Apple hat gestern neben einem neuen Mac Studio Update auch endlich den neuen Mac Pro mit dem M2 Ultra angekündigt. Womit Apples Scheidung von Intel nun - nach fast drei Jahren Übergangszeit - endgültig vollzogen ist.
Der M2 Ultra verbindet zwei M2 Max Chips auf einem Interposer, um die Performance so zu verdoppeln. Der M2 Ultra kann mit bis zu 24 CPU-Kernen (16 High-Performance, 8 High-Efficiency) und bis zu 76 GPU-Kernen bis zu 192 GB RAM bei verdoppelter Speicherbandbreite ansprechen. Außerdem hat er eine Media Engine für ProRes Beschleunigung mit der doppelten Leistungsfähigkeit des M2 Max.
Wir hatten ja schon im Dezember 2022 gemunkelt, dass Apple für den Mac Pro im Maximalausbau nur einen M2-Ultra Chip nutzen können wird. Und so kam es nun auch. Und darum bietet der neue Mac Pro nun nicht mehr Leistung als der ebenfalls neu vorgestellte Mac Studio mit dem M2 Ultra. Der größte Unterschied liegt neben den Preis in der Erweiterbarkeit und dem größeren Gehäuse.
Sieben PCIe Slots - Wofür?
So hat der Mac Pro gleich sieben PCIe Erweiterungsslots, von denen die sechs nicht belegten Slots PCIe-Gen 4.0 unterstützen (zwei x16, vier x8). Der siebte Slot ist übrigens ein x4 PCI Express Gen. 3 Steckplatz mit bereits installierter Apple I/O Karte.
Da der neu Mac Pro der erste und weiterhin einzige Apple Silicon Mac mit PCIe-Anschlüssen ist, stellt sich die spannende Frage, wofür man diese nun tatsächlich benutzen wollen sollte.
Apple selbst ist hier eher unkonkret und spricht von "Audioprofis, die Karten für die digitale Soundverarbeitung (DSP) einsetzen, über Videoprofis, die Serial Digital Interface (SDI) Karten nutzen, um professionelle Kameras und Monitore anzuschließen, bis hin zu Nutzer:innen, die zusätzliche Netzwerk- und Speicheroptionen brauchen (...) und so die Grenzen von Pro Workflows verschieben."
Apple führt im Videobereich als einzigen Anwendungsfall das ProRes Encoding mit sechs Blackmagic Design DeckLink 8K Pro PCIe Karten an, die damit 24 4K-Kamerafeeds in Echtzeit schaffen sollen.
Blickt man jedoch über den Teich zu den Intel- und AMD-Workstations, so sieht man, dass deren PCIe-Slots in den meisten Fällen für Grafikkarten genutzt werden. Dies war bei allen Intel Mac Pros bislang ebenso und brachte uns bereits zum spekulieren, wie Apple nun zusätzliche GPUs im Mac Pro nutzbar machen könnte. Denn bis heute gibt es keine passenden Treiber für Nvidia- oder AMD-Grafikkarten.
Maximal 27 TFlops GPU-Rechenleistung
Damit steht Apple gerade für kommende KI-Anwendungen auffällig nackt da. Zwar kann der M2 Ultra nun im Maximalausbau mit 76 GPU Kernen rund 27 TFlops FP32 Rechenleistung bei einem Speicherdurchsatz von 800 GB/s liefern, jedoch ist dies gerade mal ein Viertel der Rechenleistung einer einzigen Nvidia RTX 4090 GPU für 1.800 Euro.
Apple muss sich dieses Problems auch durchaus bewusst sein, denn man stellt zum brandheißen Thema KI in der Pressemeldung einzig den KI-Vorteil heraus, mit dem M2 Ultra "bei maschinellem Lernen riesige Workloads in einem einzigen System zu trainieren, die selbst die leistungsstärkste eigenständige GPU nicht verarbeiten kann". Gemeint ist damit, dass man die M2 Ultra GPU-Kerne mit bis zu 192 GB RAM nutzen kann, während man bei separaten Grafikkarten unter 10.000 Euro aktuell auf 48 GB Speicher beschränkt ist.
Geeignet für KI?
Tatsächlich lässt sich ein M2 Ultra Mac Studio im günstigsten Fall für unter 7.000 Euro mit 192 GB Speicher konfigurieren, was für das Training großer KI-Modelle ein mehr als verlockender Preis ist. Nur fehlt es Apple aktuell an entsprechender Software-Unterstützung. Zumindest alle uns bekannten großen KI-Modelle lassen sich heutzutage nur unter Nvidia- oder AMD-GPUs trainieren.
Wenn Apple den KI-Zug nicht vollständig verpassen will, muss man in naher Zukunft entweder eine eigene Unterstützung von aktuellen KI-Modellen für den M2 Ultra anbieten oder mindestens einen GPU-Anbieter ins Boot holen. Nachdem die Beziehung zu Nvidia als komplett verbrannt gilt, bliebe hierfür AMD die erste Wahl - die auch bei den letzten Mac Pros für entsprechende GPU-Unterstützung gesorgt hat. Apple hätte zudem sowieso das Inhouse Know How, um die bestehenden AMD Treiber des Intel Mac Pro an den M2 anzupassen.
Nadelöhr Stromversorgung
Eine wirklich mächtige KI-Workstation könnte der neue Mac Pro mit mehreren GPUs allerdings trotzdem nicht werden, denn für viele stromschluckende GPUs ist die 300 W Zusatzleistung des neuen Mac Pro nicht ausgelegt: So gibt es im inneren gerade mal zwei 6‑polige Anschlüsse mit jeweils 75 W, sowie einen 8‑poligen Anschluss mit 150 W Leistung.
Dies würde gerade mal für den Betrieb einer einzigen Radeon PRO W7900 ausreichen, die ungefähr 62 FP32-TFLOPS schafft. Sollte Apple mit dem neuen Mac Pro daher ernsthaft den Einsatz von PCIe-GPUs als Nutzungsgebiet im Auge haben, so müsste AMD auch noch speziell für Apple besonders effiziente Modelle anbieten. Nicht sehr wahrscheinlich, aber es gab in der Vergangenheit immerhin schon ähnliche Ansätze.
PCIe für wen?
Wen will Apple also konkret mit seinem neuen Mac Pro ansprechen? Mit maximal 27 FP32-TFlops steht man im aktuellen Workstation Bereich gerade mal in der Einsteigerklasse. Fast jeder "Creator" kann heute üppige TFlops-Leistung gebrauchen- vom 3D-Rendering über Videoediting und Compositing bis zum aufkommenden Fein-Tuning von KI-Modellen. Wem hier maximal 27 TFlops reichen, der kann auch zum deutlich günstigeren Mac Studio greifen.
Und wer deutlich mehr Rechenleistung braucht, wird weiterhin nur bei PC-basierten Workstations fündig. Für Apples Argument des großen Unified Memory fehlen zudem immer noch die entsprechenden Anwendungen.
Somit können wir uns bis auf ein paar sehr spezielle Nischen wie Uncompressed MultiStream Video Recording kaum eine breitere Anwendung für die PCIe-Slots am M2 Ultra vorstellen. Außer Apple hätte vielleicht auch noch eigene GPUs am Start...