scrooge hat geschrieben: ↑Mo 30 Jul, 2018 14:20
scrooge hat geschrieben: ↑Mo 30 Jul, 2018 13:41
Auf dieser Seite:
http://www.jbalazer.com/aces-in-sony-vegas
wird nicht nur erklärt, warum Cine1 besser als S-Log2 ist, sondern auch der ACES-Workflow mit Sony Vegas vorgestellt. Ich habe die Schritte in Vegas nachvollzogen und bin sehr angetan, wie mein Cine1-Footage dargestellt wird.
Ich sehe gerade, dass Jacob Balazer das ganze noch weiter entwickelt hat:
https://www.logarist.com/
Läuft jetzt auch mit Resolve, Premiere etc.
Kennt das schon jemand?
ich galube, ich kenne das projekt ziemlich gut und seit seinen anfängen -- immerhin habe ich mit dem jacob damals eine ziemlich intensive korrespondiert und ihm auch die meine messwerte, die ich im zuge von GH4 spezifischen ACES IDT entwicklungen gesammelt habe, zur verfügung gestellt, um sich nicht nur auf seine eigenen kameras stützen zu müssen.
eherlich gestanden würde ich dieses projekt aber nicht überbewerten. ich schätze es zwar sehr, wenn sich einzelne leute für eine technische frage so begeiestern können, dass sie wirklich drann bleiben und ganz originelle und sehr persönliche alternativen entwickeln, trotzdem ist das ganze halt doch eher in der amateuer-liga angesiedelt und in den meisten punkten mehr ein neu-erfinden des rades bzw. nachahmen all dessen, was in ACES ein bisserl weitsichtiger bzw. mit höheren ansprüchen und unheimlich viel hintergrund know-how von wirklich erfahrenen farbexperten quasi parallel bzw. kurz davor bereits entwickelt wurde.
während aber ACES eben wirklich immer sehr stark auf die allerhöchsten ansprüche der filmindustrie hin ausgerichtet war und gerade in den anfängen (also in vers. 0.6 u. 0.7) noch kaum unterstützung für für unsere viel bescheideneren produktionsmittel geboten hat, hat eben jacob von anfang an genau diese lücke besser auszufüllen versucht. damit hat er auch wirklich punkte berührt, die im laufe der zeit auch im ACES massiv verbessert wurden, uzm der praxis besser gerecht zu werden. es ist ja schließlich nicht immer vorteilhaft in völlig überzogen groß dimensionierten arbeitsfarbräumen zu arbeiten, sondern oft sinnvoller im erst später hinzugekommen ACES AP1 farbraum statt AP0, oder eben ProPhoto gamut zu arbeiten, wie es jacob versucht:
aber, wie gesagt, ich glaube schon, dass es in diesen dingen mehr sinn macht, sich tatsächlich an den größeren standardisierungsbemühungen bzw. dem gemeinsamen anstrengungen der entsprechenden experten-community zu orientieren, als sich zu sehr von einzelnen produkten, firmenstandards oder eben auch wirklich schätzenswerten einzelkämpfern und ihren entwicklungsbemühungen blenden zu lassen...
aber zurück zur eigentlichen frage:
Funless hat geschrieben:Also was diesen Thread betrifft geht es um ein und dieselbe Kamera und nicht um die Abgleichung von verschiedenen Kameras, sofern ich den TO (Hartmut) richtig verstanden habe.
natürlich bemühen sich alle hersteller, die einzelnen bildprofile ihrer kameras möglichst harmonisch aufeinander abzustimmen, trotzdem kann das nur bis zu einem gewissen grad gelingen. es stehen dem einfach ganz grundsätzliche probleme entgegen.
ich hab deshalb schon vorhin ganz bewusst von "gleichen kameras
und identischen einstellungen" gesprochen.
es ist ja nicht so, dass ich nicht selber auch das meiste einfach mit dem ganz normalen rec709 standard profil filmen würde, und lieber nur in jenen situationen, wo ich tatsächlich mit objekt-kontrastumfängen konfrontiert bin, die sich nur mit einem ausweichen auf CineD einfangen lassen, zu letzterem greife (und dem V-LOG zumindest auf meiner kamera lieber bewusst aus dem weg gehe, obwohl es durchaus auch seine vorzüge hat).
trotzdem sollte man sich einfach klar machen, wo das problem eigentlich liegt bzw. warum dieser ansatz, wie er in ACES u.ä genutzt wird, tatsächlich sinn macht:
gerne wird bei der diskussion über LOG vs. tradionellem rec.709 gamma und seinen abarten nur der verlauf der helligkeit bzw. werte, die sich auf einzelne farbkanäle beziehen, herausgegriffen, nicht aber deren zusammenspiel innerhalb sgn. farbräume betrachtet. natürlich macht das sinn, um wenigstens diesen einen ganz zentralen aspekt besser zu begreifen und durchdenken zu können, trotzdem bleiben dabei andere, ausgesprochen wichtige(!), gesichtspunkte völlig ausgeklammert.
während in den meisten LOG-formaten die einzelnen farbkanäle weitestgehend dem entsprechen, was der sensor tatsächlich liefert, und in dieser hinsicht mit wichtigen eingriffsmöglichkeiten im falle von RAW ausgangsmaterial gemeinsam haben, liegt im falle der div. rec.709 ähnlichen kameraprofile praktisch immer auch eine kamerainterne aufbereitung bzw. vermischung von farben vor (=> gamut-kompression), die sich nachträglich praktisch nicht mehr rückgängig machen lässt.
während sich die einzelnen farbkanäle ganz isoliert ziemlich einfach in form monotoner übertragagungsfunktionen umwandlen, packen und später wieder weitestgehend problemlos rekonstruieren lassen, ist das bei diesen komplexen farbaufbereitungsoperationen der kamera, die man sich eher analog zu 3D LUTs vorstellen muss, nicht mehr so einfach und in sehr vielen fällen auch ganz prinzipiell gar nicht mehr eindeutig möglich.
das hat aber in der praxis ganz massive folgen!
nehmen wir vielleicht als einfache beispiel, die möglichkeit nachträgliche weißabgleichskorrekturen her:
im falle von weitestegehend unveränderten daten, wie sie der kamerasensor liefert, kann man hier ganz ähnlich vorgehen, wie es auch die kamera intern macht -- also einfach die verstärkung der einzelnen farbkanäle und ihrer linearen werte mit drei unterschiedlichen faktoren multiplizieren (natürlich gibt es auch noch etwas anspruchsvollere lösungen, aber kameras lösen das in der regel tatsächlich auch nur in dieser ganz primitiven weise). wenn man dagegen bspw. mit rec.709 material oder einem JPEG photo im sRGB farbraum zu tun hat, muss man hier zuerst einmal die diese ursprünglichen ausgangswerte zu rekonstruieren versuchen, so ferne das noch möglich ist, um eine derartige operation in einer mathematisch korrekten bzw. dem verhalten in der natur entsprechenden weise vornehmen zu können. dass wird natürlich in jenen fällen, wo man nicht mit einem entsprechenden default verhalten der jeweiligen kamera od. einem fix spezifizierten standard farbraum zu tun hat, sondern auch noch irgendwelche zusätzlichen einstellungen (knee etc.), die der kameramann der jeweiligen aufnahme vorgenommen bzw. variiert hat, nur noch weiter verkompliziert bzw. praktisch verunmöglicht.
gut -- mit dem nötigen augenmaß und entsprechender übung kann man alles auch irgendwie anders wieder einigermaßen zurechtbiegen bzw. neu
malen. trotzdem macht's natürlich sinn, sich in diesen dingen um workflows zu bemühen, die das alles deutlich einfacher, sauberer und klarer nachvollziehbar machen.
ich sag nicht, dass das alles jetzt gleich für jedes beliebige youtube-filmchen od. irgendwelchen urlaubserinnerungen gleich als zwingende voraussetzung anzusehen ist, aber als völligen unfug, der überhaupt keinen sinn macht, sollte man es vielleicht auch nicht gleich abtun.
und zum schluss vielleicht noch eine kleine anmerkung bzgl. der frage, warum man derartige abstraktionen bzw. größeren arbeitsräume nutzen soll, wenn man ohnehin nur an rec.709 resultaten interessiert ist bzw. auch nichts anderes auf den benutzten arbeitsgeräten darzustellen vermag?
ja -- diese grundsätzlichen begrenzungen sollte man tatsächlich ernst nehmen bzw. beachten. ich halte also überhaupt nichts davon, auf schirmen, die nur rec.709 SDR darstellen können, irgendwelche HDR geschichten produzieren zu wollen od. eine saubere farbabstimmungen für projektionen im P3 farbraum vornehmen zu können. diesbezüglich muss man sich einfach mit dem begnügen, was einem tatsächlich zur kontrolle bzw. als visuelles feedback zur verfügung steht.
das ändert aber nichts daran, dass es durchaus sinn macht, wenn die benutzten programme unbedingt deutlich genauer rechnen können sollten, als es durch die begrenzungen des ausgabeformats vorgegeben ist, und natürlich auch mit helligkeits- und farbinformationen jenseits davon richtig (=nicht destruktiv) umgehen können sollten!
nur so bewahrt man sich die freiheit, entsprechende reserven ganz gezielt in den bereich des darstellbaren zu übertragen bzw. komplexere korrekturen vorzunehmen. die übersetzte darstellung am rec.709-schirm bzw. das ganz ähnlich gelagerte umrechenen in der abschließenden ausgabe, sind also eher nur als hilfsmittel zu verstehen, sich in einem wesentlich differenzierteren größeren arbeitsraum sinnvoll zu bewegen.