macaw hat geschrieben: ↑Fr 21 Jun, 2024 21:59
Bei den ganz alten Filmen ist der Hauptmann von Köpenick (Rühmann) mein absoluter Favorit. Es geschah am hellichten Tag war auch sehr gut. ...
macaw hat geschrieben: ↑Sa 22 Jun, 2024 06:08
Skeptiker hat geschrieben: ↑Sa 22 Jun, 2024 01:16
Monolog von Zuckmeyers falschem Hauptmann Wilhelm Voigt:
"... und denn, denn stehste vor Gott dem Vater, stehste, der allens jeweckt hat, vor dem stehste denn, und der fragt dir ins Jesichte:
Willem Voigt, wat haste jemacht mit deim Leben?
Und da muss ick sagen- Fußmatte, muss ick sagen. Die hab ick jeflochten im Jefängnis und denn sind se alle druff rumjetrampelt.
Muss ick sagen.
...
Aber der sagt zu dir: Jeh wech! sagt er. Ausweisung, sagt er!
(eine Anspielung auf Voigts fehlenden Pass)
Dafür hab ick dir det Leben nich jeschenkt, sagt er. ...
Ich hab mir diesen Monolog von Rühmann (der Text geht etwas anders als im Buch, das ich mir auch gekauft hab) allein sicher 100x angehört, kann den auswendig :-D Max Adalbert's Version von 1931 war mir zu melodramatisch. Im Film von Helmut Käutner (mit Rühmann) kommt danach noch eine meiner Lieblingsszenen: Der Kauf der Uniform beim Trödler! Lustiger Fakt, in der Version von 1931 spielte Leonard Steckel den Trödler Krakauer, in der von 1956 den Schneider Wormser - Ilse Fürstenberg spielte in beiden Filmen die Schwester von Wilhelm Vogt! Auch unvergessen: Der "Stadtindianer" Wolfgang Neuss! :))
@macaw, Köpenick-Kenner (und Hauptmann?? -> Wo hamse jedient? ;-)
Ich bin verspätet und die Diskussion ist längst weitergelaufen (oder dreht sie sich im Kreise?) - ich möchte sie nicht mit einem falschen Hauptmann unterbrechen!
Aber die genannten 2 Altwerke sind schon filmische (Schwer)Gewichte. Was wohl auch damit zu tun hat, dass die Buchautoren Zuckmeyer und Dürrennmatt schreibende (Schwer)Gewichte waren. Und die Schauspieler
Heinz Rühmann und
Gert Fröbe ebenfalls Meister ihrer Zunft (Fröbe, dem seine unheimliche Darstellung des Kindsmörders Schrott offenbar zur Rolle des
James Bond-Gegenspielers in "
Goldfinger" verhalf. Er war übrigens auch ein mienenreicher Rezitator von skurrilen
Morgenstern-Gedichten).
In der Kindheit steckengebliebener Sohn mit abgründigen Fantasien, allein zusammen lebend mit seiner dominanten Mutter - erinnert an Robert Blochs Roman "Psycho" (1959), der 1960 von Alfred Hitchcock in düstere Bilder gesetzt wurde.
"Es geschah am hellichten Tag" erschien als Film übrigens 1958. Am Drehbuch hatten Autor
Dürrenmatt (der auf Anfrage von Produzent
Lazar Wechsler - 1924 zusammen mit dem Schweizer Flug- und Luftbildpionier
Walter Mittelholzer (u.a. Buch "Kilimandjaro-Flug" von 1930) Gründer der Schweizer "Praesens-Film AG" - die Geschichte zunächst verfasste), Regisseur,
Ladislao Vajda (der seinen Vornamen 'hispanisierte'), nicht zu verwechseln mit Vater Ladislaus Vaida - beide stammten aus Ungarn und hiessen eigentlich 'Laszlo' mit Vornamen, und der deutsche Drehbuchautor
Hans Jacoby (der auf Wunsch Vaidas dabei war) mitgewirkt.
Dürrenmatt missfiel der Filmtitel und das Ende, und so brachte er fast zeitgleich mit dem Film seine Version der Geschichte als Roman
"Das Versprechen" heraus, der im Gegensatz zum Film offen endet.
Ich weiss das alles auch nicht frei aus dem Gedächtnis, sondern habe recherchiert (und dabei vor allem Wikipedia benutzt).
Gerdreht wurde der Film in der Schweiz.
Den
Hauptmann von Köpenick habe ich als schulische Klassenlektüre kennengelernt (vermutlich kannte ich den Film damals noch nicht). Unser Deutschlehrer blickte jeweils in die Runde, die Spannung stieg, die Blicke senkten sich (meiner auch) und schliesslich kam die Frage: "Gibt es Freiwillige?". Als mein vorwitziger Sitznachbar sich meldete, fasste ich mir ein Herz und streckte ebenfalls auf. Wir versuchten dann unser Bestes, den ungewohnten Text authentisch zu lesen (ich weiss nicht mehr, welcher Abschnitt es war - vielleicht die Anprobe der Uniform durch Hauptmann von Schlettow? - "
Zuschneider Wabschke: "Det sitzt nu alles wie de eigne Haut".
Hauptmann von Schlettow: "Na ja, von vorne is ja nischt zu wollen. Aber hinten! Hinten! Sehnse sich mal die Jesäßknöppe an! Die sitzen bestimmt nich vorschriftsmäßig!"
Zuschneider Wabschke: "Aber, Herr Hauptmann: ick sage Ihnen, wie anjewachsen! Man kennte meinen, Sie wären mit Jesäßknöppen uff de Welt jekommen!") - es ist wohl unserem Lehrer zu verdanken, dass die aktiven Teilnehmer dieser Köpenickiade am Ende 'janz jut' berlinern konnten! ;-)
Und ja - einmaliges, historisches Ereignis zu einer einmaligen Filmvorlage (1956), vom Autor Zuckmeyer dafür etwas zurechtgebogen und aufgepeppt und mit viel Lokalkolorit präsentiert, und von Rühmann, der mit sparsamer Mimik, seinem typischen, oft etwas stossweisen Sprechen, trockenem (Galgen)humor und militärischem Zack - unterbrochen von Momenten tiefer Ratlosigkeit, die sich im Gesicht in Grossaufnahme spiegelten -, in seinem filmischen Element war.
Regisseur Helmut Käutner (der zusammen mit Zuckmeyer das Drehbuch verfasste) war ebenfalls kein Unbekannter, und so kam ein gewitzter, aber auch nachdenklich stimmender Film zustande, der mir ebenfalls unvergesslich im Gedächtnis blieb.
Zur Finanzierung und Re-Finanzierung dieser beiden Filme (und ob der Film auch im Kino lief) kann
iasi mehr schreiben, falls es interessiert, auf Wiki war bei den Filmen selbst darüber nichts zu lesen.
Noch ein Nachbemerkung (ich erwähne das hier nicht zum ersten Mal): Der ZDF-4-Teiler
"Der Seewolf" (1971, Regie:
Wolfgang Staudte - im 4. Teil zusammen mit Sergiu Nicolaescu) ist mir ebenfalls als ein TV-Highlight im Gedächtnis geblieben, was einerseits an der Buchvorlage von
Jack London lag (die für den Film gekürzt, aber mit weiteren Geschichten des Autors kombiniert wurde - aus meiner Sicht zum Vorteil der Gesamterzählung) und anderseits am Hauptdarsteller Raimund Harmstorf und seinem Gegenspieler "Hump", Humphrey van Weyden (Schauspieler Edward Meeks). Das traurige Schicksal des "schmierigen" Kochs (Emmerich Schäffer als "Köchlein" im Kapitän-Sprech) beeindruckte ebenfalls.
Man muss bei solchen Bewertungen natürlich berücksichtigen, dass es damals an TV-Kost und Filmauswahl niemals die Qual der Wahl (und damit auch Beliebigkeit) gab, wie man sie heute hat.
Das Wort "Strassenfeger" ist längst aus dem Sprachschatz verschwunden, und der Effekt selbst in härtester Bild-Dosierung und/oder mit absurdester Film-Geschichte nicht mehr zu erzielen. Heute ist das Motto eher: "Jeder, was er mag und wann, wo und wie er will".