iasi hat geschrieben: ↑Fr 25 Aug, 2023 17:28
Filmemacher müssen sich nicht wiederholen.
Kurosawa hatte nicht nur Samurai-Filme gedreht.
Spielberg nicht nur SF.
Kubrick ...
Auch Hitchcock hatte Neues versucht.
Ich mag Andersen-Filme. Ich mag Allen-Filme.
"Zelig" war z.B. ein brillianter neues Ansatz.
Wenn man sein Gesamtwerk überblickt: Auch Woody Allen wiederholt sich nicht 1:1 (die
Zelig-Variante erwähnst Du ja - es gibt weitere).
Im Prinzip hilft es, sich einmal die Wiki-Biografien (oder andere Quellen) durchzulesen, um sich der Frage anzunähern, woher diese Regie-& Film-Legenden gedanklich kommen und wie sie ticken (und warum).
Woody Allens Filme ohne Personen, ohne Dialoge?
Nicht vorstellbar. Es war ja Stand-Up Comedian und Gag-Schreiber! Eher ein Mann des Worts und dessen Konsequenzen & Verstrickungen, die die Story antreiben, weniger der Technik (wie z.B. Kubrick, u. a.
auch)
Hitchcock ohne Suspense durch dunkles Geschehen, raffiniert sich aufbauend im Hintergrund (und ohne blonde Hauptdarstellerin)?
Eher nicht!
Kurosawa: Kenne ich zu wenig
Spielberg: Ohne 'Fantasy', ohne seine Dramaturgie mit Spielberg-Überraschungen, ohne seinen filmischen Ideenreichtum und Story-Drive?
Kaum!
Freigeist
Kubrick - von der Fotografie (perfektionistischen Bildinszenierung) und vom Schachspiel (also der Logik und Planung) und im Prinzip (Selbststudium) auch der Literatur und Philosophie her kommend - ohne seine meisterhaften Filmkabinettstücke (nach literarischen Vorlagen)?
Nicht denkbar!
Und
Wes Anderson hat ein Philosophie-Studium absolviert und einen Bruder, der sowohl Schreiber als auch Maler ist. Und angeblich auch skandinavische Vorfahren, was mich an die minimalistischen, dänischen Dogma95-Filmemacher oder an den Humor von Aki Kaurismäki denken lässt.
Dann noch das Alter gegoogelt (gestorben mit ..):
Hitchcock: 80
Kurosawa: 88
Spielberg: 76 (lebt noch)
Kubrik: 70
Woody Allen: 87 (lebt, schreibt & filmt noch)
Wes Anderson: 54 (ist noch munter)
Ich stiess kürzlich auf eine (deutschsprachige) Kritik, wo jemand zu Allens vorletztem Film
"Rifkin’s Festival" (2020), der wohl eher misslang (
rottentomatos bei 81 Kritiker-Reviews: 41% Zustimmung) und den ich mir aufgrund von altbekannter Story und langweiligem Hauptdarsteller-Eindruck nicht angesehen habe (nicht ansehen wollte), schrieb,
Allen sollte sich und uns (dem Publikum) doch den Gefallen tun und endlich mit dem Filmemachen aufhören.
Ich hätte diesen arroganten Schnösel gerne gefragt, ob er selbst neben dem Verfassen solcher Kritiken auch nur 1% von Allens Hirnschmalz hat, um überhaupt daran zu denken, irgendeinen Film zu irgendeinem Thema zusammenzustellen, der irgendwen interessieren könnte.
Egal, Woody ist 87 (Ende November 88) und hat (trotz Zwischen-Pessimismus) noch Lust aufs Filmemachen. Und, wer weiss, vielleicht gelingt ihm (trotz MeToo-Blockade) ja noch einmal ein Treffer mit unbekannten Schauspieltalenten abseits der Hollywood-Trampelpfade! Ich würde es ihm wünschen!
Und Wes Anderson drücke ich die Daumen, dass er sich aus seiner starren "L'Art pour L'Art"-Schleife (so schön das alles anzusehen ist) wieder lösen kann und etwas mehr aufs Geschichtenerzählen fokussiert!
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PS
(Quelle: DE-Wiki zum neusten W.A.-Film):
Woody Allen (der Standhafte) hat sich offensichtlich nicht an den Rat des WELT-Filmkritikers gehalten und seinen 50. Film als F-GB-Koproduktion komplett in Frankreich (Paris und Umgebung) auf Französisch gedreht. Das bedeutet nicht nur "neue Original-Sprache", sondern auch "neue Gesichter" (fürs bisherige Hauptpublikum).
Coup de Chance (
Glücksfall) soll am 4. Sept. 2023 in Venedig Premiere haben (ausser Konkurrenz) und Ende September in die französischen Kinos kommen.
Ob er es im Laufe des Herbsts/Winters 23 auch in die deutschsprachigen Kinos schafft (synchronisiert und/oder mit Untertiteln), hängt wohl nicht zuletzt davon ab, ob die erzählte Geschichte auf Interesse stösst. Mich würde es freuen!
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Und noch ein (verspäteter, am 27. Aug.) Nachtrag zu
Asteroid City:
Irgendwie erinnert mich das Ganze (die Erzählweise als Theaterstück mit Erzähler, der distanzierte Blick auf die irgendwie erstarrten (im Schicksal festgelegten) Handlungsträger, das Panoptikum an seltsamen Figuren, Gesprächen, Szenen, Geschehnissen, die eine Bedeutung haben (können) oder auch nicht) etwas an ein Buch (das eigentlich ein Theaterstück in 3 Akten ist, die jeweils fortschreitende Zeiten/Perspektiven darstellen) des amerikanischen Autors
Thornton Wilder:
Our Town (1938 uraufgeführt) - auf deutsch (Erstaufführung 1939 in Zürich, in DE 1945 nach Kriegsende in München)
"Unsere kleine Stadt". Ich (wir) habe(n) es vor langer Zeit als obligate Schullektüre im/auf Englisch gelesen.
Thema: Ein Blick aus der Distanz (quasi 'von oben') auf eine (amerikanische) Kleinstadt und ihre Bewohner, die sich mit den alltäglichen Anforderungen und Problemen herumschlagen, ohne dass Aufregendes passiert, abgesehen von
den Ereignissen, die einfach kommen
müssen, wie Liebe, Hochzeit, Familie, Beruf und auch Tod. Es ist sozusagen ein Distanzblick auf die Banalität/Routine des (unseres) Alltags bzw. Lebens
(damals gab's weder Internet noch YouTube) mit den Stationen, die wir alle durchlaufen (müssen) und an deren Ende sich mancheiner fragen mag: "Und
das war alles?".
Im Unterschied dazu zeigt
Andersons Wüsten-Setup eher eine exklusive, kleine Welt von (teils jugendlichen) Forschern und Sinnsuchern (Sinn findend in wissenschaftlichen Ereignissen und Antworten darauf) - im Film auch als "Brainiacs" (sozusagen Superhirne, "Intelligenzbestien") bezeichnet - aufgelockert durch die Anwesenheit einiger "Normalsterblicher". Aber im Warten darauf, dass etwas passiert in dieser geschlossenen, seltsamen Welt (militärische Sperrzone (nach dem ausserirdischen Besuch geht's dann weder rein noch raus) in der Wüste - immerhin geht's auch um die Ankunft von 'Aliens'), in den banalen Alltagsgesprächen mit "Jeder ist sich selbst der Nächste & steckt in seiner eigenen Haut fest"-Attitüden, in einer gewissen Dickhäutigkeit (Lethargie) der Figuren, die nicht einmal durch gelegentliche Atomstests (samt Pilzwolken) in der sichtbaren Nähe wesentlich gestört wird, gibt's auch Parallelen zum Fatalismus in
Wilders Theaterstück: Es kommt, wie es kommen muss, alles nimmt seinen vorbestimmten, unabänderlichen Lauf.
Für weitere Details zu Autor und Geschichte (
Wilder) am besten mal die
Wiki-Artikel durchsehen!