Oder 8 Nominierungen mit 3 Oscars, wenn man Lubezki heißt.Darth Schneider hat geschrieben: ↑Mi 17 Nov, 2021 12:46 Jeder DoP der ein nur schon dran denkt, ein 12mm an die Kamera zu schrauben, kriegt spätestens nach dem ersten Take gleich ne Watschen…:))
Ich glaube nicht, dass sich das so auf Weitwinkel oder nicht verallgemeinern lässt. Klar, irgendwie fehlen die 300m Dolly Long-Lens Tracking-Shots übers Schlachtfeld, aber allein am Weitwinkel liegt es nicht.
Andere drehen auch fast nur leichten Weitwinkel-Normalbrennweite (Deakins) oder eben viel Weitwinkel (Lubezki) und das schreit nicht nach deutschem Film.
Ich habe eine Hypothese, nicht mehr nicht weniger: Verbeamtetes Filmemachen. Fängt schon mit den betreuenden Redakteuren bei szenischen Produktionen an. Es gibt einen Regisseur. Wozu braucht's einen Redakteur? Den selben Effekt merkt man doch irgendwie bei Major Studio-Produktionen auch. Da ist vieles alles absolut langweilig gedreht, mit CG gut kaschiert. Da gibt's keine bildsprachemäßige Vision mehr, nicht die geringste. Avengers sehen 1:1 aus wie Infinity oder jede andere blockbustermäßige Produktion. Zu viele Köche nehmen jegliche Autorenverantwortung, im Sinn einer Regie-Vision weg. Wie auch, wenn der Regisseur ausschließlich Schauspiel-Bespaßer am Set ist. Buch hat er/sie nicht geschrieben, beim Edit vmtl nicht dabei, etc. - und über allem steht das Studio, was jede kleinste Kreativentscheidung einer Marktforschung unterwirft und im Zweifelsfall cancelt.
Ich glaube nicht, dass es an den Schauspielern liegt. Sehr viel, was einfach schlecht gespielt ist, ist so schlecht geschrieben, dass Tom Hanks das auch nicht besser hinbekäme. Immer diese Selbstgespräche der Charaktere, die gefühlt mit niemandem reden, aber irgendetwas sagen müssen um den letzten DAZ abzuholen statt mal einfach anders versuchen zu erzählen. Fällt mir extrem oft bei deutschen Filmen auf, Gegenteil von Show don't Tell. Im Gegenteil. Nicht mal etwas in einen sinnvollen Dialog packen, sondern fast als Selbstgespräch inszeniert. Vielleicht ist sogar im gleichen Raum off camera am anderen Raumende noch jemand, aber artikuliert wird es einfach weil Zuschauer es scheinbar hören soll.
Für deutsche Produktionen, ich glaub es fehlt manchen (das sind wirklich nicht alle, es gibt genügend Beispiele fern der ÖRen, die das anders machen) einfach der Mut, bei fast allem was versucht wird. Die Idee wird aufgegriffen, aber dann so oft durch den gedanklichen Reißwolf gedreht, bis am Ende nur mehr ein Kompromiss steht.
Es liegt sicher nicht am Weitwinkel per so, es liegt am Weitwinkel ohne die dazugehörige Perspektive. Wenn ich weitwinklig drehen will muss ich mir die perspektivische Intimät zunutze machen. Einen Schritt zu weit weg und ich verliere einerseits sowieso das teligere "Aufräumen" im Bild, kompositorische Geradlinigkeit mit mehr Unschärfe, gleichzeitig nichts halbes & nichts ganzes mehr. Wenn ich weitwinklig drehen will zählt auch jeder Millimeter über/unterhalb der Eyeline, weil ich sofort (auf Augenhöhe) eine gefühlte Aufsicht entwickle.
Sehr viel wird einfach immer auch auf der Standard-2-Fach-Alura-Kombi bei 4-5,6 gedreht. Nichts gegen Zooms, wo sie Sinn machen, aber Standardwerkzeug heißt halt, dass es für alles funktioniert aber echt halbgar aussieht. Schaut man sich Hollywood-Produktionen an, hängt da sehr oft Panavision vor der (deutschen) Kamera. Das ist dann ein Optikfundus seit den 60ern, in Deutschland sind die szenischen Produktionen, die nicht auf entweder Ultra Primes, Super Speeds (aber bitte nur ab 4!), S4s, vielleicht Master Primes und eben genannten Aluras fast an einer Hand abzuzählen. Es liegt nicht per se an den Optiken, aber es ist ein kleines Rädchen in der Produktion, wieso etwas so oder anders ausschaut.
Licht letztendlich ist auch ein Thema. Wo sieht man in DE mal ein Key-Fill-Verhältnis von 3:1 (oder größer)? Das deutsche Film-Drama sieht entweder aus wie eine erzwungene Semi-Silhouettige-Hairlight-Orgie oder aber wie eine schön geleuchtete gemachte amerikanische Komödie. Aber die Fill-Seite ist nie weit unten genug, dass überhaupt mal sowas wie Plastizität entsteht oder man das Backlight (das es mit der Methode fast immer gibt, und wenn's vom Himmel kommt) schon wieder vom Nacken her spürt. Das geht halt erst, wenn mehr Black- als Fill mit im Spiel ist.
Letztendlich betrifft auch viel Planung & Budgets. Einerseits Planung, weil glaub ich nirgendwo so viel On-Location gedreht wird als als in Deutschland. Das heißt oft Kompromisse bei Blocking, Bewegung, Licht etc. - ist es dann mal Studio schaut es aber halt auch oft nicht so gut aus, wie bei den Amerikanern, die dann gern viel mehr im Studio drehen. Wenn ich jetzt den Räuber-Hotzenplotz-Trailer nehme: Da sieht teilweise nach Set aus, was keins ist (durch uninspirierte Kameraperspektive) und was ein Set ist so lieblos ausgestattet, dass es Studenten auch nicht schlechter gemacht hätten.
Das bringt aber auch zum Punkt Budget: Deutsche Produktionen haben selten mehr Maximalbudget, als amerikanische Indie-Produktionen durchschnittlich. Da reden wir über teilweise mehrere Nullen hinten dran, die zu den Blockbustern fehlen, die im Kino rauf und runter laufen. Das man das irgendwo oft auch merken muss, ist glaube ich auch nichts, was man wegleugnen kann. Kaum eine deutscher Film wird mit über 2 Mio. Euro produziert und das sieht man. Da fangen ernstzunehmende Indies erst an. Und trotzdem ist dann in DE das Gefühl da, mehr ist halt nicht rauszuholen, weil es tatsächlich einfach mit den Strukturen hier nicht mehr Geld für vieles gibt. Andere Strukturen sagen damit können wir mal arbeiten, aber das Gefühl noch was rausholen zu müssen ist da, nicht man hat das Ende der Fahnenstange eigentlich erreicht.