Da muss ich mal heftig widersprechen - was da empfohlen wird bzw. die Resultate, die da erzielt werden, haben mit Super 8-Look soviel zu tun wie Instagram-Filter mit Analogfotografie.
Der Look von echtem Super 8 resultiert aus den folgenden Faktoren:
- Die Bildfenster-Größe von 5.8x4mm, die einem 1/3"-Sensor entspricht, und entsprechende Auswirkungen auf Auflösung, Tiefenschärfe etc. hat. Im Optimalfall nutzt man eine Kamera mit dieser Sensorgröße (dazu weiter unten noch mehr).
- Der Materialtextur und Körnigkeit von chemischem Film, die wegen der kleinen Filmbildgröße von Super 8 in der Leinwand-Projektion extrem vergrößert wird; faktisch so, als ob man mit einem Mikroskop auf das Filmmaterial sieht und dann nicht nur das Filmkorn bzw. die Silbermoleküle, sondern auch Staub, Haare, Kratzer, Entwicklungsfehler deutlich sieht (da ggü. 35mm-Kinofilm 400% vergrößert). Hierfür gibt es bisher nur mehr oder minder gute Filmkorn-Simulationen (die besten von Filmconvert und eingebaut bei Resolve, beide auch mit der Option, Super 8-Korn zu simulieren) und Filmtextur-Overlays. Wirklich überzeugende Ergebnisse wird es hier IMHO erst mit KI/neuronaler Netzwerk-Technologie geben.
- Die Farbcharakteristik der typischen Super 8-Filmemulsionen: in den 70er-90er Jahren vor allem Kodachrome und Agfachrome, danach Ektachrome 64T und 100D (allesamt Umkehr- bzw. Diafilme mit gesättigten Farben), in den letzten Jahren auch Negativfilme wie Kodak Vision 50D und 200T (mit einem ganz anderen, "sanfteren" Farblook und deutlich höherem Dynamikumfang), sowie von früher bis heute Kodak Tri-X als Standard-Schwarzweißemulsion. Hierfür kann man auf die Film-Look-Emulationen von Filmconvert, ImpulZ Ultimate oder auch frei verfügbare LUT-Pakete (wie z.B. das von DxO Filmpack abgeleitete HaldCLUT-Filmsimulationspaket für RawTherapee, das sich in 3D-LUTs konvertieren lässt) zurückgreifen.
- Der unruhige Bildstand von Super 8-Film, vor allem in preiswerteren Consumer-Super 8-Kameras aus den 70er Jahren. Kann man mit Jitter-Plugins (wie z.B. eingebaut in Resolve) simulieren, aber auch da wirken die Algorithmen künstlich/mechanisch und dürften erst KI/neuronale Netzwerke den Durchbruch bringen.
- Die Objektive von Super 8-Kameras, deren Einfluß auf das, was wir als Super 8-Look kennen, IMHO gar nicht zu unterschätzen ist. (IMHO ist der Super 8-Look 40% Objektive, 40% Filmmaterial [30% Farben + 10% Textur] und 10% Bildstand.) Fast alle Super 8-Kameras der 60er bis 80er Jahre hatten fest eingebaute parfokale Zoomobjektive, mit konstanter Blende von i.d.R. 1.8 (und bis zu 1.2 bei teureren Modellen), und meistens in einem Brennweitenbereich von 6-36mm (Kleinbild-Äquivalent von 37-220mm f11, APS-C-Äquivalent von 25-150mm f8, MFT-Äquivalent 18-110mm f5.6). Man könnte eventuell zu äquivalenten 70er/80er Jahre-Foto-Zooms greifen, aber die sind alle nicht parfokal und haben i.d.R. auch keine konstante Blende. Am besten schafft man sich daher ein originales Super 8-Zoomobjektiv an, wie sie z.B. von Angenieux und Schneider für die Beaulieu-Kameras (mit c-mount) und für die Leicina Special (mit Leica M-Mount) gebaut wurden. Am günstigsten findet man die als Bundle mit einer defekten Beaulieu-Kamera auf Ebay oder Fotobörsen. Die kann man an praktisch alle heutigen Spiegellos-Systeme mit 20-Euro-China-Adaptern adaptieren.
Digital kann man den Super 8-Look daher am besten simulieren, wenn man ein originales Super 8-Zoom an eine Spiegelloskamera adaptiert, die beim Beschnitt auf eine Sensorgröße von 5,8x4mm noch ausreichende Auflösung bietet; mindestens 640x480 SD, besser 720p - und die Log- (am besten in 10bit) oder besser noch RAW-Video aufnimmt, weil alle typischen Digitalkamera-internen Bildprozessierungen (Entrauschen, Nachschärfen etc.) in einem harten und anorganischen "Video-Look" resultieren, der dem weichem und organischen Super 8-Look widerspricht.
Die z.Zt. beste Lösung IMHO ist das erste Modell der Canon EOS-M (Gebrauchtmarktpreis zwischen 100 und 150 Euro) mit MagicLantern, mit dem sich 720p-RAW-Video im Super 8-Bildfenster aufnehmen lässt und an die Super 8-c-mount- und M-mount-Zooms problemlos und preiswert adaptierbar sind. Zur MagicLantern-Installation, -Konfiguration und zum RAW-Workflow mit der EOS-M gibt's zahlreiche, ständig aktualisierte Anleitungsvideos auf diesem YouTube-Kanal:
https://www.youtube.com/channel/UCCn0RQ ... EudwmLnYKA
Um mit der EOS-M Super 8 zu simulieren, fängt man am besten mit der Kameraführung an und befestigt sie auf einem kleinen Bruststativ, wie sie in den 70er/80er Jahren für Super 8-Kameras hergestellt wurden, z.B. von Braun und Kaiser:
Der Cullmann Cruiser wird immer noch hergestellt:
Nach der Aufnahme wandelt man das MagicLantern RAW (.MLV)-Format nach CinemaDNG, importiert und schneidet es in Resolve und wendet da ggfs. Filmsimulation-LUTs und Kornfilter an.
Ich hab' vor einiger hier Zeit hier im Forum selbst einen Kodachrome-Powergrade für Resolve geteilt, der sich noch flexibler anwenden lässt als ein LUT:
viewtopic.php?f=63&t=149945&p=1054388
Hier ein von mir mit diesem Workflow produziertes Video, wobei ich auf Korn- und Jitter-Simulation (sowie andere Filmtextur-Overlays) verzichtet habe:
(Kamera: EOS-M mit MagicLantern, im Super 8-äquivalenten 720p-Sensor-Window, Objektiv: Schneider Variogon 6-66mm/f2, Schnitt in Resolve als CinemaDNG mit Kodachrome-Filmsimulation)
Hier sogar ohne Filmsimulations-LUT: