Meinung Popcorn Time - Zukunft oder Verderben der Filmindustrie?

Popcorn Time - Zukunft oder Verderben der Filmindustrie?

Popcorn Time zeigt, wie modernes Video on Demand heute ohne Serverfarmen funktionieren könnte. Doch die Industrie will so etwas wohl gar nicht sehen.

// 13:08 Mo, 17. Mär 2014von

Mit einem "Experiment", wie es die Entwickler von Popcorn Time nennen, wollte man zeigen, wie sich P2P-Bitorrent und aktuelle Blockbuster-Distribution ohne riesige Cloud-Infrastruktur in heutigen Zeiten smart und bequem realisieren ließen. Unter einer sehr stylischen Oberfläche bietet Popcorn Time dem Anwender (wie in gängigen kommerziellen Stores) eine hübsche Filmübersicht mit Postern und Filminfos. Ein Klick reicht, um den Film sofort praktisch verzögerungsfrei in voller HD-Qualität zu starten.



Dabei lässt schon das Angebot erahnen, dass er hierbei nicht legal zugehen kann: Aktuelle Blockbuster in HD und englischer Original-Fassung wären hierzulande schlichtweg nicht erhältlich. Und es ist auch sicherlich nicht empfehlenswert, Popcorn Time hierzulande auszuprobieren. Denn das Geniale an Bittorrent ist die Verteilung der Daten auf die einzelnen Anwender. Wer einen Film ansieht speichert diesen (und andere Filmteile) gleichzeitig und stellt diese Daten auch für andere Teilnehmer zur Verfügung. Durch diese dezentrale Architektur entfallen notwendige Server-Speicher. Jeder Teilnehmer ist gleichzeitig Teil dieses Speichers. Und macht sich somit nach deutschem Recht auch strafbar, indem er urheberrechtlich geschützten Content anderen Teilnehmern zur Verfügung stellt.



Und so dauerte es verständlicherweise auch nicht lange, bis sich die Entwickler von Popcorn Time mit juristischen Klagen konfrontiert sahen. Um diesen aus dem Weg zu gehen, nahmen sie ihr Angebot am Wochenende komplett vom Netz. Doch nachdem das Projekt als Open Source angelegt war, tauchten sofort neue Versionen der Software wieder auf und werden wohl auch bis auf weiteres nicht mehr von Filmindustrie unter Kontrolle zu bringen sein. Und damit dürften die Gerichte wieder alle Hände voll zu tun bekommen, das Problem zu lösen. Auch neue Abmahnwellen dürften in diesem Zusammenhang wohl nur eine Frage der Zeit sein.



Dies alles war definitiv vorhersehbar. Wir persönlich sehen jedoch in diesem "Experiment" einen Aufruf an die Filmindustrie, endlich aufzuwachen. Eine dezentrale Filmdistribution à la Popcorn Time kommt der Internet-Struktur viel mehr entgegen, als zentrale Server Distributions-Modelle. Und wäre für alle Beteiligten deutlich kostengünstiger zu realisieren, da so die Distributionskosten gegen Null gehen könnten, wie das Experiment beweist. Die gesparten Kosten könnten direkt den Filmemachern zu gute kommen. Die Filmindustrie müsste hierfür jedoch schneller schalten als die Musikindustrie und Popcorn Time nach eigenen Regeln anbieten. Und das ging wohl nur über ein Flat-Rate Modell wie bei Spotify. Auch dieses Flat-Rate-Modell wurde von der Musik-Industrie bis vor wenigen Jahren als undenkbar abgelehnt. Und plötzlich bekommen die Labels durch die Vermarktung des Backkatalogs via Flatrate kräftige Einnahmen. Eine Abkehr vom Spotify-Modell in naher Zukunft scheint uns daher sehr unwahrscheinlich.



Dagegen könnte ein dezentrales Bittorrent-Spotify noch einmal ein interessanter Spielball werden, um Musiker/Filmemacher und Labels/Studios noch direkter an ihren Einnahmen zu beteiligen, da auch die Server- und Distributionskosten von Spotify wegfallen würden. Alles was es bräuchte, wäre eine schwer fälschbare Krypto-ID für digitale Medien, die dann allesamt dezentral per Bittorrent gehostet werden können. Egal ob Musik/ Film oder Buch, immer wenn eine Datei angefragt wird, wird dies anonym in einer Clearing-Stelle vermerkt und die teilt anschließend den Geldtopf einer international eingetriebenen Kulturflatrate unter allen Plays auf. Fairer ging es wohl kaum. Allerdings wären hierfür Industrie und Politik gleichermaßen gefordert, und momentan sieht es eher so aus, als seinen diese für solche Ideen geistig überfordert.


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