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Grading von "The King"

Verfasst: Fr 08 Nov, 2019 09:15
von Axel
Das Historiendrama "The King" (Heinrich der Fünfte), das z.Zt. auf Netflix zu sehen ist, ist als "DolbyVision" und "Dolby Atmos" geflaggt. DolbyVision heißt HDR. In diesem sah ich es zuerst, bevor ich es anschließend zum Vergleich auf dem Computer in SDR sah.

Mir fielen dabei einige interessante Grading-Entscheidungen auf, die für beide Versionen gelten (d.h. der Film ist problemlos und ohne große Einbußen "SDR-kompatibel"). Aber in SDR wären sie mir wohl nicht aufgefallen.

Sehr häufig, d.h. zu fast 50 %, sind innerhalb eines Bildes die hellsten Stellen nicht die, die es physikalisch eigentlich sein müssten. Besonders auffällig in den Schlachtenszenen in Agincourt. Es ist Tag, der Himmel ist manchmal blau, manchmal grau. Aber heller als er (und in HDR sehr deutlich heller) sind die Reflexe auf den Ritterrüstungen. Und das sogar dann, wenn kurz die verdammte Sonne im Bild ist! Das hat zweierlei zur Folge. Erstens erhöht es die Plastizität des Metalls, lässt es schärfer, schwerer, tödlicher erscheinen. Zweitens erhöht es die "Klarheit" des Bildes. Ich meine den ACR/Lightroom-Filter, der den Kontrast nur der Mitteltöne anhebt. Das Bild wirkt "punchy".

Dann gibt es von Kerzen erleuchtete Räume bei Tag, bei denen die Flammen matter sind als Reflexe von irgendeinem außerhalb der Bildgrenzen liegenden Fenster auf Haaren und (sehr oft) auf Augen. Nicht naturalistisch, aber auch nicht künstlich wirkend. Was der SDR-Version fehlt ist die feine Zeichnung in den dunklen Bildpartien, was aber kaum stört, da diese ohnehin als "Hintergrund" fungieren, vor dem der Motivkontrast die Hauptmotive "freistellt".

Nur als kleine Beobachtung, wie kreative DoPs, Ausstatter, Produktionsdesigner und Coloristen auf die Herausforderung HDR auch reagieren können.

Re: Grading von "The King"

Verfasst: Fr 08 Nov, 2019 17:51
von carstenkurz
Das ist aber *eigentlich* keine Frage von HDR, sondern 'nur' des kreativen Colorgradings, oder? Diese bewussten Verschiebungen von Helligkeitswerten zur lokalen Betonung oder Reduktion lassen sich in SDR ja eben genau so abbilden (mag sein, dass der Spielraum dafür enger ist, und es hilft natürlich, wenn in der Aquise mehr Fleisch aka Kontrastumfang dazu geliefert wird - wobei man das heute bei einer HighEnd-Produktion aus RAW in Richtung rec.709 ja auch ohne HDR ohnehin schon zu Verfügung hat).

Im Grunde das gleiche wie bei Sounddesign und Foley.

Es ist nur natürlich viel aufwendiger, sowohl was die Entscheidungsfindung, als auch die Umsetzung angeht. Und Kamera und Licht müssen gegenüber sowas schon ganz schön aufgeschlossen sein. Alternativ sehr gut bezahlt...

- Carsten