Jott
Beiträge: 21812

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Jott »

Es bleibt dir unbelassen, alles so zu machen wie du willst. Geht aber nur in Einzelkämpfer-Selbstausbeutung, nicht mit Angestellten oder Freelancern. In dem Punkt reden wir vielleicht aneinander vorbei.

Ab welcher Stunde nimmst du 100% Zuschlag?



Frank Glencairn
Beiträge: 23106

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Frank Glencairn »

Jott hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 08:36 Geht aber nur in Einzelkämpfer-Selbstausbeutung, nicht mit Angestellten oder Freelancern.
Ja, ich hatte ja schon ganz am Anfang geschrieben, daß man das nicht vergleichen kann,
war aber für einige hier offensichtlich zu schwierig zu verstehen.
Sapere aude - de omnibus dubitandum



andieymi
Beiträge: 1597

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von andieymi »

Ich denke es lässt sich durchaus differenzieren.

Wenn Kluster sagt er handhabt das so, macht das auf eigene Rechnung und Risiko - bepreist vielleicht sogar einfach Hotelzimmer an der Location (wenn ich lese, dass es da um Events geht, gibt's das erstaunlich oft für die teilnehmenden Gäste, egal ob Hochzeit oder Kongress) ein, es geht sich preislich für ihn gut aus - und die Rückreise ist sowieso preislich repräsentiert, also egal ob die dann am nächsten morgen oder am gleichen Abend erfolgt seh ich da weniger ein Problem drin, wenn er das so möchte. Er hat auch üblicherweise mehr Chancen bei der Preisgestaltung.

Übermüdet über eine Stufe zu fallen, während man nach 14h Event eine Pocket am Ronin in der Hand hält ist vermutlich blöd und nicht ohne Risiko, aber nicht vergleichbar mit nach 14h den M90 vom Stativ zu holen (oder auf der Leiter die Traverse zu entleeren / abzubauen) und nach 15h den 12t 30km plus zum Hotel/Lager zu fahren.
Es ist schon auch etwas der Kontext und das Projekt selbst, und gerade die "zuarbeitenden" Gewerke sind davon besonders betroffen, weil leicht ersetzbar und quasi keinen Verhandlungsspielraum bei den Gagen.

Deswegen find ich's super, wenn's Producer wie Jott gibt, die das richtigerweise so denken, es gibt halt auch andere.
Und man muss auch sagen, dass es da in Österreich und Deutschland durchaus viele gibt, die das richtig und korrekt handhaben.

Das eigentliche Thema war ja, dass das in Amerika noch nicht der Fall ist, auch bei Ami-Projekten hier oft nicht (wirklich).



Frank Glencairn
Beiträge: 23106

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Frank Glencairn »

Wobei man auch die Kirche wenigstens ein bisschen im Dorf lassen sollte.
Hier wird ja so getan, als ob jemand der um 6 aufsteht, spätestens um 20 Uhr quasi unzurechnungsfähig ist.
Sapere aude - de omnibus dubitandum



Darth Schneider
Beiträge: 19451

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Darth Schneider »

Die Amerikaner machen gerne mal ein wenig übertriebenes Theater, wahrscheinlich ist nur einer irgend an einem Set über ein Kabel gestolpert der zwei linke Beine hatte.
Und jetzt, uh, jedes Film Crew Mitglied muss jede halbe Stunde eine Pause machen…;)
Gruss Boris
Alles vor und rund herum um die Kamera ist für einen guten Film viel, viel wichtiger als die Kamera selber.



chackl
Beiträge: 508

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von chackl »

Frank Glencairn hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 13:00 Wobei man auch die Kirche wenigstens ein bisschen im Dorf lassen sollte.
Hier wird ja so getan, als ob jemand der um 6 aufsteht, spätestens um 20 Uhr quasi unzurechnungsfähig ist.
Hier ist die Rede von Arbeitszeit und nicht wann wer aufsteht oder schlafen geht. Wenn du nach einem 14h Arbeitstag mit dem Auto jemanden über den Haufen fährst, zerreißt dich der Richter in der Luft. Das ist nicht aus der Luft gegriffen, sondern dazu gibt es genügend Urteile.

Die Sache ist einfach die, dass, wenn man solche Spielchen mitmacht, sich immer gewahr sein muss, grob fahrlässig zu handeln. Egal ob der AG das von dir verlangt hat, oder du von dir selbst oder die Katze aufm Dach.

Die Entscheidung liegt immer bei einem selbst.



Bluboy
Beiträge: 4401

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Bluboy »

1x po Woche 2 Schichten ist erlaubt
aber dann müßen wieder 11 Stunden dazwischen sein.

1x weigern und das Projekt gefährden ist auch erlaubt.



Felice Clemente
Beiträge: 4

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Felice Clemente »

An alle "Videographen" und "Eventfilmer" die hier schreiben, dass das schonmal vorkommt etc.:

Bitte beachtet, dass das Kameramänner sind, die SPIELFILME/KINOFILME auf TOP Niveau drehen, keine dokumentarischen Projekte wie es ein Event zB ist (was jetzt nicht wertend gemeint ist, falls das so aufgenommen werden könnte). Da wird mit unterschiedlichem Equipment gearbeitet und eine unterschiedliche Präsenz erwartet. Ich hab beides selbst gemacht und kann das glaube ich einschätzen.

Ich arbeite selbst am Set als AC bei Kino und TV Produktionen unterschiedlichster Größenordnung, hab leider auch schon erleben müssen, dass ein Kollege bei einem internationalen Dreh umgekommen ist, weil er am Steuer eingeschlafen ist und von der Klippe gestürzt ist. Dieser hat fürs Catering gearbeitet, ihm wurde kein Hotel von der Produktion gezahlt und er musste eine lange Strecke nach hause fahren. Hört also bitte auf von wegen "Übers Kabel stolpern" oder, dass das nur Gejammer wäre.

Ich fahre regelmäßig sehr lange Strecken und denke mir oft, dass das selbst nach einem normalen Drehtag der 10 Stunden geht, gefährlich ist. Hab auch einen Kollegen mehrfach aufwecken müssen als er gefahren ist, wenn ich da nicht dabei gewesen wäre, wäre das vielleicht anders ausgegangen.

Natürlich ist das meist eine Geldfrage (Hotel sparen, Drehzeit und Equipmentmiete sparen). Die berüchtigten "Framstage" (Freitag Nachtdreh in den Samstag hinein) sind auch nur ein Mittel, möglichst günstig viel Drehzeit rauszuquetschen und Zuschläge zu sparen und reduzieren die Erholung die ein Wochenende bieten kann deutlich.

Also bitte setzt das in Relation und vergleicht nicht Äpfel mit Birnen.

Wenn sich eine Gewerkschaft für mehr Sicherheit in einer Branche einsetzt, in der es zu zu vielen Unfällen kommt, ist das doch etwas gutes!



Frank Glencairn
Beiträge: 23106

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Frank Glencairn »

Felice Clemente hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 17:46 Die berüchtigten "Framstage" (Freitag Nachtdreh in den Samstag hinein) sind auch nur ein Mittel, möglichst günstig viel Drehzeit rauszuquetschen und Zuschläge zu sparen und reduzieren die Erholung die ein Wochenende bieten kann deutlich.
In welchem Universum spart man bei einem Dreh, der sich in die Nacht hineinzieht Zuschläge?
Felice Clemente hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 17:46
Wenn sich eine Gewerkschaft für mehr Sicherheit in einer Branche einsetzt, in der es zu zu vielen Unfällen kommt, ist das doch etwas gutes!
Da würde ich gene mal ne valide Statistik sehen, daß es in unserer Industrie zu signifikant "vielen" Unfällen deshalb kommt.
By the way - gerade Grips/Rigger (vor allem in den USA) sind für ihren Alkohol und Drogenkonsum am Set berüchtigt - sollte man vielleicht auch mit einrechnen.

Ohne nachzusehen wette ich, daß Leute die Nachts von einem Festival, Club, Party (selbst nüchtern) oder aus dem Urlaub nach hause fahren mehr Unfälle haben.
Sapere aude - de omnibus dubitandum



klusterdegenerierung
Beiträge: 27412

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von klusterdegenerierung »

Leute, fahrt mal einen Gang runter, nicht jeder ist nach 14 Std. Handlungsunfähig, ist Müde bis zum umfallen und braucht auch nicht zwingend hunderte von Km zu fahren.
Auch glaube ich muß man hier kaum einen Erwachsenen belehren wann er nicht mehr in der Lage ist Auto zu fahren.

Wenn man nicht mehr fahren kann und Müde ist, dann schläft man eben erst, ist doch selbstredent und selbstverständlich.
Wenn man das in den USA nicht kann oder nicht darf, ist das natürlich traurig.
"Was von Natur aus flach ist, bläht sich auf!"



Felice Clemente
Beiträge: 4

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Felice Clemente »

In welchem Universum spart man bei einem Dreh, der sich in die Nacht hineinzieht Zuschläge?
Da hast du prinzipiell natürlich recht, dass man da nicht direkt Zuschläge einspart. Man kann aber die Arbeitszeit einer Woche maximieren und verhindert, am nächsten Tag in Unterstunden zu kommen. Dass ab 22 Uhr Zuschlag gezahlt wird ist schon klar, dass nachts Überstunden gezahlt werden ist auch klar.
By the way - gerade Grips/Rigger (vor allem in den USA) sind für ihren Alkohol und Drogenkonsum am Set berüchtigt - sollte man vielleicht auch mit einrechnen.
Statistik hab ich dafür keine. Es gibt aber genug Publikationen, die belegen, dass Arbeitszeiten von mehr als 8h das Unfallrisiko erhöht(https://www.handwerk-magazin.de/lange-a ... 516/316787 https://www.igmetall.de/service/ratgebe ... fallgefahr https://www.arbeitszeit-klug-gestalten. ... beitszeit/). Nimmt man jetzt den Standart 10h/Tag Vertrag oder die 50h/Woche (und das ist noch ohne Überstunden) in Kombination mit der Tatsache, dass der Job viel reisen mit sich bringt ist es recht einfach das erhöhte Unfallrisiko in unserer Branche zu erkennen. Natürlich gibt es auch andere Branchen, in denen viel gereist wird, wir reden hier aber vom Film. Und der unterschied zu jemandem, der Events filmt oder Hochzeiten oder was auch immer, ist der, dass das dann paar Tage im Monat sind, bei denen man zum Dreh muss. Wenn man dann aber am nächsten Tag im Büro sitzt und das schneidet ist es was anderes, als wenn sich das dann Tag für Tag und Woche für Woche wiederholt und das über Monate.

Dafür würde ich wiederum gerne eine Statistik sehen... Oder ist das vielleicht ein Gerücht?
Der verstorbene Kollege hatte kein Alkohol und Drogen Problem aber Familie, der Kollege mit ich mehrfach gereist bin und den ich während der Fahrt mehrfach aufwecken musste ebenfalls.
Ohne nachzusehen wette ich, daß Leute die Nachts von einem Festival, Club, Party (selbst nüchtern) oder aus dem Urlaub nach hause fahren mehr Unfälle haben.
Also alle Leute die jemals Nachts Autofahren haben mehr Unfälle als Crew Mitglieder? Oder wie soll ich den Vergleich verstehen?

Abgesehen davon, wenn jemand sich freiwillig dafür entscheidet, in seiner Freizeit(!) zu einer Party zu fahren und dann betrunken (oder nüchtern) glaubt noch Autofahren zu müssen ist doch nicht vergleichbar mit einer Dispo, die man vorgesetzt bekommt für einen Job von dem man abhängig ist oder den man mit Herzblut macht. Und jetzt sagst du: Man kann sich ja weigern. Ja ne... Man ist weisungsgebunden. Du kannst kündigen, klar. Aber wie willst du sonst rechtlich argumentieren? Klar, ein Produktionsfahrzeug darf man nur im rechtlich geregelten zeitlichen Rahmen bewegen, aber wenn du mit deinem Privat PKW anreist ist da nix geregelt, außer, dass das als Arbeitszeit berechnet wird (wenn du selber fährst, Beifahrer nicht).

Ich glaube, wir haben da einfach recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht, werter Frank.



Frank Glencairn
Beiträge: 23106

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Frank Glencairn »

Felice Clemente hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 19:59
Ich glaube, wir haben da einfach recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht, werter Frank.
Nicht unbedingt.

Ich kenne Produktionen (für die ich gearbeitet habe), die völlig überziehen, ganz genauso wie das Gegenteil davon an einem Set, an dem ich das Sagen habe.

Normal plane ich eine Produktion immer so, daß alle zum Abendessen pünktlich zuhause sind, oder wenigstens ein Hotel vor Ort haben, wenn es z.B. ein Nachtdreh ist.

Schon allein deswegen, weil ich selbst keinen Bock auf überlange Drehs habe (kommt meistens qualitativ sowieso nix ordentliches dabei raus) - da brumm ich dem Kunden lieber von Anfang an einen Tag mehr auf, statt meine Crew mit sowas zu verschleißen, und mich über suboptimales Material zu ärgern.

Manchmal gibt es aber Situationen, wo man keinen Einfluß auf die Umstände hat, oder es aus irgendeinem anderen Grund halt nicht anders geht - sowas muß man dann halt als Profi auch mal durchziehen können. Könnnen andere Profis ja auch - denk z.B. mal an THW/Feu8erwehrleute, oder Krankenschwestern in einem Notfallgebiet, von Soldaten in einem Kriegseinsatz ganz zu schweigen, da wird das auch erwartet - darf halt nicht zum Dauerzustand werden.
Sapere aude - de omnibus dubitandum



Felice Clemente
Beiträge: 4

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Felice Clemente »

Normal plane ich eine Produktion immer so, daß alle zum Abendessen pünktlich zuhause sind, oder wenigstens ein Hotel vor Ort haben, wenn es z.B. ein Nachtdreh ist.
Das klingt sehr verantwortungsbewusst von Dir! Leider sehen es halt zu viele Produktionsfirmen oft nicht so.
Manchmal gibt es aber Situationen, wo man keinen Einfluß auf die Umstände hat, oder es aus irgendeinem anderen Grund halt nicht anders geht - sowas muß man dann halt als Profi auch mal durchziehen können. Könnnen andere Profis ja auch - denk z.B. mal an THW/Feu8erwehrleute, oder Krankenschwestern in einem Notfallgebiet, von Soldaten in einem Kriegseinsatz ganz zu schweigen, da wird das auch erwartet - darf halt nicht zum Dauerzustand werden.
Da gebe ich dir auch zu 100% recht! Dass es mal Großkampftage mit heftigem Pensum und langer Reise gibt ist absolut richtig. Da hat auch jede Crew vollstes Verständnis, besonders wenn die Produktion davor zu den Leuten geht und mit ihnen spricht. Aber es ist momentan leider noch zu oft Dauerzustand und das vermeidbarer Weise. Und das zu ändern, darum gehts ja meiner Meinung nach. Glaub im Grunde sind wir uns da ja eh einig :)



iasi
Beiträge: 24453

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von iasi »

Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende

https://filmunion.verdi.de/++file++60e3 ... 202021.pdf



Felice Clemente
Beiträge: 4

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Felice Clemente »

iasi hat geschrieben: Mi 01 Sep, 2021 00:32 Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende

https://filmunion.verdi.de/++file++60e3 ... 202021.pdf
https://nofilmschool.com/long-set-hours



Jalue
Beiträge: 1423

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Jalue »

Felice Clemente hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 17:46 An alle "Videographen" und "Eventfilmer" die hier schreiben, dass das schonmal vorkommt etc.:

Bitte beachtet, dass das Kameramänner sind, die SPIELFILME/KINOFILME auf TOP Niveau drehen, keine dokumentarischen Projekte wie es ein Event zB ist (was jetzt nicht wertend gemeint ist, falls das so aufgenommen werden könnte). Da wird mit unterschiedlichem Equipment gearbeitet und eine unterschiedliche Präsenz erwartet. Ich hab beides selbst gemacht und kann das glaube ich einschätzen.
Obwohl ich, was die Schlussfolgerungen angeht, mit dir weitgehend einer Meinung bin: Nein, das kannst du offenkundig nicht einschätzen! Ich habe früher auch szenisch gearbeitet, mittlerweile bin ich rein journalistisch unterwegs. Ich kann dir versichern, bei langen Wahlnächten, Terrorlagen oder Einsätzen in Krisengebieten wird deutlich mehr Präsenz erwartet. Da geht's dann, existenziell gesehen, oft um ein bisschen mehr als um die Frage, wer die Linsen morgens nach 3 Std. Schlaf beim Verleiher abholt.

Aber es macht überhaupt keinen Sinn, dass wir uns darüber auseinanderdividieren. Wir alle, auch und gerade jüngere KollegInnen, müssen uns von dem dümmlichen Neolib-Narrativ befreien, dass wir ja privilegiert seien, weil wir "Neigungsberufe" ausüben würden und deshalb gefälligst zum Putzfrauen-Tarif zu arbeiten hätten, gerne auch mal 15 Stunden am Stück. Es ist harte, schwierige Arbeit, die ein gehöriges Qualifikationsniveau voraussetzt. Diese Botschaft an "Ausbeuter-Schw ... chen" durchzustellen, liegt nun an jedem Einzelnen. Letztlich eine Frage der (bildhaft gesprochen) Eier in der Hose.



iasi
Beiträge: 24453

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von iasi »

Jalue hat geschrieben: Fr 03 Sep, 2021 04:56
Felice Clemente hat geschrieben: Di 31 Aug, 2021 17:46 An alle "Videographen" und "Eventfilmer" die hier schreiben, dass das schonmal vorkommt etc.:

Bitte beachtet, dass das Kameramänner sind, die SPIELFILME/KINOFILME auf TOP Niveau drehen, keine dokumentarischen Projekte wie es ein Event zB ist (was jetzt nicht wertend gemeint ist, falls das so aufgenommen werden könnte). Da wird mit unterschiedlichem Equipment gearbeitet und eine unterschiedliche Präsenz erwartet. Ich hab beides selbst gemacht und kann das glaube ich einschätzen.
Obwohl ich, was die Schlussfolgerungen angeht, mit dir weitgehend einer Meinung bin: Nein, das kannst du offenkundig nicht einschätzen! Ich habe früher auch szenisch gearbeitet, mittlerweile bin ich rein journalistisch unterwegs. Ich kann dir versichern, bei langen Wahlnächten, Terrorlagen oder Einsätzen in Krisengebieten wird deutlich mehr Präsenz erwartet. Da geht's dann, existenziell gesehen, oft um ein bisschen mehr als um die Frage, wer die Linsen morgens nach 3 Std. Schlaf beim Verleiher abholt.

Aber es macht überhaupt keinen Sinn, dass wir uns darüber auseinanderdividieren. Wir alle, auch und gerade jüngere KollegInnen, müssen uns von dem dümmlichen Neolib-Narrativ befreien, dass wir ja privilegiert seien, weil wir "Neigungsberufe" ausüben würden und deshalb gefälligst zum Putzfrauen-Tarif zu arbeiten hätten, gerne auch mal 15 Stunden am Stück. Es ist harte, schwierige Arbeit, die ein gehöriges Qualifikationsniveau voraussetzt. Diese Botschaft an "Ausbeuter-Schw ... chen" durchzustellen, liegt nun an jedem Einzelnen. Letztlich eine Frage der (bildhaft gesprochen) Eier in der Hose.
Du nennst selbst die "Ausbeutersituationen", prangerst dann aber doch die ominösen "Ausbeuter-Schw ... chen" an.
Auch in anderen Berufszweigen kommt es nun einmal zu Konstellationen, bei denen die tarifliche Arbeitszeit nicht eingehalten wird. Es ist z.B. eine Sache, ob eine Maschine im Produktionsalltag läuft und von den Mitarbeitern bedient wird oder ob eine neue Maschine installiert wird, was zu einer Produktionsunterbrechnung führt.
Im einen Fall organisiert man Schichtarbeit, im anderen ist dies eben praktisch nicht möglich.



MLJ
Beiträge: 2193

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von MLJ »

@Jott
Zitat:
"Als Producer nehme ich meine Crew in Schutz. Die Zuschläge ab der 10. Stunde sind so hoch, dass ein zweiter normaler Drehtag klar billiger kommt als ein rausgepresster 14-Stünder. Das klärt die Situation in der Regel schnell, das versteht dann auch der renitenteste Slaventreiber auf Auftraggeberseite. Arbeitsrecht gilt obendrein sowieso für alle. Wenn es nicht anders geht (Beispiel: Events), wird sichergestellt, dass niemand mehr fahren muss (Hotel nebenan) bzw. zwei Crews schichten. Wird in Frankreich so praktiziert, wo die Filmbranche gut geschützt ist: die machen schon mal mitten in einer Show das Licht aus und gehen einfach, wenn die maximale gesetzliche Stundenzahl erreicht ist und die erforderliche Zweitcrew nicht gebucht wurde. Alles easy. Nicht ausbeuten lassen. Dass nach 14 Stunden die Konzentration weg ist und oft genug nur noch Schrott rauskommt, sollte beiden Seiten sowieso klar sein."
Zitat Ende.

So halten wir es in Frankreich auch. Bei Außenaufnahmen über mehrere Tage werden die umliegenden Hotels oder Pensionen reserviert und einige Wohnwagen nahe dem Set platziert. Team Mitglieder die lange Anfahrten haben werden für die Dauer der Produktion in nahegelegenen Hotels untergebracht, niemand fährt da jeden Tag nach Hause. Alles eine Sache der Organisation und Planung. Allerdings machen sie hier nicht mehr mitten in einer Live Show das Licht aus da es immer eine Zweite Crew gibt am Set. :)

@Felice Clemente
Zitat:
"Ich arbeite selbst am Set als AC bei Kino und TV Produktionen unterschiedlichster Größenordnung, hab leider auch schon erleben müssen, dass ein Kollege bei einem internationalen Dreh umgekommen ist, weil er am Steuer eingeschlafen ist und von der Klippe gestürzt ist."
Zitat Ende.

Keine Ahnung für welche Firmen du arbeitest und es tut mir Leid was deinen Kollegen passiert ist aber das klingt sehr weit hergeholt was du geschrieben hast. Bei uns werden alle, ohne Ausnahme in der Nähe untergebracht wenn sie eine weite Anreise haben. Nur so sind alle am nächsten Tag frisch und klar im Kopf um weiter zu arbeiten und das gilt für das gesamte Team.

@Klusterdegenerierung
Zitat:
"Leute, fahrt mal einen Gang runter, nicht jeder ist nach 14 Std. Handlungsunfähig, ist Müde bis zum umfallen und braucht auch nicht zwingend hunderte von Km zu fahren. Auch glaube ich muß man hier kaum einen Erwachsenen belehren wann er nicht mehr in der Lage ist Auto zu fahren. Wenn man nicht mehr fahren kann und Müde ist, dann schläft man eben erst, ist doch selbstredent und selbstverständlich. Wenn man das in den USA nicht kann oder nicht darf, ist das natürlich traurig."
Zitat Ende.

Ich stimme dir zu und du hast es wunderbar auf den Punkt gebracht.

@Frank Glencairn
Zitat:
"Ich kenne Produktionen (für die ich gearbeitet habe), die völlig überziehen, ganz genauso wie das Gegenteil davon an einem Set, an dem ich das Sagen habe. Normal plane ich eine Produktion immer so, daß alle zum Abendessen pünktlich zuhause sind, oder wenigstens ein Hotel vor Ort haben, wenn es z.B. ein Nachtdreh ist.
Schon allein deswegen, weil ich selbst keinen Bock auf überlange Drehs habe (kommt meistens qualitativ sowieso nix ordentliches dabei raus) - da brumm ich dem Kunden lieber von Anfang an einen Tag mehr auf, statt meine Crew mit sowas zu verschleißen, und mich über suboptimales Material zu ärgern. Manchmal gibt es aber Situationen, wo man keinen Einfluß auf die Umstände hat, oder es aus irgendeinem anderen Grund halt nicht anders geht - sowas muß man dann halt als Profi auch mal durchziehen können. Könnnen andere Profis ja auch - denk z.B. mal an THW/Feu8erwehrleute, oder Krankenschwestern in einem Notfallgebiet, von Soldaten in einem Kriegseinsatz ganz zu schweigen, da wird das auch erwartet - darf halt nicht zum Dauerzustand werden."
Zitat Ende.

So halten wir es auch und wie du richtig schreibst, manchmal hat man keinen Einfluss auf die Umstände, besonders wenn sich Probleme ergeben die die Arbeit behindern.

Cheers

Mickey
The little Fox.... May U live 2 C the Dawn



Jalue
Beiträge: 1423

Re: Zu viele Unfälle: Top-Kameraleute in Hollywood fordern kürzere Drehtage

Beitrag von Jalue »

iasi hat geschrieben: Fr 03 Sep, 2021 11:15 Im einen Fall organisiert man Schichtarbeit, im anderen ist dies eben praktisch nicht möglich.
Natürlich ist es das. Sonst wären Feuerwehr, Polizei, etc., deren Arbeitsalltag per se aus Ausnahmesituationen besteht, gar nicht handlungsfähig.

Der Unterschied: Da wird ein entsprechender Overhead bereitgestellt (oder auch nicht, aber selbst wenn nicht, gibt es eine Lobby, die massiv Alarm schlägt) und niemand würde grundsätzlich in Frage stellen, dass es einer Kompensation bedarf.

Bei uns wird hingegen erwartet, dass wir den Ausnahmefall unkompensiert als Normalität fressen. Ist es aber nicht. In aller Regel sind 15 Std.-Schichten nicht "historischen Ausnahmesituationen" geschuldet, sondern schlichtweg der Inkompetenz der Planer, bzw. dem Geiz der Entscheider.

"Ja aber ... der Personalmangel !!!". Tschä nu. Wer Putzfrauen-Löhne ansetzt, hat den eben, auch ohne Lage oder demografischem Wandel. ;-)



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