Wer "nur" live-streamen will, findet heute eine breite Auswahl an Lösungen, um hierfür professionelle Kameras zu nutzen. Wer jedoch in Zoom, Skype und anderen visuellen Meetups den besten Eindruck hinterlassen will, muss auf eine direkte Synchronisation sowie kleine Latenzen achten. Ansonsten wird der Auftritt des besseren Bildes von unschönen Seiteneffekten überlagert, die jedem Video Meeting einen schlechten Anstrich verpassen.
Die Qualität einer Webcam
Ehrlich gesagt sind wir etwas verwundert. Nun stehen wir schon ein Jahr zutiefst in der Corona-Krise und erleben fast täglich die damit verbundenen neuen Anforderungen an visuelle Kommunikation. Sei es Homeschooling, Homeoffice oder auch persönliche Treffen mit anderen, eine funktionierende Webcam steht dabei immer im Mittelpunkt.
Doch sieht man sich Videokonferenzen in der Praxis an, so darf man von der Qualität erschüttert sein. Phänomene wie Ruckeln, Verzögerungen und Audio-Video-Verschiebungen machen gefühlt 95 Prozent aller Videotreffen unansehnlicher, als sie sein müssten. Dies merkt man spätestens, wenn man einmal ein Schlüssel-Erlebnis in guter Qualität mit geringer Latenz hatte: Es ist wirklich ein Unterschied wie zwischen Nacht und Tag, wenn man sich in sehr guter Qualität im Netz treffen kann.
Schön, dass dies viele Hersteller professioneller Kameras auch so sehen und mittlerweile Softwarepakete ausliefern, um hochqualitative Kameras für Webmeetings nutzen zu können. Doch auch hier steckt der Teufel im Detail. Und zwar in Details, über die man im Netz erstaunlich wenig lesen kann. Was wir mit diesen Artikeln nun mal ändern wollen...
Die Krux mit der Latenz
Grundsätzlich ist die Idee, eine hochwertige Kamera als Webcam zu nutzen ja naheliegend. Mit höherer Dynamik und einer bewährten Color Science kann man auch im Bewegtbild einer Videokonferenz deutlich ansehnlicher wirken. Denn die kleinen Sensoren in den meisten Webcams sorgen meist für wahrhaft hässliche und rauschige Bilder mit geringer Dynamik und ausgefressenen Lichtern.
Doch im Laptop eingebaute Kameras (und einige USB-Webcams) haben trotzdem nach wie vor entscheidende Vorteile. Einer davon ist die Latenz. Darunter versteht man - einfach gesagt- die Verzögerung zwischen Aufzeichnung und Wiedergabe.
Latenzen entstehen einerseits notgedrungen auf dem Weg zwischen Sender und Empfänger. Unter anderem weil das Signal erst einmal komprimiert, in einem IP-Strom codiert, übertragen, IP-decodiert und zuletzt wieder entkomprimiert werden muss. Jeder dieser Schritte benötigt etwas Zeit und diese Zeiten addieren sich zur Gesamtlatenz des Systems.
Früher galten Latenzen von unter 40ms in der Telefonie als hohes (und wichtiges) Qualitätsmerkmal. Für analoge nationale Festnetzgespräche wurden sogar noch im letzten Jahrtausend 25 ms festgelegt. (Endgeräte durften jeweils maximal 5 ms verbrauchen und die Netzübertragung sollte maximal 15 ms in Anspruch nehmen).
Über das Internet sind solche Werte leider nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen zu erzielen. Besonders wenn auch Bildübertragung im Spiel ist. Üblicherweise dauert in der Videotelefonie das En- und Decodieren am Endgerät meist jeweils schon deutlich über 20 ms. Dazu kommen die Transferzeiten für die IP-Pakete im Netzwerk.
Gemäß ITU-T-Empfehlung G.114 gilt heute bei einer Echtzeitkommunikation eine Latenz von 400 Millisekunden Einweg-Laufzeit als maximal akzeptabel. In der Praxis sehen aber viele Untersuchungen bereits 125 ms als pragmatische Grenze, ab der sich viele Menschen schon bewusst "gestört" fühlen. Die ITU-T empfiehlt bei hoch-interaktiven Kommunikationsformen generell eine Latenz von 150 Millisekunden nicht zu überschreiten. Dies sehen wir persönlich auch schon als eher laxe Grenze und würden immer versuchen, eher unter 100ms anzupeilen. Doch ist das überhaupt realistisch?