slashCAM Forum

mannamanna hat geschrieben:@Axel: Evolution der Filmsprache, klar, aber der Vorwurf ist ja, dass das "Chaos Cinema" in Actionsszenen ganz auf Nonstop-Überwältigung durch Sinnesreizüberflutung setzt - das mag manchmal sinnvoll sein und begründet, als Dauerstilmittel eingesetzt aber vielleicht zu krude.

Actionszenen sind wann genau etwas anderes als krude?

Reizüberflutung ist möglicherweise eine alternative Form der Betäubung. Man kriegt eigentlich nichts mehr mit, weil alles chaotisch schnell geht. Filme in diesem Stil haben ganz offensichtlich - man mag es beklagen oder nicht - ein größeres Publikum, als Filme mit klug sich entwickelndem, mitdenkbarem Plot. Der Ansatz wäre dann Kultur- und Gesellschaftskritik mit moralisierendem Beigeschmack, auf jeden Fall nichts wissenschaftlich Haltbares. Schnelle Schnitte in modernen Kinofilmen wären nur ein Symptom einer sich ändernden Gesellschaft. Wer Film aufgrund von Stiltrends kritisiert, zeigt, dass er keine Ahnung von Kino hat.

mannamanna hat geschrieben:... warum sollte es nicht valide sein, diese (mehr oder weniger neue) Technik in Hinsicht daraufhin zu beurteilen, wie das auf den Zuschauer/einen selbst wirkt, was letztendlich ja der ultimative Zweck jeder Filmsprache ist? Wie es scheint, sind fühlen sich hier viele davon nicht auf angenehme Weise ein den Film hineingezogen und verweigern sich dieser Technik.

... womit sich das "Problem" von allein erledigen würde, wenn ...

Wenn nämlich nicht alle ständig auf die Form starren würden und stattdessen auf den Inhalt. Würde sich die Mehrheit aktiv mit den Inhalten von Filmen auseinandersetzen, hätten Michael Bay und ähnliche Popcornbäcker ausgepoppt. Einem klugen Film kann man dann kein Stilmittel verbieten oder miesmachen, weil es nicht eingesetzt wird, um vom inhaltlichen Vakuum abzulenken.

Was war "Children of Men" für eine Wohltat. Der Film beweist, dass Action keine schnellen Schnitte oder eine losgelöste Kamera braucht. Gerade die langen Steady-Flüge, inmitten von explodierenden Panzern etc., machten den Film für mich so einzigartig.
Wackelkamera ist so laaangweilig! Schlimmer wird`s nur noch, wenn der Kameramann die Zoomwippe entdeckt und dann beides kombiniert. Ich glaube "Die Akte Jane" war so ein Murks.

Um deutsche Filme wird schon lange ein großer Bogen gemacht, es sei denn, der Türke hier aus Hamburg zeichnet sich verantwortlich;).

MfG

MD

Axel hat geschrieben: Wenn nämlich nicht alle ständig auf die Form starren würden und stattdessen auf den Inhalt. Würde sich die Mehrheit aktiv mit den Inhalten von Filmen auseinandersetzen, hätten Michael Bay und ähnliche Popcornbäcker ausgepoppt. Einem klugen Film kann man dann kein Stilmittel verbieten oder miesmachen, weil es nicht eingesetzt wird, um vom inhaltlichen Vakuum abzulenken.

Bin ganz Deiner Meinung :-)

Wenn wir schon über falsch oder richtig philosophieren....wer oder was ist denn die Instanz welche bestimmt was richtig oder falsch ist?

Gibt es sowas? NEIN...künstlerische Freiheit nennt man soetwas....Inhalte sind schön des längerem aus dem Kino und auch aus dem TV verschwunden....

Filme mit packendem Content...überragenden Schauspielern....atemberaubenden Locations...einem überschaubarem Budget sind schon lange Vergangenheit.

Vielmehr legt das Publikum auf die Machart den Fokus und kritisiert 3D, Wackelcams, DOF, und Schnitte. Selber noch nie ein solches Riesenprojekt realisiert, aber sich das Recht zusprechen kritisieren zu können.

Sowas ist eine Anmaßung sondergleichen.

Es steht doch jedem frei ein Drehbuch zu schreiben welches einem aus den Fingern gezerrt wird und ausschliesslich mit Inhalt überzeugt. Wenn wir sooooo viele Profis unter uns haben warum wagt keiner den Weg und schafft etwas was noch niemand anderes zuvor geschaffen hat. DAS PERFEKTE DREHBUCH mit DER PERFEKTEN BESETZUNG und DEM EINZIGARTIGEN CUTTER... und DEM EINZIG WAHREN REGISSEUR

Es gibt eben für alles eine Lobby....warum dann auch nicht für sog. Wackelcams oder schnelle Cuts? Zum Anschauen wird niemand gezwungen ;-)

Wer in der TV- und Kinowelt einen Wandel vollziehen will kann dies doch versuchen....

Wo fängt Realität an und wo hört Fiction auf? Oder verschmilzt beides momentan zu sehr?

Greetz

Axel hat geschrieben:Filme in diesem Stil haben ganz offensichtlich - man mag es beklagen oder nicht - ein größeres Publikum, als Filme mit klug sich entwickelndem, mitdenkbarem Plot.

So ungern ich Dir widersprechen mag, aber hier ist die Top 10 der Filme mit den meisten Zuschauern:

1 Avatar - Aufbruch nach Pandora
2 Titanic
3 Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2
4 Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs
5 Transformers 3
6 Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik
7 Toy Story 3
8 Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten
9 Alice im Wunderland
10 The Dark Knight

Ich denke die meisten dieser Filme haben durchaus eine interessante, mitdenkbare Story und die wenigsten dürften dem Chaos Action Kino entsprechen.
Quelle: http://tiny.cc/hgx32

Zugegeben - der meiner Meinung nach beste deutsche Nachkriegsfilm ("Ich war 19" von Konrad Wolf) ist nicht darunter;-). Aber so richtig flach ist eben auch keine der Stories. Die Inszenierung schwankt von bieder (Titanic) bis moderat-modern (Avatar). Transformers 3 hab ich nicht gesehen und kann nichts dazu sagen, aber ich denke, bei den anderen Filmen war es schwerpunktmässig die Erzählung an sich oder Johnny Depp in persona, die fasziniert haben...

Bei Transformers3 ist das Verhältnis von Kosten, Erfolg und Leistung ganz besonders krude. Ich habe selten einen derart kaputt geschnittenen Film gesehen. Action an sich wäre da garnicht das Problem - der Film sieht aus wie nach dem Amoklauf einer Zensurbehörde. Bay ist einfach nur ein Idiot...


- Carsten

Numquam hat geschrieben:Wenn wir schon über falsch oder richtig philosophieren....wer oder was ist denn die Instanz welche bestimmt was richtig oder falsch ist?

Aber das ist doch genau das, was ich sage. Der Autor des Essays hält den von ihm identifizierten Chaosstil für falsch. Welche Haltung nimmt er selbst ein?

Numquam hat geschrieben:Inhalte sind schön des längerem aus dem Kino und auch aus dem TV verschwunden....

So ausgedrückt stimmt das nicht. Erlaube mir eine Umformulierung: Die Inhalte aller modernen Mainstream-Filme sind affirmativ - mit sehr wenigen Ausnahmen. Am kontroversesten war die Kinolandschaft der Sechziger und Siebziger (hier mal ein Fragment eines unvollendeten 64ers, nur so zum Vergleich). Im Vergleich kommt es uns so vor, als seien heutige Filme ohne Inhalt, aber so etwas ließe sich nicht verkaufen. Die Inhalte des Blockbusterkinos fielen am ehesten unter das Betäubungsmittelgesetz.

Numquam hat geschrieben:Filme mit packendem Content...überragenden Schauspielern....atemberaubenden Locations...einem überschaubarem Budget sind schon lange Vergangenheit.

Und das ist falsch. Sie laufen in den Programmkinos. Um sie zu entdecken (sich "den Atem rauben" zu lassen, schöne Beschreibung), darf man keine Geschmacksverstärker erwarten, wie sie Hollywood perfektioniert hat, man muss sich auf das Unerwartete auch einlassen.

Numquam hat geschrieben: legt das Publikum auf die Machart den Fokus und kritisiert 3D, Wackelcams, DOF, und Schnitte. Selber noch nie ein solches Riesenprojekt realisiert, aber sich das Recht zusprechen kritisieren zu können.

Sowas ist eine Anmaßung sondergleichen.

Man darf kritisieren, auch ohne selbst produktiv zu sein. Ich schätze, keiner in diesem Forum achtet die statistische Unwahrscheinlichkeit, dass bei diesem komplexen Zusammenwirken so vieler Faktoren ein guter Film entsteht, gering.

NEEL hat geschrieben:

Axel hat geschrieben:Filme in diesem Stil haben ganz offensichtlich - man mag es beklagen oder nicht - ein größeres Publikum, als Filme mit klug sich entwickelndem, mitdenkbarem Plot.

So ungern ich Dir widersprechen mag, aber hier ist die Top 10 der Filme mit den meisten Zuschauern:

1 Avatar - Aufbruch nach Pandora
2 Titanic
3 Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2
4 Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs
5 Transformers 3
6 Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik
7 Toy Story 3
8 Pirates of the Caribbean - Fremde Gezeiten
9 Alice im Wunderland
10 The Dark Knight

Ich denke die meisten dieser Filme haben durchaus eine interessante, mitdenkbare Story und die wenigsten dürften dem Chaos Action Kino entsprechen.
Quelle: http://tiny.cc/hgx32

Du widersprichst mir nicht. Ich habe die erste Forum-Kritik zu Avatar geschrieben, hier, positiv. Über HdR-3 habe ich hier über den von den meisten unbeachteten Inhalt geschrieben, für die Piraten-Faszination Verständnis gezeigt und Alice und Batman in mehr als einem Thread gelobt. Sogar Transformers kritisierte ich hier als erster, immerhin noch ein bisschen positiv, aber mittlerweile bin ich bedient.

Und du sagst ja selbst, der Chaos-Stil hat ja mit der Qualität des Films selbst - wo er überhaupt angewendet wurde - gar nichts zu tun.

Axel hat geschrieben:
Und das ist falsch. Sie laufen in den Programmkinos. Um sie zu entdecken (sich "den Atem rauben" zu lassen, schöne Beschreibung), darf man keine Geschmacksverstärker erwarten, wie sie Hollywood perfektioniert hat, man muss sich auf das Unerwartete auch einlassen.

Das ist ja gerade das was ich damit ausdrücken wollte, habe mich da unverständlich ausgedrückt ;-) Wer bemüht sich denn heute noch ins Programmkino zu gehen? Niemand der nicht wirkliches Interesse an Filmen hat! Die Masse fröhnt doch dem Effektkino. Andernfalls hätten Effektfilme nicht derart Zuspruch und würden immense Gewinne einfahren.

Deswegen haben es die kleinen Programmkinos sehr schwer....leider! Dort laufen Filme die mit Inhalt überzeugen und auf Effekthascherei ohne wenn und aber verzichten können, und auch hier tritt experimentelles auf.

Wer kennt denn noch das Gefühl von einem Film und dessen Inhalt ( Geschichte ) derart geflashed zu sein...um danach in geselliger Runde zu reden? Wir halten uns zunehmend mit dem nebenbei auf als lieber auf das wesentliche zu achten....

Greetz



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Axel hat geschrieben:[Erlaube mir eine Umformulierung: Die Inhalte aller modernen Mainstream-Filme sind affirmativ - mit sehr wenigen Ausnahmen.

Du bringst es sehr gut auf den Punkt. Mainstreamfilme bestätigen die Haltung des Publikums. Bildzeitungs-Masche. Das sehe ich auch bei durchschnittlichen 20:15 Fernsehfilmen. Im Grunde ist das Blockbusterkino nur eine Fortsetzung davon mit größeren Mitteln...

Axel hat geschrieben:Du widersprichst mir nicht. Ich habe die erste Forum-Kritik zu Avatar geschrieben, hier, positiv. Über HdR-3 habe ich hier über den von den meisten unbeachteten Inhalt geschrieben, für die Piraten-Faszination Verständnis gezeigt und Alice und Batman in mehr als einem Thread gelobt. Sogar Transformers kritisierte ich hier als erster, immerhin noch ein bisschen positiv, aber mittlerweile bin ich bedient.

Und du sagst ja selbst, der Chaos-Stil hat ja mit der Qualität des Films selbst - wo er überhaupt angewendet wurde - gar nichts zu tun.

Das war ein Mißverständnis;-). Ich ziehe regelmässig den Hut vor Deinen treffenden Analysen und Deinem Filmwissen! Mein Widerspruch bezog sich nur darauf, daß storybasierte Filme qua Publikumsneigung eventuell weniger einspielen als Filme im Chaos-Schnitt-Stil.

Numquam hat geschrieben:Deswegen haben es die kleinen Programmkinos sehr schwer....leider!

Das kommt IMHO allein auf die Masse des Angebots und den damit verbundenen Gewöhnungseffekt an. Ein einzelnes Kino in Brandenburg hat es sicher schwer. Die vielen Programmkinos in Freiburg oder Münster sind regelmässig ausverkauft.