo DNG, obwohl es sonst eine recht vorbildliche, gut dokumentierte und weitestgehend offene lösung darstellt, leider einige probleme birgt.
einerseits ist es internen bzw. als referenz für entsprechende korrekturangaben am
ProPhoto-farbraum orientiert, was heute in mancherlei hinsicht nicht mehr unbedingt als optimal erscheint, aber auch von den verwendbaren kompressionsvarianten, ist es auf 3-4 möglichkeiten beschränkt, die mittlerweile als stark überholt gelten.
da sich letzteres leider nicht so einfach ändern bzw. frei erweitern lässt, weil dafür in den im dateiformat eben nur diese wenigen auswahlmöglichkeiten von adobe fix festgelegt wurden, sind dann von einzelnen herstellen so dinge wie
GPR eingeführt worden, die praktisch in fast allem identisch mit DNG sind, nur eben eine andere kompressionsvariante nutzen, womit das ganze dann aber natürlich wieder mit dem rest der welt inkompatibel ist.
aber natürlich hat's in puncto komprimierung in den letzten jahren wieder große fortschritte gegeben, so dass eben mittlerweile wieder deutlich verbesserte varianten der
verlustfreien aufzeichnung zur verfügung stehen, die man früher nicht voraussehen konnte.
gerade die frage der komprimierung ist aber in diesem zusammenhang wirklich extrem bedeutsam!
wenn RAW-aufzeichnung nämlich tatsächlich sinn machen soll, dann hat sie im wesentlichen nur eine ganz konkrete aufgabe zu erfüllen, nämlich
die sensordaten in einer weise festzuhalten und zu übergeben, die eine nachbearbeitung auf leistungsfähigeren maschinen in einer weise erlauben, wie es in echtzeit und im hinblick auf die begrenzenten rechenleistungen in den kameras nicht möglich wäre! -- ansonsten ist es weit sinnvoller das processing auf der kamera durchzuführen und platzsparende übergabe- und aufzeichnungsformate zu nutzen.
verlustbehaftete varianten braucht man in diesem zusammenhang gar nicht weiter ernsthaft diskutieren, weil sie eben diesem genannten zentralen anspruch in der praxis nicht ausreichend gerecht werden.
dinge wie RAW-denoising, FPN-korrktur, avanciertere debayer techniken, präzises highlight recovery lassen sich einfach nur mit rückgriff auf die unveränderten ausgangswerten wirklich sauber umsetzten. wenn z.b. durch primitives denoising od. unzureichende verlustbehaftete komprimierung einmal unschärfen eingeflossen sind, lassen sich diese aufgaben nicht mehr präzise lösen.
es geht hier also nicht nicht einfach nur darum, ob man entsprechende unschärfe mit freiem auge erkennt, sondern dass bildverarbeitungsoperationen, die tatsächlich auf der ebene einzelner benachbarter pixel arbeiten, und dabei so dinge wie aliasingartefakte od. moire gezielt zu minimieren versuchen, in der aufbereitung der daten tatsächlich sinnvoll eingesetzt werden können.
dort wo diese voraussetzung nicht gegeben ist, braucht man von RAW im engeren sinne ohnehin nicht mehr zu sprechen. es mag dann zwar in machen programmen durchaus noch einzelne bedienelemente geben, die an entsprechende operationen erinnern -- so wie man halt im photoshop auch für JPEGs eine nachträgliche farbtemperaturkorrektur findet --, aber im grunde sind diese möglichkeiten bereits weitestgehend vertan, wo man nicht mehr auf derartige verlusfrei erhaltene ausgangsdaten zugreifen kann.
die zentrale zielsetzung bei TicoRaw bzw. JPEG XS ist es also, derartige unverfälschte ausgangsdaten mit möglichst geringem rechenaufwand und ausreichend hoher kompression für eine weiterverabeitung auf leistungsfähigerer hardware festzuhalten bzw. sie zu übertragen -- das ist wirklich etwas völlig anderes als untauglichen pseudo-RAW-scherze an ein anspruchsloses und unkritisches publikum zu verkaufen, wie es gegenwärtig einige hersteller praktizieren.