Es ist alles sehr plausibel aus den Zusammenhängen im Film selbst und aus der Buchvorlage belegt. Was man glaube ich nicht vergessen darf ist, dass Villeneuve letzten Endes Jahrzehnte an dem Stoff kaute. iasi tut, als habe irgendein Uwe Boll einen Schnellschuss hingelegt. Bei seeehr tiefgehenden Analysen besteht einerseits die Gefahr der Überinterpretation ("weit hergeholt"), aber andererseits auch die der Fehlinterpretation. Mindestens die Hälfte der Youtube-Filmanalysen erscheinen dem unbedarften Wald- und Wiesenzuschauer als sowohl über- als auch fehlinterpretiert, und zwar mächtig! In Fällen, wo ich diese Einschätzung teile, ist es dem Film wohl nicht gelungen, mich zu ködern, und das liegt dann zum Teil am Film und zum anderen an mir. Mich interessieren womöglich viele Themen nicht, und deshalb weckt der Film dann mein Interesse nicht. Ich bin ja auch nicht verpflichtet, mich für alles zu interessieren. Trotzdem laufe ich nicht rum und verkünde meine Unfehlbarkeit und dass ein Film per se uninteressant sei.Darth Schneider hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 14:20Das ist wahrlich, finde ich mal eine wundervolle Filmanalyse.
Besser wie der Film selber, weil da vielleicht mehr, oder andere Aspekte rein interpretiert wurden als vom Filmemacher überhaupt gewollt…?
In Ron Hubbard haben auch viele sehr viel hinein interpretiert.Axel hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 13:56 Sah von diesem Einsteller zunächst zufällig ein paar interessante Videos über Kunst und Philosophie, über längere Zeit verteilt. Dann heute morgen eine sehr tiefschürfende Analyse zu Kubricks Lolita, und das bewirkte wohl, dass auch diese Dune-Review in meine Vorschläge-Netz gespült wurde:
Nein. Du läufst herum und verfkündest, dass ein Film per se ein Meisterwerk sei.
???
Es gibt eben mehr als "reine Geschmackssache".Darth Schneider hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 15:06 @iasi
Jeder hat doch seine persönlichen Lieblingsfilme…
Zum Glück haben nicht alle die selben..Wäre doch langweilig.
Es gibt beim Film auf diesem hohen Level, gar nicht in diesem Sinne richtig oder falsch.
Nur künstlerische Entscheidungen und verschiedene Geschmäcker von den Machern und den Zuschauern, sind da noch wirklich massgeblich.
Technisch gesehen war der neue Dune, im Kino, für mich, in jeder Hinsicht um Welten besser als der alte Dune.
Aber das auch nur weil es früher nicht diese HighTech Möglichkeiten gab.
Von der künstlichen Umsetzung her ?
Reine Geschmacksache, ich fand den alten Dune irgendwie doch besser, weil kreativer, mutiger…
Du willst jetzt sagen, eine objektive Bewertung anhand filmhistorischer Vergleiche? Bist du stets schuldig geblieben. Das, was sich objektiv über einen Film, ein Buch, ein Musikstück urteilen ließe, ist ja zwangsläufig auf der Oberfläche angesiedelt. Das, was Empire of the Mind (nebst mir und anderen hier) in Dune bereits gefunden und immanent belegt haben, hast du nicht wahrgenommen, was etwas über dich aussagt.
Reich-Ranicki hat geschrieben:Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen
Man kann auch eine Szene genau analysieren und protokollieren. Dabei zeigt sich dann, wie die filmsprachlichen Ausdrucksmittel genutzt wurden.Axel hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 15:28Du willst jetzt sagen, eine objektive Bewertung anhand filmhistorischer Vergleiche? Bist du stets schuldig geblieben. Das, was sich objektiv über einen Film, ein Buch, ein Musikstück urteilen ließe, ist ja zwangsläufig auf der Oberfläche angesiedelt. Das, was Empire of the Mind (nebst mir und anderen hier) in Dune bereits gefunden und immanent belegt haben, hast du nicht wahrgenommen, was etwas über dich aussagt.
Darth Schneider hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 15:06 @iasi
Jeder hat doch seine persönlichen Lieblingsfilme…
Ja - schon wichtig, dass Onkel 7River den Kleinen beim Lesen von Textstellen hilft. :)
Da bin ich ganz deiner Meinung und finde, dass Tarantinos Kill Bill (beide Volumes) ein sehr gutes wie äußerst anschauliches Beispiel ist. Eigentlich fast alle Filme von ihm.
Und bei solchen Theorien wundert ihr euch über Widerspruch.
Schau ihn dir an und bilde dir selbst eine Meinung.
Intendierte Ambiguität, eine konstruierte oder besser gesagt de-konstruierte dramaturgische Unausgewogenheit, die einer Wendung in der Handlung erst Schwung verleiht, erzählerische Gesten, die auf den Filmemacher als Erzähler verweisen (die berühmten Matchcuts in unseren jeweiligen Lieblingsfilmen). Ganz allgemein viele der so genannten Continuity-Fehler, die Filmzeit erst erschaffen. Filmsprache dient nicht einfach der platten Veranschaulichung von Orten und Geschehnissen. Das Spiel mit Genreklischees. Binnenreime dort, wo der Film seine eigene Logik etabliert und Inside-Jokes. Unvollendbare Entwürfe, die zu groß sind, um in einen Abend zu passen und daher "abandoned" (Spielberg) sind. Filme, die die Film-zeit und -Perspektive zerschneiden wie Citizen Kane oder Rashomon. Alte Fachbücher behaupteten, dies geschähe aus reinem genialischen Übermut, und die Chronologie würde nur umso deutlicher betont, wie ja ein Puzzle auch sein Motiv besonders hervorhebt, sobald es vor der Vollendung erahnbar ist. Bei genauer Betrachtung ist das totaler Quatsch, wie Vieles aus alten Büchern. Es gab nie die Wahrheit, die zu beweisen wäre, nicht einmal eine bescheidene Tatsächlichkeit, denn schon die Expositionen sind im Märchenstil. Mehr oder minder geglückte Versuche, aus einer Erzählung einen Mythos zurechtzubiegen. Trashfilme, die aber einen Nerv treffen, usw., usf.
Allein die Tatsache, dass du diese Frage stellst weil du nicht erkennst was damit gemeint ist, beweist nur, dass es sinnlos ist mit dir darüber zu diskutieren.
Wenn es intendiert ist, dann ist es schon mal kein "Fehler".Axel hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 21:50Intendierte Ambiguität, eine konstruierte oder besser gesagt de-konstruierte dramaturgische Unausgewogenheit, die einer Wendung in der Handlung erst Schwung verleiht, erzählerische Gesten, die auf den Filmemacher als Erzähler verweisen (die berühmten Matchcuts in unseren jeweiligen Lieblingsfilmen). Ganz allgemein viele der so genannten Continuity-Fehler, die Filmzeit erst erschaffen. Filmsprache dient nicht einfach der platten Veranschaulichung von Orten und Geschehnissen. Das Spiel mit Genreklischees. Binnenreime dort, wo der Film seine eigene Logik etabliert und Inside-Jokes. Unvollendbare Entwürfe, die zu groß sind, um in einen Abend zu passen und daher "abandoned" (Spielberg) sind. Filme, die die Film-zeit und -Perspektive zerschneiden wie Citizen Kane oder Rashomon. Alte Fachbücher behaupteten, dies geschähe aus reinem genialischen Übermut, und die Chronologie würde nur umso deutlicher betont, wie ja ein Puzzle auch sein Motiv besonders hervorhebt, sobald es vor der Vollendung erahnbar ist. Bei genauer Betrachtung ist das totaler Quatsch, wie Vieles aus alten Büchern. Es gab nie die Wahrheit, die zu beweisen wäre, nicht einmal eine bescheidene Tatsächlichkeit, denn schon die Expositionen sind im Märchenstil. Mehr oder minder geglückte Versuche, aus einer Erzählung einen Mythos zurechtzubiegen. Trashfilme, die aber einen Nerv treffen, usw., usf.
Wenn es so genannte Meisterwerke gibt, dann ist ihr Hauptmerkmal nicht Perfektion. Nachdem ich gefragt hatte, was ein Meisterwerk eigentlich sein soll, frage ich nun: was soll ich mir unter Perfektion vorstellen? So Jesu letzte Worte, es ist vollbracht? Und danach zerriss der Vorhang. Alles geht kaputt, alles.
Wer bewußt ein filmsprachliches Mittel einsetzt, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, macht keinen "Fehler". Es muss aber eben schon auch deutlich werden, warum.Funless hat geschrieben: ↑Do 12 Mai, 2022 21:55Allein die Tatsache, dass du diese Frage stellst weil du nicht erkennst was damit gemeint ist, beweist nur, dass es sinnlos ist mit dir darüber zu diskutieren.
Du strebst und gierst nach technisch perfekten Bildern und nennst das „filmsprachliche Mittel“, lässt dabei allerdings völlig Acht, dass technische Perfektion beim Zuschauer keine emotionale Reaktion hervor ruft und somit die eigentlich gewünschte Immersion zerstört wird. Denn anders als bei Games führt beim Film eben nicht Realitätsnähe zur Immersion auf emotionaler Ebene, sondern die Anti-Perfektion.
Ein Beispiel:
Das Labyrinth am Schluss in Kubricks Shining. Man sieht regelrecht den künstlichen Schnee, die völlig unrealistische Ausleuchtung und doch stört es keine einzige Sekunde lang, denn es war von Kubrick bewusst so konzipiert und umgesetzt im Kontext der Bedrohung durch Jack. Als Gegensatz der klinisch perfekt gestalteten Räume und Hallen im Overlook Hotel um die emotionale Immersion beim Finale zu verstärken. Denn Film lebt auschließlich von Emotion. Und es hat bei Shining funktioniert, selbst nach 42 Jahren funktioniert es immer noch.
Das ist vielleicht ein bisschen ungerecht. iasi mag schon auch tolle Filme. Auch Gründe, warum er die Filme toll fand, kann er nennen, obwohl gern aus zweiter Hand. Wahrscheinlich würde er auch versuchen, die Liebe seines Lebens zu rechtfertigen. Astreiner Leumund, die Lotte! Guck dir dagegen die Ilse an. Ilse, keiner willse.
"subtile Filmsprache" - das sind Allgemeinplätze.
Was darin stimmt ist, dass offenkundige Wirkungsabsicht und gestalterische Mittel übereinstimmen. Ich habe den Film zwar nur einmal gesehen, und das als VoD, ich erinnere mich aber, dass ich die Szene stark fand. Der Film hat als Ganzes etwas, von dem Nietzsche sagte, wenn du nur lange genug in den Abgrund blickst, blickt der Abgrund zurück. Todd Phillips ist Arthur Fleck, er ist Joker. In Hangover hat er sardonischen Humor gezeigt. Das heißt, keinen, der durch Ironie erkennen und heilen will, auch keinen, der durch beißende Kritik (wie ein Narr - Joker im Kartenspiel) Missstände aufzeigen will, sondern einen, der verletzen will. Und der ein Publikum mit schwachem Selbstwertgefühl sucht, sich an dessen Unsicherheit anschleimt und es dazu verleitet, das empörend Schlechte "stark" zu finden.
Die Anekdote habe ich glaube ich schonmal gebracht. Diesen Minghella-Film sah ich ca. 30-mal komplett, und zwar ohne Ton. Das 31. Mal sah ich ihn mit Ton, auf DVD. Und war leicht enttäuscht. Der Hintergrund: das war eine der ersten Massenkopien auf Polyester-Träger (dünner, sehr stabil, zieht sich eher elastisch wie Kaugummi, ehe es reißt), das Azetat-Zellulose (reißt ziemlich leicht bei Zug) ablöste. Durch Trockenheit und Reibung mit statischer Aufladung klebten allerdings die Lagen auf dem Filmteller zusammen und lösten den Filmzug-Notschalter aus. Darum musste idiotischerweise immer ein Vorführer dabeisitzen und ein Stück Papier zum Trennen der Lagen reinhalten (später lief der Film durch antistatische Bürsten auf den Teller zurück und das Problem war behoben). Diesen oskarprämierten Longseller (11 Wochen! Können heutige Filme nur noch von träumen) sah ich daher sehr oft durch die Projektionsscheibe. Er funktionierte ganz toll als Stummfilm.7River hat geschrieben:Sage mal, iasi, Du als Filmkenner, wie fandest Du denn „Der Englische Patient“?
Ich wähle eine Gänsehaut-Szene recht spät im Film.
Was mich an der Szene schon beim ersten Sehen im Kino gestört hat: Es werden Rückblenden/Visionen und eine (halb-)Off-Ansprache genutzt.Axel hat geschrieben: ↑Mo 16 Mai, 2022 20:18
Ich wähle eine Gänsehaut-Szene recht spät im Film.
Auch ich sage: da stimmt einfach alles. Angefangen bei den Schauspielern. Jessica ist eine vielschichtige Figur. Sie ist klug und hat Einfluss, aber sie zeigt auch neurotische Seiten. Sie zeigt mütterliche Hingabe für Paul, Widerstand und Ungeduld Leto gegenüber, aber auch Trauer, mit Selbstvorwürfen gemischt. Das alles zu 90% nonverbal. Villeneuve "erlaubt", dass wir einiges davon in die Figur projizieren, aber Rebecca Ferguson lebt diese Figur in jeder Sekunde. Sehr viele schauspielerische Leistungen der letzten Jahre verblassen davor. In dieser Szene spielt sie nicht einfach glaubwürdig Angst und innere Flucht, die der kleine Tod ist, sie strahlt diese Angst aus. Wenn sie, die mächtige Hexe, Angst hat und nur noch dem Tod die Kehle entgegenrecken kann, was kann dann noch helfen? Das altkluge Bene-Gesserit-Gebet? Scheint nicht so.
👏 👏 👏
Sind das so Sachen wie „Hintergrund wird dunkler, wenn Joker sich entschließt, de Niro umzubringen?“ Kommt *mir* ziemlich strukturalistisch vor, wie von einem, der den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Hey, Axel, dir hat der Film gefallen? Leider irrst du dich, denn du kannst mir das nicht beweisen…