Im Testlabor konnte die Ursa Mini 4.6K bereits punkten – doch wie sieht es in der Praxis aus? Wir werfen einen Blick auf Hauttöne, die diversen RAW-Varianten, das Handling im Minimal-Setup, den Dynamikumfang, Batterielaufzeiten, die Audioabteilung u.a.
Blackmagic Design Ursa Mini 4.6K
Handling
Im Gegensatz zu unserem Test der Blackmagic Design Ursa Mini 4 K vom Februar diesen Jahres, die wir mit dem neuen hochwertigen BMD OLED Viewfinder, der Schulterstütze inkl. Rodklemmung und Top-Handle in der aufpreispflichtigen Maximalausstattung testen konnten, stand uns bei der neuen URSA Mini 4.6 K „nur“ die Barebone-Variante zur Verfügung. Hier liegt nur der seitliche Griff inkl. Anschlusskabel bei – sonst nichts – auch kein Tophandle. Für uns eine gute Gelegenheit herauszufinden, ob sich auch mit der Ursa Mini 4.6K in der Minimalausstattung (UVP: 4.838,20 Euro netto) also quasi „guerilla-style“ arbeiten lässt.
Vorab als Einstieg in die Ursa Mini 4.6K unser 60-Sekünder bei Tageslicht:
Für diesen kurzen Testdreh auf der Oberbaumbrücke mit Ricarda hatten wir leider nur anderthalb Stunden Zeit – die NAB drängelt schon - daher diesmal eher kurz – zu sehen gibt es RAW 4:1 Material in voller Sensorauflösung aufgenommen mit 4608x2592 Pixeln in 24 und 60 fps. Bearbeitet wurden die Aufnahmen auf einem aktuellen 8-Core Mac Pro in Resolve 12 skaliert auf UHD. Alle Clips wurden mit BMD Film 4.6K Gamma interpretiert und mit der korrespondierenden 709 BMD LUT in DaVinci Resolve ausgespielt. Außer einer leichten Luma-Angleichung fand keine weitere Farbkorrektur statt.
Ursa Mini 4.6K – nur das Nötigste
An Optiken kamen Festbrennweiten von Zeiss (CP.2 85mm, CP.2 25mm sowie 35mm) zum Einsatz, die wir zuvor auf den EF-Mount der Ursa Mini 4.6K umgebaut haben. Als ND-Filter stand ein Tiffen ND.09 im ARRI MMB2 Kompendium zur Verfügung, das in diesem Fall auf die CPs ohne Rods draufgeklippt wurde.
Das Gewicht der URSA Mini in der Barebones-Variante liegt bei eher schlanken 2,27 kg – mit dem seitlichen Griff, dem V-Mount Akku, unserem Kompendium sowie den CPs dürfte man irgendwo bei 5 kg landen. Die nahen und Close-Up-Aufnahmen haben wir freihand gefilmt und waren positiv überrascht, wie gut sich mit der abgespeckten Ursa Mini 4.6K aus der Hand drehen lässt. Der 5“ Klappmonitor leistete mit dem zentralen Fokusassist im Verbund mit dem sehr guten Peaking der Ursa Mini 4.6K völlig ausreichende Schärfekontrolle. Vor allem freihand stellt die zentral ausgelegte Suchervergrösserung kein Problem dar, weil man schnell den Ausschnitt selbst bestimmen kann. Auf dem Stativ würden wir uns über einen verschiebbaren Ausschnitt freuen. Bei unserem kleinen Testdreh waren wir bei bedecktem Himmel unterwegs – die Helligkeit des Klappmonitors war hierbei ausreichend - bei direkter Sonne würden wir allerdings auf ein Viewfinder-Setup setzen.
An dieser Stelle lohnt es sich noch einmal darauf hinzuweisen, dass sich die Kosten für eine drehfertige Ursa Mini 4.6K (im Ggs. zu anderen Raw-Kamerasystemen) in eher überschaubaren Grenzen halten: Sieht man mal von Optiken und Akkus ab, kommen bei unserem Testsystem nochmal 115,- Euro für die URSA VLock Battery Plate und um die 400,- Euro (Straße) für die SanDisk Extreme Pro 128 GB (515 MB/s) hinzu. Netto liegt man damit insgesamt um die 5.500,- und kann einfach loslegen, sofern EF-Optik und V-Mount Akku vorhanden sind. Eine günstigere 4K RAW-Lösung mit qualitativ hochwertigem Oversampling dürfte derzeit schwer zu finden sein.
Der seitliche Griff ist (wie die gesamte Magnesium-Kameragehäuse-Konstruktion) ziemlich robust ausgelegt. Wir haben die Ursa Mini 4.6K kontinuierlich während der Testaufnahmen am seitlichen Griff ohne Probleme getragen – auf dem Stativ empfehlen wir allerdings einen Top-Handle, weil es ohne Griff keinen richtigen Halt gibt, um die Kamera in der Stativhalbschale zu nivellieren.
Ursa Mini 4.6K mit robustem, seitlichem Handgriff
Gleiches gilt für eine Baseplate mit Rod-Aufnahmen: Der EF-Mount ist zwar bei der Ursa Mini erfreulich robust ausgelegt – wer jedoch über längere Zeit mit schwereren, manuellen Optiken unterwegs ist, dürfte kamerafreundlicher mit Rods und entsprechender Abstützung fahren.
Nach dem Bespielen unserer 128 GB CFast 2.0 Karte (SanDisk Extreme Pro 515 MB/s) standen noch 40% Akkuleistung bei unserem (eher bescheiden dimensionierten) 98Wh V-Mount Akku zur Verfügung - ein guter Wert (bei der 4K-Variante der Ursa Mini waren es bemerkenswerte 60% gewesen).
Für die Belichtungskontrolle stehen bei der Ursa Mini 4.6K in erster Linie Zebras (nicht bei RAW-Recording) sowie ein Histogram zur Verfügung. Zusätzlich lässt sich der Sucher/Monitor mit der BMD-internen „Video“-LUT betreiben, was wir bei RAW und Aufnahmen mit der flachen, neuen „Film-Gamma“ Kurve empfehlen. Ein Waveform-Monitor bietet unserer Meinung nach zwar die schnellste und sicherste Möglichkeit der Belichtungskontrolle und hier würden wir gerne noch ein entsprechendes Firmware-Update sehen aber mit dem Histogramm kommt man ebenfalls aus.
Die einzige wirklich für uns fehlende Funktion stellen integrierte ND-Filter dar. Wären sie an Board, liesse sich der Einsatzbereich der Ursa Mini deutlich in Szenarios mit schnellem „Turn-Over“ erweitern – so sehen wir sie eher im szenischen Bereich angesiedelt, wofür auch die Tonabteilung (s.u.) der Ursa Mini 4.6K spricht.
Die Ursa Mini 4.6 K bietet locker den höchsten Dynamikumfang aller bislang auf slashCAM getesteten Kameras – mehr hierzu im Tageslichtkapitel. Es gelten trotzdem die „üblichen Regeln“ für die korrekte Belichtung: In diesem Fall via Histogramm die Highligts schützen und eher ETTR als zu knapp belichten: Wer stark unterbelichtet und in der Post dann die Schatten hochzieht, riskiert Bildrauschen.
Abschließen wollen wir das Handling-Kapitel mit noch ein Paar kleineren Notizen: Das helle LED-Kameralicht an der Monitoraussenseite der Ursa Mini 4.6K lässt sich im Display Menü „Door LED Brigthness“ deaktivieren. Vor allem für Schultersetups eine sinnvolle neue Option.
Das Seitenlicht lässt sich jetzt bei der Ursa Mini 4.6K ausschalten
Bei der Dual Card Rec Funktion würden wir eine Bestätigung für die Aktivierung begrüßen. Ansonsten kann es schnell passieren, dass man beim Wechsel der „Sensor Frame Rate“, an die man unserer Erfahrung nach häufiger ran muss, am Touchscreen versehentlich mal die darunter befindliche Dual Card Rec Funktion aktiviert, die auch bei nur einer Karte in den Slots ihre Arbeit verrichtet und dann nur jeden zweiten Frame auf die Karte schreibt.
Hauttöne
Um eine erste Annäherung an die Hautton-Wiedergabe „Out-of-the-Box“ der Ursa Mini 4.6K zu ermöglichen, wollen wir uns ein Still mit einem closen Framig aus unserem kleinen Testvideo etwas genauer betrachten. Die Rahmendaten lauten hierbei wie folgt: RAW 4:1 (60p), ISO 800 Blende ca. f6.
Hauttöne von der Ursa Mini 4.6K
Bei der „Entwicklung in DaVinci Resolve wurde als Whitebalance Einstellung bei den „Camera RAW Einstellungen“ „Daylight“, im Color Space „BMD Film“ und beim Gamma „BMD Film 4.6K“ gewählt. Als LUT kam die hauseigene „Blackmagic 4.6K Film to Rec709“ zum Einsatz. Eine weitere Farbkorrektur erfolgte nicht.
Damit kamen lediglich Standard-Settings in DaVinci Resolve zum Einsatz. Global auf alle Clips angewandt erhalten wir so einen schnellen Weg, um RAW in Resolve aufzubereiten ohne in eine aufwendigerer Farbkorrektur oder Grading für eigene Akzente zu gehen.
Die umfasenden Eingriffsmöglichkeiten, die RAW bietet, stellen normaler Weise eines der Hauptargumente für ein umfassendes Grading der Clips dar – in unserem Fall sind wir jedoch an der “quasi“ standardisierten Umsetzung von Hauttönen mit der DaVinci Resolve 4.6K LUT interessiert und diese arbeitet unser Meinung nach bereits mit diesen Standardeinstellungen auf ausgezeichnetem Niveau.
Hierzu korrespondiert auch der Farbwinkel für Hauttöne im Vektorskop wenn wir mal kurz eine Maske auf die Hautton-Partien von Ricarda legen:
Ursa Mini 4.6K Material im Vektorskop von DaVinci Resolve
Wer also in RAW mit der Blackmagic Design Ursa Mini 4.6K aufzeichnen will, erhält mit der „Blackmagic 4.6K Film to Rec709“ bereits eine sehr gute Umsetzung bei den Hauttönen – das ist leider keine Selbstverständlichkeit beim Zusammenspiel LUTs und Skintones. Weitere Tests mit anderen Lichtszenarios wären hier spannend und eine willkommene Ergänzung, die wir vom Aufwand her für diesen Kameratest allerdings nicht stemmen können ...
Audio
Bei der Audioabteilung hat sich im Vergleich zu Ursa Mini 4K nichts verändert. Das bedeutet, dass die Audioqualität für Kondensator-Mikros gerade noch so OK ist - für dynamische Mikrofone bieten die internen Verstärker allerdings zu wenig Leistung. Für optimale Tonqualität sollte man also entweder einen Fieldmixer dazwischen hängen oder gleich auf externes Recording setzen.
Als schwierig empfinden wir den Delay am Kopfhörerausgang. Audio-Monitoring wird damit zur Herausforderung – ein weiterer Grund für einen Fieldmixer oder externes Audiorecording. Für uns auch noch ein Fingerzeig hin zu eher szenischen Einsatzgebieten (s. ND-Filter). An einer mittelmäßigen internen Audioabteilung dürfte sich im Cine-Bereich kaum jemand stören – im Event/ENG-Bereich hingegen eher.
Tageslichtaufnahmen bei Sonne
Blackmagic Design Ursa Mini 4.6K
Bei unseren Tageslichtaufnahmen stellen wir die einzelnen RAW und ProRes Kompressionen inkl. Standard-LUTs vor: Raw, Raw 3:1, Raw 4:1, ProRes 444 XQ, ProRes 444 sowie ProRes 422 HQ.
Alle Aufnahmen wurden mit einem Zeiss CP.2 25 mm T2.1 mit Blende T8 bei 24 fps gemacht.
Wir hatten bei direktem Sonnenlicht volle Zeichnung in den Wolken bei zugleich deutlichen Reserven in den Schattenbereichen. Das Arbeiten mit den DNG-Files aus der Ursa Mini 4.6K macht viel Freude...
Fazit
Die Ursa 4.6K Mini setzt den Maßstab, welche 4K Bildqualität mittlerweile in der Entry Cine S35 Klasse möglich ist dank ihres erstaunlich hohen Dynamikumfangs sowie guter Auflösungswerte auf ein völlig neues Niveau.
Maßgeblich trägt hierzu ihre RAW-Fähigkeit bei, wobei für uns vor allem das neue 4:1 Raw eine gelungene Schnittmenge aus Bildqualität und Datenrate darstellt. In diesem Sinne hat sie tatsächlich das Zeug, den Markt der Entry S35 Cine-Camcorder nachhaltig zu verändern und dies allein durch ihre Existenz. Noch nie war man für eine solch (vergleichsweise) geringe Investition mit der Bildqualität so nah bei den Etablierten im Filmbereich dran – seien es Sony, RED oder selbst ARRI.
Genau dieser Spirit „mit geringem finanziellen Input möglichst großes Kino“ zu ermöglichen macht die Blackmagic Cinema Kameras so besonders und die Ursa Mini 4.6K steht ebenfalls in dieser Tradition. Eine in ein Produkt gegossene Philosophie, die dem ambitionierten Independent Filmer deutlich näher stehen dürfte als dem abgeklärten Profi, dessen Equipment rund um die Uhr einfach nur funktionieren muss und der nächste Service nicht weit sein darf.
Die Ursa Mini 4.6K hat sich bei unseren Tests keine größeren Schnitzer geleistet und merklich Eindruck hinterlassen. Dabei ist sie nicht perfekt: Die Audioabteilung könnte besser sein, ein Waveform-Monitor sowie integrierte ND-Filter wären wünschenswert und die Fokus-Assist-Funktion dürfte gerne verschiebbar sein ... ihre Bildqualität macht sie trotzdem zu einem Meilenstein.
Um einzuschätzen, ob sich die Ursa Mini 4.6K über den Independentbereich hinaus auch in der professionellen Filmpraxis etablieren kann, bedarf es längerer Erfahrungswerte. In der Zwischenzeit freuen wir uns hoffentlich möglichst viele, ambitionierte, hochqualitative Filmprojekte vorgesetzt zu bekommen: Mangelnde Bildqualität ist jedenfalls keine Ausrede mehr.
Hallo Robert,
Danke für´s Up-to-Date halten - persönliche Erfahrungen mit der Ursa Mini 4.6K finden wir spannend - sag Bescheid, wenn`s erste Pros & Cons von deiner Seite...weiterlesen
CameraRick 11:58 am 1.11.2016
Wurde die 4.6K nicht deutlich später ausgeliefert? Die langweilige 4K kam doch zu erst.
//edit
oh, that's the joke, was? Bin etwas langsam heute. Sorry...weiterlesen
freezer 21:14 am 31.10.2016
Wollte nur mal kurz rückmelden, dass ich heute von meinem Händler Bescheid bekommen habe, dass nächste Woche meine UM4.6k kommt.
Nicht schlecht für eine Kamera die seit Juli...weiterlesen